Langer Prozess
Die Anwälte der vier Tatverdächtigen der Firma Leitner in der Causa zum Seilbahnabsturz am Mottarone rechnen mit einem endslangen Beweissicherungsverfahren. Und einer Einstellung des Verfahrens gegen ihre Mandanten.
von Thomas Vikoler
Die Ankündigung des Sterzingers Seilbahnbauers Leitner wenige Tage nach dem Seilbahnunglück am Lago Maggiore erwies sich als wenig glücklich. Das Unternehmen teilte mit, dass es sich als Zivilpartei in das Strafverfahren zur Klärung des Absturzes von Gondel Nr. 3 mit 14 Toten einlassen werde.
Inzwischen stehen die Namen von vier Verantwortlichen der Firma Leitner (Firmenchef Anton Seeber, Geschäftsführer Martin Leitner, der Sicherheitsdelegierte Peter Rabanser und der Mitarbeiter Rino Fanetti) im Ermittlungsregister der Staatsanwaltschaft Verbania, dazu der ursprünglich festgenommene Leitner-Angestellte Enrico Perocchio, der freiberuflich als technischer Direktor der Seilbahn auf den Mottarone fungierte.
Dennoch rechnen ihre Anwälte – Anton Seeber und Martin Leitner werden vom Bozner Anwalt Paolo Corti vertreten, Rabanser und Fanetti von Andrea Gnecchi – mit einer Einstellung des Verfahrens gegen ihre Mandanten.
„Wir sind davon überzeugt, nachweisen zu können, dass Leitner den Wartungsvertrag korrekt und auf der Grundlage der Gesetze erfüllt hat“, betonte Corti am 22. Juli anlässlich der Eröffnung des Beweissicherungsverfahrens zur Klärung der Unfallursachen.
Eine davon steht bereits so gut wie fest: Die Entfernung der Bremsblockade an der Absturzgondel durch Mitarbeiter des Seilbahnbetreibers, um den Betrieb der Mottarone-Bahn nicht zu gefährden. Dafür verantwortlich gemacht wird derzeit Fahrdienstleiter Gabriele Tadini.
Allerdings dürfte die Operation von zwei Maschinisten der Seilbahn-Gesellschaft durchgeführt worden sein. Gegen sie laufen derzeit formell keine Ermittlungen, sie werden offenbar als Zeugen gebraucht.
Das Beweissicherungsverfahren, mit dem mehrere Professoren für Seilbahnwesen und Informatik betraut wurden, soll insbesondere die Frage klären, warum das Zugseil von Gondel 3 in einem Abstand von rund 30 Zentimetern zum sogenannten Vergusskopf gerissen ist.
Der Vergusskopf – eine Verschweißung mit Blei der Litzen des Drahtseil-Endes, die an die Gondel angehängt wird – wurde im November 2016 vom Leitner-Mitarbeiter Rino Fanetti angefertigt. Wegen der großen Zugkräfte handelt es sich um eine der delikatesten Arbeiten an Seilbahnen. Vergussköpfe müssen laut Gesetz alle fünf Jahre erneuert werden, jener an der Mottarone-Seilbahn wäre also für weitere sechs Monate in Ordnung gewesen.
Die Verteidiger der Leitner-Angestellten betonen, dass dieser Eingriff korrekt durchgeführt worden sei. Sie rechnen aber mit einem endslangen Beweissicherungsverfahren, das sich sogar über Jahre hinziehen könnte. Die eigenen Sachverständigen bestreiten bereits jetzt jegliche Fehlhandlungen von Leitner-Angestellten.
Aktenkundig ist bisher, dass Fahrdienstleiter Tadini in den Tagen zuvor am Vergusskopf ein auffälliges Geräusch vernommen hat, aber keine Konsequenzen daraus zog.
Muss er am Ende als Einziger die strafrechtliche Verantwortung für den Tod von 14 Menschen übernehmen?
Für das Image des Sterzinger Seilbahnbauers ist ein langes Verfahren freilich nicht sehr günstig. Auch wenn sich am Ende herausstellen sollte, dass keiner der vier Vertreter strafrechtliche Verantwortung übernehmen muss.
Zivilrechtlich ist der Fall hingegen wesentlich komplexer und die Versicherungen sind bereits in Alarmbereitschaft.
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