„Ich schlag dir die Fresse ein“
Verbale Entgleisungen, aggressive Senioren und Beleidigungen: Seit Corona hat sich das Aggressionspotential in den Bussen verstärkt, berichten Busfahrer.
von Silke Hinterwaldner
„Wissen Sie“, beginnt der Buschauffeur nachdenklich, „als ich vor über 20 Jahren mit der Arbeit begonnen habe, war alles ganz einfach. Man macht seinen Job so gut es halt geht und am Abend geht man entsprechend zufrieden nach Hause. Heute aber komme ich nach der Arbeit nicht mehr zur Ruhe, so viele Beschimpfungen, die Leute werden sogar handgreiflich, viele reagieren aggressiv, wenn man ein paar Minuten zu spät kommt. Es ist an vielen Tagen wirklich unerträglich geworden.“
Der Mann ist im öffentlichen Nahverkehr beschäftigt, möchte aber seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Er ist auch nicht allein: Als er sich in der Redaktion der TAGESZEITUNG meldet, hatte er sich im Vorfeld bereits mit einem knappen Dutzend Kollegen beraten. Sie alle kommen zum selben Schluss: Seit der Corona-Pandemie reagieren die Leute noch ungeduldiger, nervöser und aggressiver, die verbale Entgleisung ist gewissermaßen hoffähig geworden. Aber warum? Darauf hat kaum jemand eine Antwort.
„Sicherlich“, sagt der Busfahrer, „hat sich der Trend bereits in den vergangenen Jahren abgezeichnet und sich nun eben verstärkt.“ Dabei sind es nicht Jugendliche oder Schüler, die den Buschauffeuren das Leben schwer machen, auch nicht die Touristen von weither, sondern vielmehr vor allem die Senioren aus der Gegend, die sich mit ihrem Abo+ gern und viel durch das Land kutschieren lassen. Daran ist an und für sich nichts auszusetzen, sehr wohl aber stören sich die Busfahrer am Verhalten einiger von ihnen: Die Stimmung wird aggressiver. „Vor allem eben bei den Einheimischen“, sagt unser Buschauffeur, „wir sind für sie eine Art Rammbock geworden. Man hat keinen Respekt mehr. So kann man nicht arbeiten.“ Erst vor wenigen Tagen, erzählt er, sei ein älterer Herr auf ihn losgegangen, nachdem der Bus im Stau stand und deswegen in Verspätung an der Haltestelle ankam. „Ich schlag dir die Fresse ein“, brüllte der Wartende. Was soll man da noch sagen? Der Busfahrer muss versuchen höflich und verständnisvoll zu bleiben, um die Situation nicht vollends eskalieren zu lassen.
„Die Mander haben schon recht“, sagt Richard Goller, seit einem Jahr in Pension, früher Gewerkschaftsvertreter für die Angestellten im öffentlichen Nahverkehr. Auch wenn er offiziell nicht mehr für den ASGB tätig ist, so interessiert sich Goller dennoch immer noch brennend für die Befindlichkeiten seiner Zunft. Er weist auf ein Problem hin, das die Branche zusätzlich belastet: Manche Busfahrer sind tatsächlich unpünktlich, haben wenig Ortskenntnis, verstehen die Landessprachen nicht und können im Winter auf Schnee nichts anfangen. „Diese Fahrer sind keine Südtiroler, das kommt leider immer öfter vor und erschwert alles“, sagt Goller, „dabei spricht man doch immer in höchsten Tönen von der Qualität im öffentlichen Nahverkehr.“ Aber diese Qualität im öffentlichen Nahverkehr ist so nicht gegeben und kann auch nicht erreicht werden, wenn die Bedingungen für die Angestellten nicht stimmen. Denn: Kaum jemand will Busfahrer werden, wenn man schlecht bezahlt wird und sich im Gegenzug auch noch beschimpfen lassen muss. Um dem entgegenzuwirken, müsse man Zusatzverträge anbieten, die Jobs im öffentlichen Nahverkehr aufwerten, den Menschen eine gute Bezahlung, gesellschaftliches Ansehen und Perspektiven bieten, sagt Richard Goller.
Seine Nachfolge im ASGB hat Hans Joachim Dalsass angetreten, ein Mann, den man normalerweise eher in der Gemeindepolitik von Leifers vermutet. Aber gerade, weil er viel mit Leuten zu tun hat, ist es für ihn ein Leichtes, die Dinge zu analysieren. „Früher“, sagt auch er, „haben die Kinder bei der Frage nach dem Traumberuf noch mit Lokomotivführer geantwortet, manche auch mit Busfahrer. Schließlich war es cool mit den großen Maschinen zu fahren.“ Heute sei das zwar noch immer recht cool, aber die Kinder gehen zum Studieren und die Fahrerkabinen bleiben leer. Das hat mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun, aber eben auch mit dem Ansehen und der gesellschaftlichen Anerkennung für einen Beruf: „Früher war der Busfahrer so etwas wie eine Amtsperson, die es respektvoll zu behandeln galt. Heute wird er eher wie ein Fußabstreifer behandelt.“ Das habe mit einer Verrohung der Gesellschaft zu tun, sagt Dalsass, die Unsicherheit verstärkt durch die Pandemie habe dem Ganzen noch einmal einen Schub in die falsche Richtung gegeben. Aber ganz genau sei es nicht zu verstehen.
Eines ist unbestritten: Das Berufsbild des Busfahrers ist nicht attraktiv. Chauffeure werden im öffentlichen Nahverkehr händeringend gesucht, sind aber schwer zu finden. Deshalb brauche es zum einen sicherlich eine ökonomische Aufwertung, fordert der Gewerkschaftsvertreter, aber auch mehr gesellschaftliche Anerkennung. Denn, was ist Qualität im öffentlichen Nahverkehr? Wenn – hübsche und möglichst ressourcenschonende – Busse von Fahrern gelenkt werden, die den Fahrgästen Fragen beantworten können, die Gebräuche und Straßen vor Ort kennen und möglichst freundlich und souverän auch in schwierigen Situationen reagieren. Dazu gehört, dass sie im Winter Ketten montieren können, wenn es einmal schneit, und den Schulbus nicht einfach stehen lassen müssen.
Verspätungen kommen trotzdem manchmal vor, das scheint im Stadtverkehr, bei Stau vor einer Baustelle oder durch andere äußere Umstände oft unvermeidbar. Im besten Fall jedoch zeigen die Fahrgäste dafür Verständnis.
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Kommentare (11)
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postfackisch
Das könnte man auch als Karma bezeichen, so wie sich die Busfahrer früher aufgeführt haben. Nur trifft es wahrscheinlich wie üblich immer die falschen.
pat
billiges Ablenkmanöver von den gewalttätigen Wirtschaftsmigranten die Null Respekt für gar nichts haben und das Zug- und Buspersonal sowie andere Passagiere in Südtirol täglich angreifen. Dass auch der eine oder andere einheimische und nicht ganz dichte Senior dabei ist, geht in Wirklichkeit in der Gewaltspirale der Ausländer komplett unter.