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„Starkes Stück“


„Starkes Stück“

Julia Unterberger (EPA/Augusto Casasoli/ POOL)

Der Vatikan macht offen gegen das Anti-Homophobie-Gesetz mobil. „Damit sind wir nicht weit von den muslimischen Staaten entfernt“, bedauert Senatorin Julia Unterberger.

Von Matthias Kofler

Der Vatikan hat in einem offiziellen Schreiben die Regierung in Rom zur Änderung des Gesetzesentwurfs gegen Homophobie (Legge Zan) aufgerufen, das zurzeit im Parlament behandelt wird. Laut Kirche schränkt der Entwurf, der homosexuelle Menschen vor Diskriminierungen, Aggressionen und Gewalt schützen soll, die Meinungsfreiheit ein und widerspricht den katholischen Wertvorstellungen. 
SVP-Senatorin Julia Unterberger reagiert mit Verwunderung auf die Einmischung seitens des Vatikans: „Ich bin erstaunt, dass sich die Kirche in einem laizistischen Staat so offenkundig in die staatliche Gesetzgebung einmischt. Obwohl wir in einer aufgeklärten Demokratie leben, sind wir damit nicht weit von den muslimischen Staaten entfernt.“

Die „Legge Zan“ zielt darauf ab, Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Gender, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität oder Behinderung im Strafgesetzbuch mit Anstiftung zu Hass, Gewalt und Diskriminierung aufgrund von rassistischen, ethnischen, religiösen und nationalistischen Gründen gleichzustellen. Für diejenigen, die zu homophober Diskriminierung oder Gewalt anstiften, sind hohe Geldstrafen sowie bis zu vier Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen.

Während die Rechtsparteien das Schreiben der Kirche feiern, stellt es für die Vertreter des Mittelinkslagers einen herben Rückschlag dar. Man sei es gewohnt, dass der Vatikan im Hintergrund versuche, an der Gesetzgebung Einfluss zu nehmen, sagt Unterberger. Es sei aber „ein starkes Stück“, dass die Kirche die Regierung anschreibe und erkläre, dass das Gesetz nicht den religiösen Vorstellungen entspreche. „Ich hätte mir das von diesem Papst nicht erwartet. Für einen aufgeschlossenen Katholiken müsste es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass Menschen nicht diskriminiert werden“, so die SVP-Senatorin. Der Streit darüber, ob die Münchner Allianz Arena beim EM-Spiel zwischen Deutschland und Ungarn in den Regenbogenfarben leuchten darf, zeige, dass Homophobie auch im Fußball ein Thema sei.

Die Chefin der Autonomiegruppe befürchtet, dass das Gesetz nicht bis Legislaturende in trockene Tücher gebracht werden könnte. Derzeit blockiert die Lega mit 170 beantragten Anhörungen erfolgreich die Arbeiten in der Justizkommission, in der sie den Vorsitz innehat. In Italien tobe ein „Kulturkampf“ um die Homosexualität und die Genderpolitik, laut der das Geschlecht nicht nur biologische, sondern auch gesellschaftliche Komponenten habe, erklärt Unterberger. Für die Kirche und die politische Rechte sei dies ein „rotes Tuch“, weil sie der Auffassung seien, dass Gott Mann und Frau, so wie sie sind, erschaffen habe. Feministinnen hingegen glauben, dass das Geschlecht hauptsächlich ein gesellschaftliches Konstrukt sei.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (69)

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  • kritiker

    DIe kathol. Kirche bleibt sich treu, intolerant und mitleidlos wie über die Jahrhunderte hinweg !
    Nächstenliebe predigen, aber andere im Namen der Meinungsfreiheit diskriminieren und ausgrenzen.

  • kritiker

    Genausogut könnte die Kirche fordern, dass der Antisemitismus im Namen der Meinungsfreiheit zugelassen sein soll. Die Kirche war über Jahrhunderte eine massiv antisemitische Institution, nur traut sie sich jetzt nicht mehr offen antisemitisch zu sein und macht heuchlerische Bekenntnisse zur Toleranz anderer Religionen

  • andreas

    „Feministinnen hingegen glauben, dass das Geschlecht hauptsächlich ein gesellschaftliches Konstrukt sei.“

    Im Mttelalter gaben Adel und Klerus die Denk- und Lebensweise vor.
    Bis ins 21. Jahrhundert die Wissenschaft.
    In Zukunft sind es aber wohl die Femministinnen.

    In dieser Forum ist die Debatte absurd, Femministinnen sind radikale Träumerinnen mit wenig Sinn für Hausverstand.
    Sie stellen biologische Gegebenheiten in Frage und die Wissenschaft soll diese nach ihrer Ideologie zurechtbasteln.

    • leser

      Anderle
      Femministinnen sind wie ein verein und das heisst interessensvertreter, aber gottseidank in der minderheit

    • andreas

      @leser + batman
      Ihr müsst nicht zwingend antworten, wenn ihr zu blöd seit den Inhalt zu verstehen.

