Der Bauer Paul
Paul Köllensperger wird nicht müde, LR Waltraud Deeg als „Papierbäuerin“ zu bezeichnen. Jetzt stellt sich heraus: Der Team-K-Chef hat selbst mit landwirtschaftlich geförderten Biogasanlagen über Jahre viel Geld gemacht.
Von Matthias Kofler
Gibt es im Team K nach dem „Fall Faistnauer“ nun auch einen „Fall Köllensperger“? Diese Frage stellt sich das Wochenmagazin „FF“, das in seiner jüngsten Ausgabe die außerpolitischen Tätigkeiten des Parteichefs unter die Lupe genommen hat.
Was bislang nicht bekannt war: Köllensperger, der nicht müde wird, Familienlandesrätin Waltraud Deeg wegen ihrer Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Tätigkeit als „Papierbäuerin“ zu bezeichnen, hat selbst über Jahre viel Geld in der Landwirtschaft gemacht. Er baute nämlich in der Poebene Mais an, das er in „seinen“ Biogasanlagen zu Energie umwandelte – ein Geschäftsfeld, das vom Staat und der EU sowohl aus landwirtschafts- als auch aus umweltpolitischen Gründen großzügig gefördert wird.
Doch der Reihe nach: Italien verfolgte vor einigen Jahren das große Ziel, eine Art Energiewende einzuleiten und vermehrt auf erneuerbare Energien umzustellen. Vor diesem Hintergrund wurden Fördermaßnahmen ins Leben gerufen, um in diesem Bereich verstärkt zu investieren. Die Fördergelder, die der Staat den Erzeugern von erneuerbarer Energie ausschüttete, sorgten dafür, dass italienweit eine rege Goldgräberstimmung aufkam: Wasserkraftanlagen, Windräder und eben auch Biogasanlagen schossen wie Pilze aus dem Boden. Während der Staat eine positive Entwicklung im Energiebereich verzeichnete, konnten sich die privaten Erzeuger über schöne Gewinne freuen.
Auch Paul Köllensperger war vor seinem erstmaligen Einzug in den Landtag, damals noch auf der Liste der Fünf-Sterne-Bewegung, in verschiedenen Unternehmen tätig, die vor allem Biogasanlagen betrieben haben. „Die Anlagen gehörten nicht mir selbst, sondern ich war Angestellter“, betont der Team-K-Chef.
Als „Geschäftsführer“ – so seine offizielle Bezeichnung – hat Köllensperger gut verdient, wie aus den Vermögenserklärungen der Jahre 2012 und 2013 hervorgeht: 2012 kam der Ex-Grillino auf ein besteuerbares Einkommen von 103.834 Euro, 2013 auf 117.571 Euro. Dies entsprach in etwa seinem späteren Einkommen als Landtagsabgeordneter. „Ja, die Energiegewinnung ist ein großes Business, in dem man viel Geld machen kann“, gibt Köllensperger unumwunden zu. Und er fügt hinzu: „Man sollte sich darüber freuen, wenn Menschen in die Politik einsteigen, die in der Privatwirtschaft gut verdient haben.“
Wie schaut das Geschäftsmodell aus? Biogasanlagen erzeugen durch die Vergärung von Biomasse, sprich von tierischen Exkrementen oder Energiepflanzen, Energie. Im Regelfall kaufen die Betreiber die zu vergärende Biomasse an, produzieren daraus Biogas, verkaufen dieses und erhalten dafür vom Staatsbetrieb GSE (Gestore dei Servizi Energetici) einen geförderten Tarif je produziertem Kilowatt ausbezahlt.
Köllensperger hat dieses Modell perfektioniert, um die Vorteile auszuschöpfen, die die damalige Rechtslage geboten hat. Sein Vorgehen war rechtlich völlig in Ordnung. „Wir wurden durchschnittlich einmal pro Woche von der Gesundheits- oder der Finanzpolizei kontrolliert — da gibt es nichts Komisches“, betont der Abgeordnete. Auch die Wahlkommission im Landtag hat festgestellt, dass der Bozner all seine Geschäftstätigkeiten gemäß den Vorgaben deklariert hat.
