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„Impfung ist sicher“

Primar Markus Markart

Der Staat will nun auch mehr Kinder und Jugendliche gegen Corona impfen lassen, es gibt jedoch noch Unsicherheiten bei vielen Eltern. Der Pädiater Markus Markart spricht eine klare Impfempfehlung aus und klärt über die Nebenwirkungen auf.

TAGESZEITUNG Online: In Südtirol kann man sich ab zwölf Jahren zur Coronaschutzimpfung anmelden. Gibt es in Italien eine Impfempfehlung für diese Altersgruppe?

Markus Markart: Ja.In Italien hat sich die italienische Gesellschaft der Kinderärzte (SIP)seit geraumer Zeit für die Impfung von Kindern ab zwölf ausgesprochen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Deutschland hat die Impfung bisher nur für Jugendliche mit Risikofaktoren empfohlen. Mittlerweile ist die Datenlage jedoch größer. Auch Deutschland wird bald nachziehen und die Impfung für diese Altersgruppe empfehlen.

Anfangs gab es keine Impfempfehlung und jetzt wird gefordert, dass auch mehr Kinder geimpft werden. Was hat sich geändert?

Die Datenlage hat sich vergrößert und man weiß mehr über die Impfung und die Nebenwirkungen. Jugendliche haben kein großes Risiko, schwer an Corona zu erkranken. Es gibt einzelne, die schwer erkranken, aber es kommt nicht so häufig vor wie bei Älteren. Es gibt auch Fälle von Long Covid bei Jugendlichen, jedoch wesentlich seltener als bei Erwachsenen. Dennoch können die Jüngeren die Erkrankung weitergeben. Man darf auch die ganzen Probleme des Home Schooling und des Social Distancing nicht außer Acht lassen. Diese Dinge machen auch etwas mit den Jugendlichen. Nicht nur der Körper muss mit einer Infektion zurechtkommen, auch die Psyche ist der ganzen Corona-Situation ausgesetzt. Das ist ein großer Aspekt, den man nicht aus den Augen verlieren darf. Wir haben nun den großen Auftrag, den Jugendlichen wieder ein möglichst „normales“ Leben zu ermöglichen.

Haben Sie den Eindruck, dass viele Eltern verunsichert sind, wenn es um die Impfung ihrer Kinder geht?

Ja. Ich bekomme jeden Tag mindestens einen Anruf von Eltern, die mich fragen, was ich empfehle und ob sie ihre Kinder impfen lassen sollen. In der Vergangenheit war ich zurückhaltend und habe empfohlen abzuwarten. In der Zwischenzeit gibt es neue wissenschaftliche Daten und daher rate ich den Eltern, ihre Kinder impfen zu lassen. Die Impfung ist sicher und Kinder sprechen gut auf sie an. Der Nutzen überwiegt die Risiken auch in dieser Altersgruppe. Bei Unsicherheiten kann man aber jederzeit mit seinem Vertrauensarzt darüber reden.

Und mit welchen Anliegen kommen die Eltern zu Ihnen?

Es kursieren sehr viele Fake News – wie etwa solche, dass Mädchen durch die Impfung unfruchtbar werden – und das verunsichert die Leute. Man kann diese Dinge einfach entkräften, da sie keine wissenschaftliche Basis haben.

Gab es Ihrer Meinung nach genügend Informationen zur Impfung für die über Zwölfjährigen?

Das kann ich schwer nachvollziehen, da ich selbst kein Kind mehr in dieser Altersgruppe habe. Man reagiert immer sensibel auf Informationen, die einen selbst betreffen. Es kann sein, dass Eltern diesbezüglich Klärungsbedarf haben. Viele schauen auch nach Deutschland – auf die Empfehlungen des RKI oder der Ständigen Impfkommission (Stiko) – und nicht so sehr auf die italienischen oder europäischen Empfehlungen. Es entstehen in Südtirol häufig Unsicherheiten, da man nach Österreich und Deutschland schaut.

Welche Rückmeldungen haben Sie von geimpften Jugendlichen bekommen?

Die Impfung wird gut vertragen. Ich habe bisher noch keine Rückmeldungen bekommen, dass die Impfung nicht gut vertragen wurde oder dass es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kam.

Kommt es bei den Jugendlichen zu ähnlichen Nebenwirkungen wie bei den Erwachsenen?

Die Thromboseereignisse, die bei Erwachsenen teilweise auftreten, gibt es bei den Jugendlichen nicht, da sie nur mit den mRNA-Impfstoffen Moderna und Pfizer geimpft werden. Es wird auch diskutiert, ob es durch die Impfung ein erhöhtes Risiko für eine Herzmuskelentzündung gibt. Man muss sagen, dass es auch in der Normalbevölkerung Herzmuskelentzündungen bei jungen Menschen durch Viren gibt. Durch Coronaviren gibt es diese tatsächlich häufiger. Nun stellt sich aber die Frage, wie die aktuelle Situation zustande kommt. Wir stützen uns da auf wissenschaftliche Daten aus Israel. Es ist eine leichte Zunahme von Herzmuskelentzündungen zu beobachten – diese ist jedoch äußerst gering. Es ist schwer zu sagen, ob das Coronavirus oder die Impfung zu dieser Zunahme führt. Es handelt sich jedoch nur um einen sehr geringen Zuwachs.

Foto: 123RF

Zur Impfung selbst muss nur ein Elternteil mitkommen?

Ein Elternteil muss den Minderjährigen begleiten und das andere gibt seine Einverständnis. Es müssen nicht beide kommen.

Ist es schon vorgekommen, dass nur ein Elternteil der Impfung zustimmt, das andere aber nicht?

Das haben wir auch schon erlebt. Derzeit sind viele Eltern noch in der Entscheidungsfindung und sprechen sich ab. Es gibt auch Eltern, die getrennt sind und da ist es manchmal besonders schwierig. Man muss sich aber zudem fragen, wie viel Mitspracherecht die Jugendlichen selbst haben – nicht nur die Eltern.

Wie geht man damit um, wenn die Minderjährigen sich impfen lassen wollen, die Eltern jedoch dagegen sind?

Das ist eine ethische Frage, die auch zu klären ist. Ein Jugendlicher mit 17 Jahren beispielsweise kann schon sagen, was er selbst will. Ich glaube, dass die Meinung des Jugendlichen den gesetzlichen Bestimmungen zufolge überwiegt. Der Jugendliche muss gehört werden und seine Stimme wiegt stärker als die Entscheidungsgewalt der Eltern.

Der Green Pass gilt in Südtirol seit Freitag für alle ab zwölf Jahren. Zwingt man dadurch auch Jugendliche zur Impfung?

Das ist eine Frage der Perspektive. Die Leute, die geimpft sind, sehen es nicht ein, sich weiter einzuschränken, nur weil sich andere nicht impfen lassen wollen. Warum sollen diese nicht Vorteile genießen dürfen, wenn sie sich an die Regeln halten und das Risiko gering halten, die Krankheit zu bekommen und andere zu infizieren? Das ist die große Diskussion, die aktuell unsere Gesellschaft spaltet.

Sind Gratistests für diese Altersgruppe notwendig?

Gratistests müsste man nur anbieten, wenn es keine Alternative gäbe. Die Gratisalternative ist die Impfung. Solange es eine solche kostenlose Alternative gibt, sind Gratistests schwer zu rechtfertigen. Der Steuerzahler und die Geimpftenmüssten für Leute bezahlen, die sich nicht impfen lassen wollen. Das wäre nicht fair.

Interview: Bettina Gatterer

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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