Moderne Zeiten
Unter der Leitung von Timothy Brock spielt das Haydn Orchester im Konzerthaus Bozen den Soundtrack zur Aufführung von Charlie Chaplins Filmklassiker „Modern Times“ – und eröffnet damit die Konzertsaison 2021/22
Die neue Konzertsaison der Stiftung Haydn von Bozen und Trient – die erste Spielzeit unter der künstlerischen Leitung des Komponisten Giorgio Battistelli – beginnt mit einer faszinierenden Verbindung von Musik und Kino: Am kommenden Freitag (22. Oktober) um 20 Uhr begleitet das von Timothy Brock dirigierte Haydn Orchester im Konzerthaus Bozen die Filmvorführung von Charlie Chaplins Klassiker „Modern Times“ mit der von Chaplin selbst komponierten Filmmusik.
1998 hatte die Chaplin-Stiftung Timothy Brock mit der Restaurierung der Originalmusik von „Modern Times“ beauftragt. Damit begann auch eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Chaplin-Familie und der Cineteca Nazionale in Bologna, die zur Restaurierung der Originalmusik aller Meisterwerke von Charlie Chaplin führte, die Brock dann weltweit aufführte. Nach „City Lights“ ist „Modern Times“ der zweite Film, für den Chaplin die Musik komponiert hat. Wie „City Lights“ wurde auch „Modern Times“ als Tonfilm produziert, mit viel Musik und gelegentlich aufgenommenen Soundeffekten wie Geräuschen von Maschinen und medial vermittelten Aussagen wie die Anweisungen des Betriebsleiters aus dem Lautsprecher und die auf Schallplatte aufgenommene Vorstellung einer Essmaschine. Gegen Ende des Films interpretiert Charlie Chaplin das populäre Lied „Je cherche après Titine“ von Léo Daniderff und ist damit zum ersten Mal mit seiner eigenen Stimme zu hören. Der Soundtrack zu „Modern Times“ wurde vom 17. November bis zum 18. Dezember 1935 in Los Angeles aufgenommen. Dabei wurde Chaplin vom Dirigenten Alfred Newman, dem Arrangeur Edward Powell und dem Komponisten David Raksin unterstützt. Der im Umfeld der „Großen Depression“ gedrehte Film wurde am 5. Februar 1936 uraufgeführt.
Der Dirigent und Komponist Timothy Brock wurde 1963 in Olympia im US-Bundesstaat Washington geboren und hat sich auf die musikalische Moderne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und auf Stummfilmvorführungen mit Musikbegleitung spezialisiert. Timothy Brock hat Musik für Filme von Buster Keaton, Ernst Lubitsch, Robert Wiene, F.W. Murnau, Fritz Lang oder John Ford komponiert und Soundtracks wie Schostakowitschs einzige Filmmusik für „Das neue Babylon“ (1929) und die Musik für den 1914 entstandenen italienischen Stummfilm „Cabiria“ restauriert. Timothy Brock setzte sich für die in Nazi-Deutschland verbotene „Entartete Musik“ ein. So leitete er – unter anderem – die nordamerikanischen Erstaufführungen von Schulhoffs Symphonie Nr. 2 und Eislers „Kleiner Sinfonie“ sowie eine eine der ersten Aufführungen von Viktor Ullmanns Oper „Der Kaiser von Atlantis“, die 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt komponiert worden ist.
Das Filmkonzert wird am 25. und 26. Oktober in Trient wiederholt. Karten sind online und an der Theaterkasse des Stadttheaters Bozen erhältlich.
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