Die Optik ist dennoch schief, denn: Bei Köllenspergers Unternehmen handelt es sich nicht um „normale“ Handelsunternehmen, sondern um landwirtschaftliche Unternehmen. Doch was hat eine Biogasanlage mit der Landwirtschaft zu tun? Recht wenig. Hierzu muss man wissen: 2006 hat sich eine höchst wirksame Gesetzespassage ins Bilanzgesetz eingeschlichen, gemäß der die Produktion und der Verkauf von erneuerbaren Energien in den Anwendungsbereich des Artikels 2135 ZGH fällt und somit eine landwirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Voraussetzung dafür war, dass die erneuerbare Energie durch die Bewirtschaftung des Grundes seitens des Unternehmens produziert wurde.
Das haben Köllenspergers Betriebe gemacht: Sie pachteten in der Poebene Grundflächen im großen Stil an, bepflanzten diese mit Energiepflanzen und verwendeten diese Biomasse anschließend zur Energieerzeugung. Durch das Bewirtschaften der Grundfläche mit Energiepflanzen konnten nicht nur große Einsparungen beim Einkauf von Biomasse erzielt werden. Das Unternehmen konnte auch in die Sondersektion des Handelsregisters Bozen als landwirtschaftliches Unternehmen eingetragen werden, obwohl die gepachteten Flächen in der Poebene lagen. Die Folge: Die Gewinne wurden niedriger besteuert. Mit der Kapitalgesellschaft kam man zudem in den Genuss all jener Befreiungen, Erleichterungen und Förderungen, die auch einem kleinen Bergbauern zustanden. So hatten die Kapitalgesellschaften Anspruch auf die Flächenförderung der EU, die laut staatlichem Förderregister bis zu 400 Euro pro Hektar betrugen. Da die Flächen in der Poebene lagen, war die Förderung doppelt so hoch wie in Südtirol. Dabei will die Europäische Union mit dem Geld eigentlich Bauern in der Lebensmittelproduktion unterstützen – und eben nicht Kapitalgesellschaften subventionieren, die in anderen Sektoren tätig sind.
Köllensperger hat sich auch nie als Landwirt, sondern stets als IT-Unternehmer ausgegeben. Seit 1998 sei er in der IT-Branche als Berater tätig. Den Vorwurf, ein „Papierbauer“ zu sein, will der Team-K-Chef trotzdem nicht auf sich sitzen lassen: „Während Waltraud Deeg noch nie eine Milchkuh gesehen hat, wird in diesen Betrieben auf Hunderten Hektar echte industrielle Landwirtschaft betrieben.“
Das Business mit den Biogasanlagen hat Köllensperger im Jahr 2014, wenige Monate nach seinem Einzug in den Landtag, aufgegeben. Aufgrund seiner politischen Tätigkeit sei das zeitlich nicht mehr zu schaffen gewesen, sagt er rückblickend. Im Jahr 2018 hat das römische Parlament der lukrativen Geschäftsidee mit den Biogasanlagen einen Riegel vorgeschoben: Seitdem ist es nicht mehr möglich, große Summen an öffentlichen Geldern zu kassieren und gleichzeitig unverhältnismäßig von Erleichterungen zu profitieren. Auch aus umwelt- und klimapolitischer Sicht ist die Verbrennung von Mais umstritten: Auf vielen Ackerflächen wachsen Mais-Monokulturen, die ökologisch nahezu tot sind. Das zeigt: Erneuerbare Energien sind nicht automatisch auch umweltfreundlich.
Das könnte auch der Grund gewesen sein, dass Köllensperger seine Tätigkeit als Mais-Bauer nie an die große Glocke hängen wollte.
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