    • devils_son

      Ok.. für Sie reicht Biologie.. in Wahrheit gibt es aber dann doch WEIT mehr.
      freilich gibt es bissl durchgeknallte Feministinnen, so wie es das auch bei Kommentatoren hier gibt – aber ich sage mal, dass deren Bemühungen doch viele Essentielle Vorteile für Frauen gebracht hat. Und dauerhaft bestreiten, dass es zwischen Mann und Frau noch ganz viele Schattierungen gibt – das ist dann halt was für ewig Gestrige….

      • andreas

        Was es gibt, ist ein Thema, was sie für Forderungen stellen, ein anderes.
        Toiletten für Diverse zu fordern, halte ich z.B. für etwas absurd.
        Und dass das Geschlecht ein gesellschaftliches Konstrukt ist und nicht biologisch vorgegeben, würde ich jetzt auch als eher dämliche Aussage ansehen.
        Probleme mit dem eigenen Geschlecht zu haben, sehe ich als mittlere bis schwere Persönlichkeitsstörung und effektiv haben die, welche darunter leiden, eigentlich ihr ganzes Leben lang Probleme, auch wenn sie sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen.

        Das Thema ist meiner Meinung nach zu komplex, als dass fundametalistische Femministinnen eine Lösung dafür hätten. Denen geht es nicht um die Betroffenen, sondern um ihre Idelogie.

        • gorgo

          Ja, das Thema ist sehr komplex, also lass es besser.
          Der von dir zitierte letzte Satz im Artikel ist in seiner Aussage so falsch, aber natürlich der perfekte Aufhänger für Leute, um den Feminismus insgesamt zu diskreditieren, weil sie eine Art Frauenherrschaft fürchten. (lach)
          Das die menschliche Welt abseits von Säugetierrealität und biologischen Geschlecht, aus vielerlei geistigen/sozialen Konstrukten besteht und zB. Rollenbildern besteht die erlernt werden, eigentlich jedem klar.
          Wir kommen ja nicht vollfunktional wie Meerschweinchen zur Welt.

          Feminismus solltest du Mal nachschlagen. Vielleicht schreibst du den Begriff dann wenigstens richtig.

  • pingoballino1955

    Vatikan: eine einzige Katastrophe! Was haben diese Heuchler und Pharisäer sich in staatliche Angelegenheiten einzumischen? Sollen endlich mal die Missbrauchs-und Bankenskandale aufklären und nicht weiterhin mit allen Mitteln VERTUSCHEN! K……………..e Bande!!!

  • wichtigmacher

    Die schwarzen Durchlauferhitzer im Vatikan haben der Politik schon mal gar nichts vorzuschreiben, die sollen mal vor der eigenen Türe kehren und die eigenen Skandale aufarbeiten

  • hubertt

    Die Unterabergerin will halt die Satanistenagenda durchdrücken…. das nenne ich ein starkes Stück!

  • reinhard_bauer

    Die Thematik rund um das Thema Homophobie und katholische Kirche ist im Grunde ein reines Trauerspiel. Eine Institution die viele Jahrhunderte besteht kann sich zwar nicht von jedem Trend beeinflussen lassen, doch handelt es sich bei Themen wie der Homophobie (oder auch der Anerkennung der LGBT-Gemeinde) um keinen Trend, sondern um ein gesellschaftspolitisches Erfordernis.
    Die Kirche verweigert gleichgeschlechtlichen Paaren erst den Segen (Waffen wurden bspw. schon gesegnet) und spricht sich hier nun gegen ein Diskriminierungsverbot aus.
    Ein krasser Wiederspruch einer Religion, die ihre Grundfeste auf Werten wie der Nächstenliebe gebaut hat.

    • andreas

      Das Problem des Vatikan sind primär Afrika und Südamerika, da dort der Hauptteil der streng Gläubigen lebt, wo eine liberalere Haltung eine Katastrophe wäre.
      Ihre konservative Haltung ist deshalb durchaus nachvollziehbar.
      Die gesellschaftspolitische Anforderung gibt es im Prinzip nur in Zentral- und Nordeuropa, der Rest sieht es etwas anders.

      • wichtigmacher

        Dann sollen diese Scheinheiligen sich gefälligst nach Afrika und Südamerika verziehen und nicht in Italien/Europa in der Politik mitmischen und Steuern abschöpfen bis zum Gehtnichtmehr…..
        Europa lebt eben nicht mehr im 15. Jahrhundert

        • andreas

          Warum sollten sie, wenn sie Narrenfreiheit haben?
          Nebenbei ist diese Einstellung nicht vom Mittelalter, sondern war in Europa in den 70gern oder 80gern auch noch durchaus mehrheitsfähig.

          Diese Selbstgefälligkeit, mit welcher wir anscheinend „Guten“, dem Rest der Welt unsere Einstellung aufdrücken wollen, ist sowieso zweifelhaft, wer sind wir?

  • sellwoll

    „Der Staat und die katholische Kirche sind, je im eigenen Ordnungsbereich, unabhängig und souverän.“

    Italienische Verfassung

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