Ohne Frühstück
Der Landesrettungsverein Weißes Kreuz setzt den Sparstift an – bei den freiwilligen Mitarbeitern, die die Langstreckentransporte durchführen. Die Hintergründe.
von Artur Oberhofer
Als ihnen im vergangenen Spätherbst der Entwurf für die neue Vereinbarung vorgelegt wurde, staunten die freiwilligen Helfer, die für das Weiße Kreuz die Langstreckentransporte ausführen, nicht schlecht.
„Das war eine regelrechte Watschn“, sagt einer der Betroffenen im Hintergrundgespräch mit der TAGESZEITUNG.
Um was geht es?
Der Landesrettungsverein Weißes Kreuz führt über seine Croce Bianca Servizi GmbH (CBS) die sogenannten Repatriierungs-, Verlegungs- und Transportaktivitäten im Auftrag verschiedener europäischer Verbände und Organisationen (wie dem deutschen ADAC, der Europ Assistance France, der niederländischen ANWB oder dem Malteser Service Center, um nur einige wenige zu nennen) durch.
Als Langstreckentransport gelten Fahrten von über 250 Kilometern.
Die Palette dieser Fahrten ist breit: So werden verunglückte oder kranke Urlauber nach Hause gefahren, manchmal müssen auch die Autos von erkrankten oder verunfallten Urlaubern in deren Heimat gebracht werden.
Die CBS des Weißen Kreuzes, die sich selbst als „soziales Unternehmen, das im Gesundheitssektor tätig ist“, bezeichnet, verhält sich gegenüber den eigenen Mitarbeitern keineswegs sehr sozial.
Im Gegenteil!
Denn bei den Langstreckentransporten wird seit Jänner dieses Jahres knallhart gespart – und zwar bei den Fahrern.
Ein langjähriger Mitarbeiter des Weißen Kreuzes, der anonym bleiben möchte, erklärt verbittert: „Während das Weiße Kreuz bzw. die CBS für die Langstreckenfahrten die großzügigen Entschädigungen der Versicherungen kassiert, wird bei uns freiwilligen Mitarbeitern gespart.“
Die Fakten: Seit Jänner dieses Jahres gelten beim Weißen Kreuz in Sachen Langstreckentransporte neue Regeln und neue Tarife. Der TAGESZEITUNG liegt der „Freie-Mitarbeiter-Vertrag für Langstreckentransporte vor“.
Gespart wird bei den Entschädigungen für die freiwilligen Fahrer.
Hier der Überblick über die neuen Tarife:
Da es sich bei diesen Vergütungen um Bruttobeträge handelt, die die Fahrer – oft Pensionisten – als Einkünfte aus freier Mitarbeit noch versteuern müssen, bleiben ihnen nur 60 bis 70 Prozent der Bruttovergütung.
Das Weiße Kreuz geizt aber nicht nur bei den Vergütungen – sondern neuerdings auch beim Essen.
Bis Jänner 2021 war es so, dass die Fahrer bei sehr langen Fahrten sich selbst ein Hotel aussuchen konnten. „Dabei haben wir immer geschaut, ein Hotel um 100 und nicht um 200 Euro pro Nacht zu finden“, erzählt einer der Fahrer.
Jetzt sucht das Weiße Kreuz das Hotel aus, wobei die CBS nur mehr das Zimmer bezahlt. Ohne Frühstück!
In dem Vertrag, den die freien Langstreckenfahrer unterschreiben müssen, heißt es unmissverständlich:
„Die Kosten, die dem Fahrer für den Dienst entstehen, gehen zu seinen eigenen Lasten, mit Ausnahme der von CBS im Voraus bezahlten Unterbringungskosten und der aufgrund unvorhersehbarer Bedürfnisse entstandenen Kosten (Schäden am Fahrzeug, unvorhersehbare Übernachtungen, unvorhersehbare Bedürfnisse des Patienten, die der Patient nicht selber erfüllen kann usw.) werden direkt der CBS in Rechnung gestellt oder dem Fahrer unter Vorlage der entsprechenden Quittungen rückerstattet. Alle anderen vom Fahrer getätigten Ausgaben werden nicht erstattet.“
Mit anderen Worten: Das Weiße Kreuz zahlt den freien Mitarbeitern nur mehr das Hotel – ohne Frühstück.
Und auch die Kosten für ein Mittag- oder Abendessen, die früher erstattet wurden, müssen die Fahrer seit 1. Jänner dieses Jahres selbst tragen.
„Typisch Weißes Kreuz“, sagt ernüchtert ein „Freier“, „gespart wird immer bei uns Freiwilligen, wir fühlen uns ausgenutzt.“
Eventuelle Strafzettel müssen die Freiwilligen ebenfalls aus eigener Tasche bezahlen. So steht es in der Vereinbarung.
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Kommentare (29)
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andreas
Man muss schon recht dämlich sein, um Freiwillige so auszubeuten, in der Annahme, dass sie weitermachen, da es ihnen Spaß macht.
Bei den 1.001-1.250 km wird wohl eine Übernachtung dabei sein, was am ersten Tag mindestens ein Abendessen, am 2. ein Frühstück und ein Mittagessen beinhaltet.
