„Das ist ein Problem“
30.000 Südtiroler warten vergeblich auf den Green Pass. Sie sind zwar geimpft, aber bekommen die staatliche Bestätigung nicht. Die Hintergründe eines veritablen Skandals.
von Silke Hinterwaldner
Thomas Lanthaler ist kein Mann der scharfen Worte. Aber der ehemalige Sanitätsdirektor ist nun Hausarzt in Schabs und sagt: „Es tut mir vor allem für die betroffenen Leute leid.“ Und noch mehr: „Außerdem stellt dies einen Vertrauensverlust in die Hausärzte dar und das ist sehr bedauerlich. Zuerst propagiert man die Impfung und dann werden die Leute im Regen stehen gelassen.“
Allgemeinmediziner Lanthaler hat rund drei Dutzend seiner Patienten mit dem Einmalimpfstoff Johnson & Johnson geimpft. Er erzählt, dass er seitdem vergeblich versucht, die offizielle Bestätigung für diese geimpften Personen auszudrucken. Das System aber verweigert ihm den Zugriff. Die Patienten machen ihm zwar keine Vorwürfe, aber andernorts werden betroffene Hausärzte mit Protestnachrichten bombardiert.
„Ich habe viel geimpft“, sagt Eugen Sleiter, Hausarzt in der Gemeinde Tirol, „aber jetzt bekomme ich täglich ziemlich viele Anfragen, weil der Green Pass nicht kommt. Das bedeutet noch mehr Arbeit. Zuerst impft man für die gute Sache und dann muss man sich auch noch um diese bürokratischen Probleme kümmern.“ Denn: Sobald ein Patient keinen Pass bekommt, muss der Hausarzt – oder der Apotheker – aufwändig in das System einsteigen und die Daten kontrollieren, um den Fehler zu beheben. Aber auch das klappt nicht in allen Fällen. Ganz oft, erklärt Sleiter, gebe es Probleme mit dem Grünen Pass, wenn etwa kein Wohnsitz in der Region angegeben oder kein Hausarzt gewählt wurde – das betrifft vor allem Mitarbeiter im Gastgewerbe.
Nicht nur in Schabs oder Tirol warten die Hausarzt-Geimpften vergeblich auf die E-Mail aus Rom. In fast allen Hausarztpraxis scheint es dieses Problem zu geben. Insgesamt, dies hatte Sanitätsdirektor Florian Zerzer bereits vor einer Woche in der TAGESZEITUNG bestätigt, sind in Südtiroler 30.000 Personen betroffen: Sie sind geimpft, bekommen aber keinen Green Pass. Das wiegt umso schwerer, je näher der 12. August rückt. Mit diesem Termin soll der Zugang zu manchen Strukturen mit dem Vorweisen des Grünen Passes verknüpft werden. Eine normale Impfbestätigung soll dann nicht mehr ausreichen.
Das aber stellt nicht nur in Südtirol tausende Geimpfte vor ein unverschuldetes Problem, in ganz Italien scheinen Millionen Menschen betroffen sein. Darauf hat Landeshauptmann in seiner Pressekonferenz am Dienstag Bezug genommen. „Das ist ein Problem, das wir offen ansprechen müssen“, so Kompatscher. In den staatlichen Datenbanken seien so viele Lücken festzustellen, dass es wohl sehr lange dauern würde, bis diese in Rom richtiggestellt würden. Deshalb habe er der Regierung angeboten, die Daten vor Ort korrigieren zu lassen. Das sei einfacher und erfolgversprechender. Aber um dies tun zu dürfen, brauche man zuallererst die Genehmigung aus Rom.
„Das ist eine Katastrophe und nicht in Ordnung“, ärgert sich Kompatscher, die Menschen ließen sich impfen, aber riskieren trotzdem keinen Zutritt zu bekommen. Er habe energisch protestiert, so der Landeshauptmann. Wie lange es nun tatsächlich dauert, bis all diese Daten richtiggestellt sind und die Geimpften den Green Pass bekommen, bleibt allerdings unklar.
Genauso wie viele betroffene Bürger ärgert sich auch die Freiheitliche Abgeordnete Ulli Mair über die fehlenden Pässe. „Da vom italienischen Staat wohl eher keine schnelle Lösung der Probleme zu erwarten ist“, fordert sie, „muss die Landesregierung das Heft in die Hand nehmen und für die Südtiroler Bürger die Kompetenz zum Ausstellen des Passes einfordern. Wenn jeden Tag viel Geld für die Impfkampagne und die unzähligen Werbeinserate ausgegeben wird, so wäre es sinnvoller, damit ein funktionierendes, bürgerfreundliches System zur sofortigen Aushändigung des grünen Passes aufzubauen.“
Fehlerhafte Mailadressen, unvollständige Nummernfolgen, keine Wohnadresse, Festnetznummern oder auch nur die falsche Angabe von Erst- oder Zeitimpfung – es gibt unzählige Gründe, warum der Green Pass auf sich warten lässt. Vor allem betroffen sind aber nicht nur die einzelnen geimpften Bürger, sondern auch viele Hausärzte. Aber eben auch nicht alle.
Bei Doris Gatterer etwa hat alles reibungslos geklappt. Sie habe rund drei Dutzend ihrer Patienten mit dem Einmalimpfstoff von Johnson & Johnson geimpft – und alle hätten den Green Pass problemlos bekommen. „Wo der Fehler liegt“, sagt die Präsidentin der Gesellschaft für Allgemeinmedizin, „weiß ich nicht. Es ist für uns alle ein Rätsel.“
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Kommentare (8)
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besserwisser
der hausarzt druckt den patienten den greenpass aus? so einen arzt möchte ich auch mal haben … meiner kennt micht nicht mal, da muss man schon sterben dass der die position „besichtigt“
kritiker
So ein Armer. Stell Dich mal Deinem Hausarzt vor, dann kennt er Dich.
hallihallo
es ist schon wieder so ein bürokratieskandal.
der sanitätsbetrieb weiß ja , wer zweimal geimpft ist und hat dessen e-mail und handynummer.
also was kostet es, 7 tage nach der zweiten impfung automatisch den green-pass zu senden?????
morgenstern
Was funktioniert schon in diesem Land?
Ich bin auf der Suche, kann mir wer helfen!!
george
Habe meinen Greenpass einen Tag nach der Zweitimpfung über die IO-App erhalten, nachdem ich zuvor drei Wochen lang beim Sanitätsbetrieb um die Pfizer-Impfung als Zweitdosis herumstreiten musste. Also kann der Fehler nicht immer beim Ministerium gesucht werden, sondern vielmehr oft auch bei der Schlampigkeit/Nachlässigkeit der eigenen Leute.
waldemar
Unvollständige und falsche Angaben… ist wohl logisch dass kein Green Pass kommt
aufmerksamerbeobachter
Hallo Leute, immer noch nicht verstanden?
Politik und der Sanitätsbetrieb haben Versagt,nicht die Hausärzte. Diese haben sich nur an die Vorschriften gehalten.