„Wollte nicht Schwimmer werden“
Der Schwimmer Stefano Ballo nimmt heuer das erste Mal an Olympischen Spielen teil. Derzeit befindet sich der Bozner in einem Leistungshoch. Seine Ziele sind dennoch bescheiden.
Tageszeitung: Herr Ballo, Sie fahren heuer das erste Mal zu den olympischen Spielen. Was erwarten Sie sich davon?
Stefano Ballo: Ich habe keine großen Ziele. Wir haben jetzt zwei Jahre gut gearbeitet. Mein Ziel war es immer, mich für Olympia zu qualifizieren. Dieses Ziel haben wir nun erreicht. Wie weit ich bei Olympia komme, ist schwer zu sagen. Die Gegner sind nämlich sehr stark. Ich hoffe, bis ins Halbfinale zu kommen und vielleicht schaffen wir es sogar ins Finale. Aber ich glaube, das ist ein Traum, der quasi unerreichbar ist. Deshalb setze ich mir dieses Ziel gar nicht erst.
Dieses Jahr war eines Ihres erfolgreichsten. Sie haben zwei Medaillen bei der Europameisterschaft geholt und haben sich zum zweiten Mal zum Italienmeister gekrönt. Sehen wir derzeit einen Stefano Ballo in Top-Form?
Ich denke schon. Ich bin vor drei Jahren nach Riccione gezogen, weil meine Freundin dort lebt. Ich bin dann später nach Caserta gezogen und habe den Trainer gewechselt. Mein jetziger Trainer, Andrea Sabino hat sofort verstanden, was meine Stärken waren und worin ich weniger gut bin. Er hat mich gut vorbereitet und mich sowohl im Wasser als auch außerhalb des Wassers viel gelehrt. Das war ein sehr wichtiger Schritt für mich, denn so habe ich verstanden, wie ich mich verbessern kann. Das sind nun die Früchte dieser Arbeit.
Sie haben im vergangenen Jahr eine Corona-Erkrankung durchgemacht. Hat das Ihre Leistungen beeinträchtigt?
Ich hatte im November Covid. Für mich war das erst einmal ein Schlag ins Gesicht, weil im Dezember die Italienmeisterschaften anstanden. Ich hatte aber das Glück, nur fünf Tage hohes Fieber zu haben. Von einem Tag auf den anderen war dann aber alles weg. Ich habe bewusst nie einen Test gemacht, weil ich sofort weitertrainieren wollte. Erst nach einigen Tagen, als wir uns sicher waren, dass ich nicht mehr positiv bin, habe ich einen Test gemacht, der dann auch negativ ausfiel. So habe ich nicht viel Zeit verloren. Dennoch war das Training anfangs sehr mühsam. Ich konnte mich aber schnell erholen.
Wie blicken Sie auf das vergangene Jahr zurück? Was hat sich dadurch für Sie alles verändert?
Für mich hat sich glücklicherweise nicht viel verändert. Was mich aber sehr enttäuscht hat, war die Verschiebung der Olympischen Spiele, ich werde schließlich auch nicht jünger (lacht). Ich habe mit Trainern und Kollegen viel darüber gesprochen, als diese Entscheidung feststand. Uns wurde aber schnell klar, dass ich nach wie vor die Möglichkeit habe, mich zu qualifizieren. Ich habe die Verschiebung als Möglichkeit gesehen, mich nochmal zu verbessern und ich denke, das ist uns auch gelungen.
Sie wollten eigentlich Wasserspringer werden. Wie sind Sie dann zum Schwimmen gekommen?
Das stimmt, ich wollte eigentlich immer Wasserspringer werden. Als ich mich aber einschreiben konnte, war ich bereits zu groß und zu schwer dafür. Darüber war ich sehr enttäuscht. Ich habe mich dann fürs Schwimmen eingeschrieben, auch wenn ich zu Beginn absolut nicht begeistert war. Ich habe dann aber immer mehr gegeben und irgendwann wurde es zu meiner Leidenschaft.
Wie groß war die Erleichterung, als Sie die Olympia-Norm geknackt haben?
Mein Ziel war es, mich für die Staffel zu qualifizieren. Mir ist das ja mit einem Sieg bei der Italienmeisterschaft gelungen. Ich habe also zuerst den Sieg gefeiert. Erst später habe ich dann realisiert, dass das für mich auch das Olympia-Ticket bedeutet. Als ich das verstanden habe, habe ich mich aber sehr gefreut. Denn ich habe mit dem Schwimmen als Freizeitbeschäftigung begonnen. Klar ist irgendwann der Traum von Olympia gewachsen, dass ich es aber tatsächlich schaffe, ist fabelhaft.
Wie bereiten Sie sich auf die olympischen Spiele vor?
Ich war seit Juni in Ostia in Rom. Wir arbeiten hier an unserem letzten Schliff. Am Montag starteten wir um 5.00 Uhr nach Japan, wo wir weiter trainieren werden. Drei Tage vor unseren Wettbewerben werden wir dann ins olympische Dorf gehen.
Sie sind vor drei Jahren nach Caserta gezogen. Fehlt Ihnen Bozen manchmal?
Absolut. Es ist sehr weit von Caserta entfernt, weshalb ich nur selten nach Bozen kommen kann. Hier sind aber meine Familie und meine Kindheitsfreunde. Ich würde gern öfter zurückkommen, das lässt meine Arbeit, die auch gleichzeitig meine Leidenschaft ist, aber nicht zu.
Sie sind auch ein großer Basketballfan. Wer gewinnt Ihrer Meinung nach das NBA-Finale?
Leider scheine ich eine Art Unglücksrabe zu sein. Das letzte Mal als ich einen Tipp abgegeben habe, ist das Team sofort ausgeschieden (lacht). Ich hoffe aber auf einen Sieg der Phoenix Suns. Sie sind ein starkes Team und haben alles, um die Serie zu gewinnen. Aber ich befürchte, jetzt wo ich es gesagt habe, werden sie verlieren.
Sie sind bereits in Japan. Sind sie eigentlich nervös?
Solange ich in Rom war, ging es mir eigentlich gut, als ich dann aber im Flieger saß, habe ich das alles erst richtig realisiert. Da kam dann auch ein bisschen Nervosität dazu. Ich habe mich aber gut vorbereitet und versuche gelassen in die Wettkämpfe zu gehen.
Interview: Markus Rufin
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