Der Probestollen
Zwischen Sexten und Innichen soll ein Straßentunnel gebaut werden, der gleichzeitig als Hochwasserentlastungsstollen dient. Ein Projekt, das für ähnlich gelagerte Problemzonen als Vorlage dienen soll – wenn es klappt.
von Silke Hinterwaldner
In diesen Tagen werden in Sexten und Innichen die Ideen zum Bau eines Hochwassertunnels vorgestellt. Das heißt: Der Tunnel soll rund 500 Meter lang sein und in normalen Zeiten als neue Umfahrungsstraße von Innichen dienen. Bei Hochwassergefahr wird er zu einem wichtigen Entlastungsstollen.
Seit dem verheerenden Hochwasser in Deutschland noch viel mehr – aber eigentlich schon nach dem Sturmtief Vaia im Herbst vor drei Jahren wartet man in den Gemeinden Innichen und Sexten auf eine Lösung für den Hochwasserfall. Damals hat man gesehen, welche enorme Kraft der ansonsten kleine Sextner Bach und die kleine Drau entwickeln können, sobald es stark regnet.
Seit einigen Jahren schon befasst man sich bei der Wildbachverbauung mit der Hochwassergefahr in Innichen. Ein Problem, das nun bei der Planung des Tunnels auftaucht: Die Idee in einem Tunnel Autos verkehren zu lassen, um ihn nur zu schließen, sobald Hochwasser droht, ist weltweit gesehen nicht neu. In Italien allerdings gibt es ein solches Projekt noch nicht, es ist in der Straßenverkehrsordnung auch nicht vorgesehen. Deshalb muss nicht nur eine technische Lösung für das Problem gefunden werden, sondern parallel dazu auch die juridische Voraussetzung geschaffen werden.
Nichtdestotrotz versucht man in den Ämtern nun einiges, um aus dem Hochwassertunnel in Innichen ein Vorzeigeprojekt zu machen. Nicht nur zwischen Sexten und Innichen könnte ein solches Projekt die Lösung eines großen Problems bedeuten. Ähnliche Tunnels könnten auch in anderen hochwassergefährdeten Zonen für mehr Schutz sorgen. So könnte dieser Tunnel auch als Vorlage für einen weiteren im Bereich von Sand in Taufers liefern.
Sandro Gius, Direktor im Amt für Wildbach- und Lawinenverbauung Ost, kennt die Situation vor Ort in Sexten und Innichen.
TAGESZEITUNG: Herr Gius, könnte die Realisierung des Tunnels zwischen Sexten und Innichen daran scheitern, dass es so etwas in Italien noch nie gab?
Sandro Gius: Hier gilt es unter anderem noch zu klären, wie das Projekt interpretiert wird. Normalerweise ist der Tunnel nur für den Verkehr gedacht. Erst im Hochwasserfall kommt er für das Wasser zum Einsatz und wird als Hochwasserentlastungsstollen interpretiert. Es gibt insofern keine gleichzeitige Nutzung. Aber im Detail muss das alles erst geklärt werden. So weit sind wir noch nicht.
Insofern alles glatt läuft: Wann kann man durch diesen Tunnel fahren?
Ich hoffe, dass das Projekt bis Ende des nächsten Jahres steht, dann sollte man auch mehr Klarheit über die Kosten haben. Danach gilt es eine politische Entscheidung zu treffen, wie man das angeht: Es gibt Sonderfinanzierungen und viele andere Themen, die politisch zu bewerten sind.
Kann es sein, dass der Tunnel schlicht zu teuer wird?
Das glaube ich eher nicht. Meine Meinung dazu ist: Das Projekt ist sehr innovativ und löst zwei Probleme auf einen Schlag. Derzeit reden wir von Kosten über 23 Millionen Euro, in meinen Augen wäre dies kein Ding der Unmöglichkeit. In Bruneck vor einigen Jahren hatten wir ein Hochwasserschutzprojekt verbunden mit Energiegewinnung, bei dem man von 80 Millionen sprach. Das ist tatsächlich sehr viel Geld.
Sollte der Ernstfall eintreten, wird der Tunnel für den Verkehr gesperrt: Ist Sexten in diesen Tagen oder Wochen dann von der Außenwelt abgeschnitten?
Nein. Das Hochwasser in so kleinen Einzugsgebieten dürfte innerhalb eines Tages verschwunden sein. Aber sicherlich benötigt man Zeit für die Säuberung des Tunnels, weil das Wasser viel Schlamm mitschwemmt. In diesem Fall kann man die alte Straße benützen, dann fährt man wieder über die Westeinfahrt in Innichen. Diese Straße wird verkehrsbegrenzt, aber nicht zurückgebaut.
Muss man nicht befürchten, dass der Großteil des Verkehrs weiter über diese Straße fließt, weil die Menschen daran gewöhnt sind?
Derzeit spricht man davon, diese für Anrainer offen zu lassen. Diese Entscheidungen liegen aber im Ermessen der Gemeinden und anderer Stellen.
Für wie wichtig halten Sie dieses Projekt? Oder besser: Wie lange kann man sich damit noch Zeit lassen?
Einige Arbeiten an der kleinen Drau und am Sextner Bach sind derzeit im Gange, weil wir unsicher sind, wie lange die Umsetzung des Tunnelprojektes dauert. Vaia hat Schwachstellen aufgezeigt, die derzeit behoben werden sollen. Das Projekt halte ich für sehr wichtig: Es soll Vorbildcharakter für andere Problempunkte haben, etwa Sand in Taufers. Wir müssen eine Antwort auf die Fragen finden: Ist ein solcher Tunnel überhaupt machbar? Was kostet er? Und was bringt er? Aufgrund der Erfahrungen hier kann man ähnlich gelagerte Situationen bewerten.
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Kommentare (4)
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robby
hilti und yannis, die zwei Tiefbauexperten mit abgeschlossenem Ingenieurstudium und jahrelanger Erfahrung hahaha