Gleichgeschaltet
Wir leben in einer Zeit der Vielfalt, nur im Kino ist’s anders. Das kommt von Marktgesetzen, die Präferenzen beeinflussen.
von Renate Mumelter
Es genügt ein Blick ins Kinoprogramm der lokalen Tageszeitungen, überall sind dieselben Filme im Angebot. Da geht es dann wochenlang um das Autothema „Fast & Furious“, das ist jene Sequel-Reihe, die bereits bei Folge 9 angekommen ist. Dabei wäre das Angebot so vielfältig.
Ausnahmen
Die einzige große Ausnahme in Südtirol sind der Filmclub (mit seinen Außenstellen, die so langsam wieder aktiv werden) und der Filmtreff Kaltern. Dazu kommen ein paar Einzelinitiativen. Das bedeutet, dass die vielen meist sehenswerten Filme, die abseits des Mainstreams produziert werden in wenige Säle ausweichen müssen und dort kommt’s zum Stau. Es bleibt wenig Platz und wenig Zeit für Sehenswertes. Das wiederum bewirkt, dass die Mundpropaganda flach fällt, denn die braucht es etwas Zeit um sich zu entfalten.
Die Werbung
Mainstream-Filme profitieren außerdem von der gut bestückten internationalen Werbemaschinerie. Irgendwo hat „man“ dann eh schon gehört, dass jetzt dann der neue Bond z.B. kommt, und dann muss „man“ hin. Dass auch „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ zu sehen gewesen wäre, und dass der sehenswert gewesen wäre, entgeht der breiteren Öffentlichkeit. Aufmerksame Cineastînnen finden natürlich hin, genauso wie sie zu „Nahschuss“ finden.
Medien
Die Medien nehmen für ihre Ankündigungen (und Besprechungen) gern das, was praktisch zu verwerten ist. Praktisch heißt ohne viel Zeitaufwand, weil sonst alles zu teuer wird. Die große Filmindustrie liefert solche vorgefertigten Happen mit, und die werden weiter verbraten. Bei kleineren Medien ist der zusätzliche Aufwand für etwas Eigenes oft nicht drin. Aber auch größere tendieren dazu, keine Mittel zu haben umm zwei Stunden für den Kinobesuch zu bezahlen und dann noch die Zeit für das Verfassen einer Besprechung. Größere Medien leisten sich den „Luxus“ noch, da sind wir aber eher auf dem nationalen und internationalen Parkett. Andere greifen auf Mitarbeitende zurück, die es sich leisten können für nichts zu arbeiten. Ich bin so ein Fall und mache das alles hier gratis, nicht, weil ich reich wäre sondern weil mir die Film- und Kinokultur ein Anliegen sind. Außerdem bin ich in Rente. Bei Jüngeren geht sich das nicht aus.
Filmauswahl
Unbekannt sind in der Öffentlichkeit auch jene Mechanismen, die hinter der Filmauswahl stehen. Da gibt es die internationalen Verleihfirmen, die eng mit den Ketten zusammenarbeiten und diese beliefern. Und dann gibt es jene Verleihfirmen, die für die sogenannten Programmkinos da und etwas flexibler sind. Je nach Verleih müssen von den Kinos Filmpakete gebucht werden. Das bedeutet zum Beispiel, dass der neue Nanni-Moretti-Film nur gezeigt werden kann, wenn auch zwei andere aus dem Angebot ins Programm kommen. Meist sind das die weniger verkaufsträchtigen Filme, die dann die Säle besetzen und besonderen Filmen den Platz nehmen.
Filmrechte
Für Südtirol kommt noch der Spezialfall der Rechte dazu. Der wunderbare „The Father“ mit Anthony Hopkins hatte seinen Italienstart bereits im Mai. Im deutschen Sprachraum startete er erst jetzt. Das hat zur Folge, dass die deutsche Fassung in Südtirol erst jetzt im Programm ist. Das wirkt sich auf den Bekanntheitsgrad eines Films aus, beispielsweise wenn jetzt in den deutschen Medien „The Father“ beworben wird, der auf Italienisch schon da war.
Wenn es ums Geschäfte geht (in dem Fall um Filmrechte), machen sich die EU-Innengrenzen deutlich bemerkbar, vor allem in Südtirol.
Für diese Woche empfehle ich jedenfalls „The Father“. Auch ein zweiter Besuch kann nicht schaden.
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