Bleiben den Fahrern 70%, wären das ca. Euro 120,00, von welchen man Frühstück + 2 x Essen und Getränke abziehen muss.
Meines Wissens sind die Vergütungen von Krankentransporten recht hoch, aber irgendwie muss wohl das Gehalt der Führung des Weißen Kreuzes auch finanziert werden.
wurm
ohne Worte……
pingoballino1955
Die HÖCHSTBEZAHLTEN Verantwortlichen dieser Aktion brauchen sich in Zukunft nicht zu wundern,wenn viele Freiwillige in Zukunft sagen: sucht euch andere „DEPPEN“ Ich finde diese Ausbeutung Freiwilliger Helfer einen SKANDAL und eine FRECHHEIT!!!!
gerhard
Das weisse Kreuz schließt Verträge mit den Versicherungen und biete den Rückholservice an.
Das erfolgt in Gewinnerzielungsabsicht.
Dafür sind dann hauptamtliche, anständig bezahlte Mitarbeiter zu teuer.
Dann sucht man sich ehrenamtliche Deppen, die bereit sind, für eine Aufwandsentschädigung zu fahren.
Der Rückholdienst ist ein Patiententaxi ohne große Anforderungen.
Einfach Kilometerfressen und gut.
So lange es genügend Menschen gibt, die es freut, in Uniform in einem Fahrzeug mit Blaulicht auf dem Dach gesehehen zu werden kann man das machen.
Einem Freiwilligen aber das Essen selbst zu zahlen ist eine bodenlose Gemeinheit.
Fehlende Augenhöhe und das Fahlen jeglichen Respekts.
Selbst geht die Führungsmannschaft mit Kunden und Kollegen zum Essen und rechnet die Spesen über das Weisse Kreuz ab.
Die Deppen, die den Sanka fahren sollen das gefälligst selbst zahlen.
Merkwürdige Einstellung einer Hilfsorganisation.
Und dann kommen die wieder mit der Spendenkasse zum Betteln!
kritiker
Die Freiwilligen werden auf verschiedenen Ebenen ausgenützt. Ohne sie wäre vieles nicht so gut möglich, auch nicht die Impf und Testaktionen. Wenn das nicht mehr und besser anerkannt wird, könnte sich das rächen !
wurm
Wenn die Freiwilligen nicht mehr ihrer Pflicht nachgehen, weil sie zu Tode gespart ( das ist dann gestorben) worden sind,
dann muss ich auch nicht mehr das Weisse Kreuz zahlen, denn es wird wohl keiner kommen um mich zu hohlen…..
@alice.it
Organisiert Euch wie der Bauernbund, dann wird es an Geld nie fehlen!
aufmerksamerbeobachter
Man muss eines schon unterscheiden:
Die richtigen FREIWILLIGEN machen „Kostenlos-Unentgeldlich“ Dienst und Nachtdienst, Rettungs-und Krankentransportdienst. Bekommen kein Geld für die Fahrt zum Dienst, keine öffentlichen Vergütungen dafür.
Die „ADAC-Bomber“ bekommen für die Auslandsfahrt bezahlt. Sie können, müssen aber nicht fahren. Haben selbst entschieden, für nur „WASSER UND BROT“ zu fahren. Keiner zwingt sie (das weiß jeder), die Entscheidung dafür trifft jeder „FREIWILLIG“. Und das hat mit dem FREIWILLIGEN gar nichts zu tun, aber schon gar nichts. Punkt.
hallihallo
die sache ist von grund auf falsch organisiert.
da sind hauptberufliche anzustellen und die spesen den versicherungen in rechnung zu stellen. das ist ja kein sozialdienst sondern eine dienstleistung und dafür sind leute anzustellen .
die freiwilligen sind doch hier um für eventuelle notdienst zur verfügung zu stehen.
das obige klingt ja schon fast nach grauarbeit.
gerhard
Es ist eine riesengroße Sauerei, wie das Weisse Kreuz widerum mit freiwilligen Helfern umgeht.
Rücksichtslos und bodenlos gemein.
Nehmen wir einmal 1.000 km.
1 Stunde Patienten abholen, umlagern, zum Fahrzeug bringen.
10 Stunden Fahrtzeit
und dafür müssten die Helfer einen Schnitt von 100 km/h fahren!!! –
geht fast gar nicht!
1 Stunde am Ziel für Ausladen, umlagern, Fahrzeug wieder einsatzklar machen.
2 Stunden Pause , denn 1000 km am Stück hält kein Patient durch.
ALSO 14 Stunden Arbeitszeit für 130 Euro.
Das sind 9,29 Euro in der Stunde. BRUTTO, die muss er noch selbst versteuern
Und dann soll er noch Frühstück, Mittagessen und Abendessen selber bezahlen?
Ja schämt Ihr Euch denn gar nicht, Ihr bitterbösen Menschenverachter in der Zentrale des Weissen Kreuzes?
Ihr geht mit Menschen um wie mit Vieh.
Ihr nutzt diese ehrenamtlichen Menschen rücksichtslos aus.
Pfui Teufel!