Der Gang vor die Hunde
Vorlage für Dominik Grafs Film „Fabian“ war ein Roman von Erich Kästner aus dem Jahr 1931. Den eigentlichen Titel „Der Gang vor die Hunde“ lehnte der Verlag damals ab.
von Renate Mumelter
„Fabian“ sei ein Roman über einen Moralisten sagte Erich Kästner und: „Der Moralist pflegt seiner Epoche keinen Spiegel, sondern einen Zerrspiegel vorzuhalten“. Kästner erzählt in diesem „Leben eines Moralisten“ das Berlin in der untergehenden Weimarer Republik. Ihm ging es um jene Moral, die ethische Prinzipien als Grundlage menschlichen Handelns sieht.
Dominik Graf
Schon in den ersten Filmeinstellungen zeigt Regisseur Dominik Graf, dass „Fabian“ für ihn sehr aktuell ist. Die Kamera begleitet Fahrgäste aus einer Berliner U-Bahn-Station nach oben ans Licht, Menschen, die so gekleidet sind wie wir heute. Von oben aber kommen ihnen Menschen aus den 1920er, 30er Jahren entgegen. Die Zeitebenen werden subtil vermischt, eine raffinierte Aktualisierung.
Die Geschichte selbst spielt dann in den 1920er, 30er Jahren. Immer wieder sind Sätze eingebaut, die etwas Warnendes haben, Zitate aus dem Roman wie „Alles, was gigantische Formen annimmt, kann imponieren, auch die Dummheit“ oder „Das Leben war trotz allem eine der interessantesten Beschäftigungen“, ohne Zeigefinger aber mit Ironie.
Fabian und Stephan
Fabian hat studiert und verdient (noch) sein Geld mit Werbesprüchen für eine Zigarettenmarke. Eigentlich würde er gern schreiben, aber davon lebt man nicht. Die Miete für sein Zimmer muss er irgendwie zusammenkratzen, seine Mutter hat auch nichts. Sein Freund Stephan Labude kommt aus begütertem Elternhaus. Beide haben Germanistik in Heidelberg studiert. Stephan will die Universitätslaufbahn antreten, seine Habilitationsschrift liegt bereits in der Schublade. Drumrum gibt es viele Frauen, Frauen, die wünschen, selbstbestimmt zu leben. Auch viel Sex gibt es, Biederkeit ist nicht nötig.
Eine der Frauen ist Cornelia Battenberg. Sie will Schauspielerin werden. Cornelia und Fabian verlieben sich. Mit der Liebe wird es schwierig, denn Cornelia wird sich entscheiden müssen zwischen der Liebe und dem persönlichen Vorteil.
Besonderheiten
Neben Kästners großartig desillusionierender Geschichte und dem exzellenten Schauspiel ist in „Fabian“ die Ausstattung erwähnenswert. Da wirkt nichts nachgebaut oder nachgestellt, alles ist sorgfältig recherchiert. Das Ergebnis ist ein Film, der auf die Leinwand gehört. Es gibt so viel zum Schauen, schöne Dinge und Ambienti, die über die düstere Zeit, die heraufzieht, hinwegtäuschen.
Als ich las, dass „Fabian“ 176 Minuten dauert, fürchtete ich um meine Sitzgeduld. Hinterher muss ich feststellen, dass die drei Stunden keineswegs eine Geduldsprobe waren, sondern mitgenommen haben. Der Film begleitete mich noch ein paar Tage lang in meinen Gedanken. Den vielen positiven Kritiken zum Film kann ich mich nur anschließen.
Mit „Fabian“ hat der Filmclub BZ seine Indoor-Saison eröffnet.
Auch zu empfehlen:
„Nebenan“ von und mit Daniel Brühl, „Fuchs im Bau“ von Arman T. Riahi, „Minari“ von Lee Isaac Chung, „Django – Ein Leben für die Musik“ von Etienne Comar über Django Reinhardt (nur am 25.8. im Rahmen des Gipsy&Gipsy Jazz Festival von Nevo Drom).
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