Was ist Liebe?
Maria Schrader hat sich in „Ich bin dein Mensch“ ein spannendes philosophisch-technologisches Thema vorgeknöpft.
von Renate Mumelter
In Science-Fiction-Thrillern kommen Humanoide häufig vor. Dort sind sie meist eindimensional gestrickt, gut oder böse, meist Letzteres. Subtiler hat sich die Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin Maria Schrader dem Thema Mensch und Roboter angenähert.
Sie nahm eine Erzählung von Emma Braslavsky als Ausgangspunkt. Die Erzählung erschien 2019 in der Suhrkamp-Anthologie „2029 – Geschichten von morgen“. Dort geht es um die Paartherapeutin Alma, die es nach dem Scheitern einer realen Liebe mit einem Roboter versucht.
Im Film geht es auch um eine Alma. Die ist allerdings Wissenschaftlerin und arbeitet Tag und Nacht an einem Projekt über Liebesgedichte in sumerischer Keilschrift. Um ihre Forschung weiter finanzieren zu können, stellt sie sich für eine Studie zur Verfügung, bei dem ihr ein idealer Partner zur Seite gestellt wird. Er ist darauf programmiert, nach ihrem Geschmack zu sein, äußerlich und innerlich. Ein spannendes Abenteuer beginnt. Aber Vorsicht, äußerlich passiert nicht viel. Es geht ums Innenleben, jenes von Alma, jenes von Tom – sofern er eins haben sollte – und um jenes von uns allen. Es geht um die Frage, was wir Menschen brauchen, um glücklich zu sein und darum, dass es gar nicht so einfach ist, uns glücklich zu machen.
Wie geht Roboter?
Maren Eggert spielt Alma, einen echten Menschen. Die Kamera ist immer eng an ihr dran, zeigt Gefühlsregungen, offenkundige und unterdrückte. Der Brite Dan Stevens spielt Tom, den Programmierten. Er macht das richtig gut. Tom sieht gut aus, ist sehr einfühlsam programmiert, auserlesen höflich nervt er, lächelt immer, und er ist sehr lernfähig. Die dritte im Bunde ist Mitarbeiterin von Terrareca, jener Firma, die die Studie durchführt. Dargestellt wird sie von Sandra Hüller. Was sie ist, ist nicht ganz klar.
Hüller, Eggert und Stevens kommen vom Theater, haben alle Filmerfahrung und eine gediegene Schauspielausbildung. Das wird schnell deutlich. Denn „Ich bin dein Mensch“ erlaubt keine Fehler, zu genau sieht die Kamera hin und sehr genau auch das Publikum. Das Thema zwingt dazu.
Am Ende der Geschichte ist eins klar, KI hinterlässt trotz aller Nettigkeiten ein ungutes Gefühl, genau so wie die sterilen Berliner Lebenswelten, in denen die Geschichte angesiedelt ist. Sogar die Natur kann mit dem Roboter nichts anfangen und dem Roboter ist die Natur wurscht. Und was passiert, wenn der Strom ausgeht, hab ich mich immer wieder gefragt.
Preise
Maren Eggert bekam für ihre Alma den Silbernen Bären in Berlin, Dan Stevens und Maren Eggert den Deutschen Filmpreis, der ging auch an Maria Schrader für die Regie und das Drehbuch (gemeinsam mit Jan Schomburg), außerdem gab es den Preis für den besten Film. Maria Schrader ist übrigens die Regisseurin von „Vor der Morgenröte“ mit Josef Hader als exiliertem Stefan Zweig, und sie ist die Hauptdarstellerin von „Aimèe und Jaguar“ (1999).
Nicht verpassen
Am Montag, den 18. Oktober um 18h widmet sich die hoch interessante Dokumentation „Stopping Traffic“ dem Menschenhandel. Angeboten wird der Film von Alba, der Organisation, die sich in Südtirol um die gehandelten Frauen bemüht. Volontarius ist auch mit dabei.
Am Mittwoch, den 20. Oktober um 20h bietet „Female Views“ erstmals wieder einen Film an. Diesmal ist es „The Assistant“ von Kitty Green, ein Spielfilm, der ganz nüchtern auf den Machtmissbrauch zu Lasten von Frauen schaut, besser bekannt als „Me too“. Im Mittelpunkt steht Julia Garner als Assistentin eines mächtigen Filmproduzenten. Sie schaut und sie sieht.
Im Filmtreff Kaltern ist am Freitag und Samstag noch einmal der wunderbare „Fabian – oder der Gang vor die Hunde“ zu sehen. Die ideale Gelegenheit für alle, die den Film verpasst haben sollten.
„The Father“ läuft noch in Brixen (18.10.) und in Neumarkt (19.10.), auch ein Muss.
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.