Kiener Waffenstillstand
In der Gemeinde Kiens hat man lange darauf gedrängt, das Areal neben dem Fußballplatz in St. Sigmund roden zu dürfen. Jetzt wird daraus Schutzgebiet. Und die Gemeinde gibt nach.
von Silke Hinterwaldner
Des einen Freud ist des anderen Leid: Vergangene Woche hatte Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer das rund 5.000 Quadratmeter große Areal zwischen dem Fußballplatz in St. Sigmund und der Ilsterner Au offiziell zum Schutzgebiet erklärt.
Dies passierte wohl ausschließlich auf Drängen der Grünen im Landtag. Der Abgeordnete Hanspeter Staffler wies in einer Anfrage darauf hin, dass das Gebiet unter Schutz gestellt werden müsse, da sich dort heute ein Erlen-Eschen-Auenwald befinde, dessen Rodung laut Artikel 17, Absatz 1 des Landesgesetzes vom 12. Mai 2010, Nummer 6 verboten ist. In der Europäischen FFH-Richtlinie wird dieser Wald als prioritärer Lebensraumtyp beschrieben.
In der Praxis bedeutet dies, dass die Landesregierung ihren Beschluss zur Umwidmung in landwirtschaftliches Grün wieder zurücknehmen und der Bauer die Bäume und Sträucher nicht schneiden darf. Markus Mitterhofer, Referent für Landwirtschaft in der Gemeinde Kiens, kann an den Stauden, wie er sagt, nichts Schützenswertes finden. Es wäre wohl gescheiter, wenn man daraus eine schöne Wiese machen könnte.
„Aber nach eineinhalb Jahren ist der Zug abgefahren“, sagt Mitterhofer. Der Grundbesitzer hatte somit lange genug Zeit, um den Beschluss der Landesregierung von Dezember 2019 umzusetzen – und den Auenwald zu roden. „Jetzt aber“, so Mitterhofer, „wird die Gemeinde den Entschluss zur Kenntnis nehmen und keine weiteren Schritte setzen.“ Alles bleibt wie gehabt. Einen Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Grüne Partei kann sich Markus Mitterhofer allerdings nicht verkneifen: „Das ganze Procedere hat sicherlich eine Stange Geld gekostet, wer kommt denn dafür auf? Wir lassen die Sache auch deshalb auf sich beruhen, weil wir nicht weitere Kosten verursachen wollen.“ Und die Angelegenheit nun als Sieg der Natur über die Landwirtschaft zu feiern, findet er auch höchst unangebracht.
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Kommentare (11)
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criticus
Herr Mitterhofer, eine Wiese mehr macht bezüglich Jauche ausstreuen sehr viel aus.
Schauen Sie sich doch einmal an, wie viel Jauche in Schlinig Richtung Sesvennahütte ausgestreut wurde. Fast im Minutentakt fuhren die Schlepper mit den Güllewagen ins Tal und entleeren hinter der Schliniger-Alm. Nicht nur, dass das ganze Tal durch diese starke Dünnungsmenge erbärmlich stinkt, es schadet in erster Linie den Grundwasser und den Pflanzen selbst.
george
Herr Mitterhofer ist wohl einer der Materialisten, die nie daraus etwas lernen, außer es fällt ihm die Natur auf den Kopf. Aber dann ist es zu spät für ihn und leider auch für viele andere, die weniger oder gar nicht daran Schuld sind, dass sich die Luftatmosphäre in letzter Zeit immer mehr aufgeheizt hat und immer schnellere Wetterkapriolen verursacht.
watchmen
Diese sogenannten „Stauden“ und dieses Ambiente bestehen aus Holz, Pflanzen, Insekten (Stichwort Biodiversität), gesundem Erdboden und bildet ein Mikroklima, welches im Verbund mit der Natur herum ruhigen Gewissens als elementar bezeichnet werden kann. Eine Rodung zerstört nicht nur diesen Lebensraum, sondern schafft mit Verdichtung durch schweres Gerät und Überdüngung nur zwei der größten Probleme. Weit mehr wiegt die Tatsache, dass es eine kapitalistische Denkweise an den Tag legt, welche uns an diesem Punkt weltweit gebracht hat. Und damit meine ich Kipp-Punkte, welche teilweise sogar schon überschritten wurden. Kühlende, feuchte, nährstoffreiche Natur mit einer großen Artenvielfalt, welche viel Regenwasser aufnimmt, wird in naher Zukunft schon mehr Wert sein wie eine profitorientierte, kurzsichtige Handlungsweise, die noch mehr zerstört.
treter
watchmen@
Sie haben vollkommen recht! Bezüglich der von Ihnen im Schlussteil beschriebenen hohen Regenwasseraufnahme der naturbelassenen Böden trifft dies auch genau auf den Auwald in der Brixner Industriezone zu. Es handelt sich dabei nämlich um den letzten unverbauten Grund auf der orographisch rechten Seite des Eisack in der Industriezone. Dazu liegt dieser Auwald auch noch wesentlich tiefer als die umliegenden verbauten und versiegelten Böden. Also geradezu ideal als Speicher bei Hochwasser! Ersuche daher die Firma Progress an ihrem neuen Standort bzw. im Ex-Fenster-Quelle-Gebäude in Schrambach unterirdisch zu erweitern.
NB. Die Progress betreibt dort bereits die 3D-Betondrucker welche laut Projekt ja anstelle des Auwaldes platziert werden sollen…..
treter
Auch der Brixner Auwald, der einem Industriegebäude für 3D-Betondrucker der Firma Progress weichen soll, ist laut laut Art. 17 des Landesgesetzes Nr. 6/2010 und der europäischen FFH Richtlinie geschützt. Also darf auch dieser nicht gerodet werden und muss daher als Biotop ausgewiesen werden! Fordere die Landesrätin Kuenzer auf dies baldigst zu veranlassen! Und der Kienser Gemeindereferent Mitterhofer sollte sich in seinen Aussagen etwas mäßigen und die nur noch selten vorhandene Naturlandschaft mehr schätzen!
NB. Im Brixner Auwald stehen bis zu 40 Meter hohe Bäume mit einem Stammdurchmesser von bis zu 1,5 Meter und er dient als Habitat von 64 darin gezählten Vogelarten, darunter auch 7 der Roten Liste. Ersuche die Landesrätin Kuenzer dies zur Kenntnis zu nehmen!
treter
Und gleichzeitig ersuche ich den Dachverband für Natur- und Umweltschutz und auch die Umweltgruppe Eisacktal, endlich einmal für den bedingungslosen Schutz des Brixner Auwaldes einzustehen und sich nicht mit sehr zweifelhaften Ausgleichsmassnahmen, bzw. die Erweiterung der Millander Au in eine ehemalige Mülldeponie abspeisen zu lassen!
NB. Bei Probebohrungen wurde unlängst auf dieser Ausgleichsfläche sogar Altöl gefunden! Dies nur nebenbei…
perikles
Herr Mitterhofer vertritt eben die „alte“Landwirtschaft. Das Nachhaltigkeitsmarketing des Bauernbundes ist noch zu wenig bei den einzelnen Mitgliedern angekommen. An solchen Projekten wird auch die neue 2030-Strategie der Landesregierung zu messen sein.
rumer
Wirst du bei der“neuen“ Landwirtschaft noch genug zum Essen haben? Du wahrscheinlich , aber die Kinder in Afrika?
Bio braucht doppelt so viel Fläche wie konventionell, da werden noch viele Sträucher dran glauben müssen.