Die Unterschriften-Farce
Seit Wochen werden Unterschriften gegen die Abschaffung des bestätigenden Referendums gesammelt. Die Opposition rüstet sich klammheimlich für den Fall, dass man an der Hürde scheitert.
von Matthias Kofler
Stefan Premstaller schüttelt den Kopf: „Das Verhalten der Opposition ähnelt einem Schmierentheater“, giftet der SVP-Landessekretär.
Seit Wochen mobilisiert die Initiative für mehr Demokratie rund um Stephan Lausch für die Unterschriftensammlung „Rette das Referendum“. Ziel ist es, die per Landesgesetz erfolgte Abschaffung des Referendums über einfache Landesgesetze wieder rückgängig zu machen. Um in einer Volksabstimmung zu verhindern, dass das von der Regierungsmehrheit aus SVP, Lega und Forza Italia verabschiedete Gesetz in Kraft tritt, müssen innerhalb von drei Monaten 10.000 beglaubigte Unterschriften (das entspricht zwei Prozent der Wahlberechtigten) gesammelt werden. Derzeit liegt man erst bei etwa 6.000 bis 7.000 Unterschriften, weshalb die Initiative für mehr Demokratie die Fristen bis zum 30. September verlängert hat.
Sabine Mahlknecht, Brixner Gemeinderätin des Team K, ist eine von vielen Freiwilligen, die an der parteiübergreifenden Unterschriftensammlung mitwirken. Sie berichtet von großem Interesse und Zuspruch der BürgerInnen. Das Thema werde stark gefühlt, sagt Mahlknecht. Nur wenige, die am vergangenen Samstagvormittag bei ihren Infostand in Brixen stehen geblieben sind, hätten nicht unterschreiben wollen. Auch in den 116 Südtiroler Gemeinden liegen Bögen auf. Dort hält sich der Ansturm aber bislang in Grenzen. Sabine Mahlknecht führt das auf die spärliche Information zu diesem komplexen Thema zurück.
Die Landtagsopposition wirbt mit dem Slogan „SVP und Lega nehmen uns das Referendum weg“ um Unterstützung. Dabei stehen den BürgerInnen – unabhängig davon, ob das Landesgesetz beibehalten oder gekippt wird – weiterhin eine Reihe von Instrumenten der direkten Demokratie zur Verfügung, um sich am Gesetzgebungsprozess zu beteiligen. Diese Instrumente reichen von der beratenden Volksbefragung über die aufhebende und einführende Volksabstimmung sowie das Volksbegehren bis hin zum Bürgerrat. Brisant: Da die politische Minderheit befürchtet, dass man an der 10.000er-Unterschriftenhürde scheitern könnte, hat sie klammheimlich den – so SVP-Sekretär Premstaller – „ultimativen Joker gezogen“. Grüne, Süd-Tiroler Freiheit und Co. haben nämlich bereits am Mittwoch vor einer Woche selbst die Abhaltung der Volksbefragung beantragt – ohne dies an die große Glocke zu hängen. Laut Landesgesetz kann die Volksabstimmung nicht nur von einem Fünfzigstel der Wahlberechtigten, sondern auch von einem Fünftel der Landtagsmitglieder in die Wege geleitet werden. Von dieser Möglichkeit hat die Opposition Gebrauch gemacht.
Das bedeutet: Das Referendum gegen die Abschaffung des bestätigenden Referendums findet in jedem Fall statt, egal ob die 10.000 beglaubigten Unterschriften zustande kommen oder nicht. Die seit knapp drei Monaten laufende Unterschriftensammlung verkommt so zu einer Farce. „Die Oppositionsparteien geben vor, als ob sie für mehr direkte Demokratie und für mehr Beteiligung der BürgerInnen kämpfen würden. Am Ende des Tages entziehen sie dem Volk aber wieder die Stimme und übernehmen selbst das Ruder, wenn ihnen das Ergebnis nicht in den Kram passt“, kritisiert Premstaller das Verhalten der politischen Mitbewerber.
In der Bozner Brennerstraße wirft man nicht nur der Opposition, sondern auch Initiator Stephan Lausch vor, ein falsches Spiel zu spielen. Als die Unterschriftensammlung gestartet ist, wurde von der Initiative für mehr Demokratie der 20. September als Stichdatum kommuniziert, innerhalb dessen 10.000 Unterschriften gesammelt werden müssen. In der vergangenen Woche verkündete Lausch die frohe Botschaft, wonach es scheinbar gelungen sei, die Frist auf den 30. September zu verschieben. In Wirklichkeit ist die Verlängerung ganz einfach auf das Landesgesetz Nr. 10/2002 zurückzuführen. Dort heißt es: Ab dem Datum der Veröffentlichung jenes Landesgesetzes, zu dem ein Referendum abgehalten werden soll, hat das Volk drei Monate Zeit, die notwendigen Unterschriften zu sammeln. Sind die drei Monate verstrichen und wurde die notwendige Unterschriftenanzahl gesammelt, so findet anschließend die Volksabstimmung statt. Wenn nicht, dann eben nicht. Im konkreten Fall war es so, dass das entsprechende Landesgesetz am 8. Juli veröffentlich worden ist. So war von Anfang an klar, dass die Unterschriftensammlung nicht bis zum 20. und auch nicht bis zum 30. September läuft, sondern bis zum 9. Oktober.
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