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„Wir stehen unter Druck“

Foto: LPA

Wenn sich Lehrer nicht impfen wollen, müssen sie sich regelmäßig testen zu lassen, um nicht suspendiert zu werden. Doch das ist vor allem in der Peripherie kaum möglich. Der Erfahrungsbericht einer Grundschullehrerin aus dem Vinschgau.

von Markus Rufin

Für das Bildungspersonal in Italien soll ab dem 1. September die Green-Pass-Pflicht gelten. Das heißt, Lehrer, Kindergärtner, Tagesmütter oder Mitarbeiter an Universitäten müssen entweder geimpft, genesen oder getestet sein.

Laut der aktuellen Erhebung haben rund 29 Prozent der Lehrer an den Grund-, Mittel- und Oberschulen noch keine Impfung erhalten. Sie müssen sich also drei Mal pro Woche testen lassen, um nicht suspendiert zu werden.

In der Theorie funktioniert das einfach. Die Lehrperson muss beispielsweise in die Apotheke gehen und den Test selbst bezahlen. Doch in der Praxis gibt es einige Probleme. Vor allem in der Peripherie fällt es schwer, diese Tests regelmäßig zu machen. Das berichtet auch eine Grundschullehrerin aus dem Vinschgau, die sich nicht impfen lassen möchte.

Zum einen bieten in ihrer Umgebung nur einige Apotheken die Antigentests, die für den Erhalt des Green Pass notwendig sind, an. Wenn sie angeboten werden, dann nur für einen begrenzten Zeitraum, so die Lehrperson: „Die Apotheken bieten die Tests entweder nur am Vormittag, nur am Nachmittag oder für einen noch kürzeren Zeitraum an.“ Unmittelbar vor Unterrichtsbeginn sei es für sie ebenso nicht möglich, einen Test zu machen, da die Apotheken in ihrer Umgebung erst nach 8.00 Uhr öffnen, sie selbst müsse aber meistens bereist gegen 7.30 Uhr in der Schule sein.

Es sei in den letzten Wochen zwar immer wieder darüber gesprochen worden, ob die Tests gratis angeboten werden, doch über die Tatsache, dass es schwer fällt, die Tests überhaupt durchführen zu lassen, werde nicht gesprochen.

Das stört die Lehrerin aus dem Vinschgau: „Mir geht es nicht darum, ob die Tests gratis angeboten werden, sondern es geht mir darum, dass es sehr schwer fällt, dem regelmäßigen Testen nachzukommen.“

Daher habe sie auch den Landtagspolitikern und allen Mitgliedern der Landesregierung geschrieben. Eine Antwort erhielt sie nur von sechs Abgeordneten, die zwar beteuerten, dass sie das Problem verstehen und es auch weiterleiten werden, eine Lösung hatten sie aber nicht parat.

Die einzige Möglichkeit die der Lehrperson bleibt, ist es die Apotheken darum zu bitten, außerhalb der Öffnungszeiten Tests anzubieten: „Den Apotheken mache ich aber keinen Vorwurf. Ich kann verstehen, schließlich handelt es sich in der Peripherie um kleine Betriebe, deren Eigentümer selbst Familie haben und das für sie einen großen organisatorischen Aufwand bedeutet.“

Das Problem, so die Grundschullehrerin, betreffe mehrere Kollegen. In den Städten und in größeren Gemeinden gebe es zwar Apotheken, die bereits um 7.00 Uhr öffnen oder nach 18.00 Uhr Tests anbieten, außerhalb davon sei das aber kaum der Fall.

Es handle sich dementsprechend um ein Angebot, das aber keines ist: „Ich habe den Eindruck, man zwingt die Lehrer zur Impfung, indem man die Organisation rund um die Tests möglichst schwer gestaltet.“

Ein gutes Beispiel dafür ist der Wochenanfang: Da am Wochenende die Apotheken in ihrer Umgebung nur bis am Samstag um 12.15 Uhr mittags geöffnet haben, aber am Montag erst um 8.15 Uhr öffnen, bleibe für sie keine andere Möglichkeit, als am Samstag zu Mittag den Antigentest zu machen. Allerdings ist dieser nur für 48 Stunden gültig. Da sie selbst aber bis um 13.00 Uhr in der Schule bleiben muss, müsste sie also eine Stunde früher gehen. „Ich hoffe, dass die Regelung nicht so streng ausfällt, aber in der Theorie scheitert das Testen bereits daran. Das heißt, ich muss entweder impfen gehen oder ich werde suspendiert“, erklärt die Lehrerin

Eine einfache Lösung wäre ein eigenes Testangebot für Lehrer. „Ob wir dann die Tests bezahlen müssen, ist zweitrangig. Wichtiger ist, dass es die Möglichkeit überhaupt gibt“, meint die Vinschgerin. Ebenso könnte man sich überlegen, mit den Apotheken zusammenzuarbeiten.

Die Grundschullehrerin, die sich an die TAGESZEITUNG gewandt hat, wird unabhängig davon, zuerst probieren, sich testen zu lassen – sofern sie es psychisch aushält: „Die ganze Situation ist sehr erdrückend, schließlich kommt viel Organisation außerhalb meiner Arbeitszeit auf mich zu.“

Dazu zählt auch, dass man sich darauf verlassen müsse, dass die Ergebnisse der Antigentests zuverlässig überstellt werden. Es dauere ohnehin rund eine halbe Stunde bis man das Testergebnis erhalte, aber noch länger bis man den Code für den Grünen Pass erhält. Man müsse sich in manchen Fällen also darauf verlassen, dass eine Bestätigung des Sanitätsbetriebes ausreicht und nicht der Green Pass an sich verlangt wird.

Bekanntlich kommt es aber auch vor, dass das Ergebnis aufgrund eines technischen oder formalen Fehlers deutlich später zugestellt wird. „Von den zuständigen Stellen wird das zu wenig berücksichtigt“, meint die Grundschullehrerin. „Wenn ich aber immer daran denken muss, ob ich es rechtzeitig beziehungsweise überhaupt schaffe, mich testen zu lassen, löst das sehr viel Druck aus.“

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