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Keine Übervorteilung

Kassationsgerichtshof in Rom

Der Unternehmer Diego Bernardi war mehrere Jahre dem Vorwurf der Justiz ausgesetzt, einen sehbehinderten Mann aus Kollmann eine Wohnung abgeluchst zu haben. Nun steht rechtsgültig fest: Es gab keine Übervorteilung einer wehrlosen Person.

von Thomas Vikoler

Es war ein wahrlich sonderbarer Prozess, der im März 2017 am Landesgericht Bozen startete: Auf der Anklagebank saßen der Wolkensteiner Unternehmer Diego Bernardi, Inhaber des bekannten Bozner Bier-Restaurants Hopfen & Co. und örtlicher hds-Funktionär, und eine Frau aus Moldawien namens Maria Patic. Die Staatsanwaltschaft hielt beiden dieselbe Straftat vor: Übervorteilung einer wehrlosen Person, einem heute 68-jährigen gebürtigen Wolkensteiner mit Sehbehinderung.

Allerdings mit unterschiedlichen Profilen: Bernardi hatte der Mann seine Wohnung in der Barbianer Fraktion Kollmann einige Jahre vor Prozessbeginn auf dem Schenkungswege übertragen. Die Frau aus Moldawien, die jahrelang mit ihrer Familie in der Wohnung gewohnt hatte, setzte er hingegen testamentarisch als Erbin derselben ein.

Diego Bernardi

Beides geschah laut Anklage nicht wirklich freiwillig, der sehbehinderte Eigentümer sei in beiden Fällen übervorteilt worden.

Es folgte ein aufwändiger Prozess, in dem das mutmaßliche Opfer selbst in den Zeugenstand trat und dabei eher widersprüchliche Aussagen ablieferte.

2019 sprach das Bozner Strafgericht beide Angeklagten frei. Das Oberlandesgericht Bozen bestätigte den Freispruch für Bernardi mit Urteil vom 19. November 2019. Im Gegensatz zum erstinstanzlichen Urteil erklärte das OLG die ihm vorgehaltene Straftat für verjährt und wies gleichzeitig die Schadensersatzforderung des Ex-Wohnungseigentümers mit Wohnrecht, der weiter als Nebenkläger auftrat, ab. Weil keine Straftat bestand.

Auch das eine juristische Kuriosität: Wenn keine Straftat bestand, hätte der Unternehmer gleich voll freigesprochen werden können. Tatsächlich bezeichnete die Kassation das Urteil später als „widersprüchlich“.

Der Nebenkläger hatte nämlich Kassationsbeschwerde gegen das zweitinstanzliche Urteil eingelegt, auf Initiative des Sachwalters und mit einem neuen Anwalt. Dieser bemängelte in seinem Schriftsatz u.a. die Nicht-Berücksichtigung von Beweismitteln im Berufungsverfahren.

Doch die Kassation hat die Beschwerde nun für unzulässig erklärt, womit das Verfahren abgeschlossen ist. Bernardi steigt straffrei aus ihm aus, die Zivilpartei wurde zur Zahlung von 2.000 Euro verurteilt.

Die Höchstrichter folgen den vorangegangenen Urteilen, wonach die im Schenkungsvertrag festgelegten Rechte und gegenseitigen Verpflichtungen erfüllt worden seien. So konnte die Verteidigung des Unternehmers im Hauptverfahren die Zahlung sämtlicher Spesen für die Wohnung nachweisen. Mit entsprechender finanzieller Entlastung des Ex-Eigentümers und nunmehrigen Nutzers.

Die Kassation verweist nun darauf, dass für die Erfüllung des Tatbestandes der Übervorteilung eine Vermögens-„Verarmung“ der wehrlosen Person eingetreten sein muss. Etwas, was im konkreten Fall nicht nachgewiesen worden ist.

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