„Eine sehr schöne Aufgabe“
Peter Paul Kainrath ist in Genf zum Präsidenten der Weltföderation der Internationalen Musikwettbewerbe gewählt worden. Was macht dieser Verband und welche Aufgabe kommt auf ihn zu.
Tageszeitung: Herr Kainrath, Sie sind in Genf zum Präsidenten der Weltföderation der Internationalen Musikwettbewerb gewählt worden. Was ist dieser Verband, wo ist er angesiedelt und was macht er?
Peter Paul Kainrath: Der Verband wurde 1957 von damals 11 Internationalen Musikwettbewerben in Genf gegründet, wo er immer noch seinen Hauptsitz hat. Mittlerweile ist die Mitgliederzahl auf 112 angestiegen und die Föderation auf allen Kontinenten vertreten. Bei über 7.000 Musikwettbewerben steht dieser Verband für das Topplevel im künstlerischen Wettstreit junger Talente; dazu gehören die famosen Wettbewerbe Chopin in Warschau, Tschaikowsky in Moskau und van Cliburn in Texas und speziellere wie jener in Orleans oder Auckland.
Erneut übernehmen Sie eine große Aufgabe im denkbar schwierigsten Moment. Was kommt da auf Sie zu?
Es ist zu allererst eine sehr schöne Aufgabe, da man hier im ständigen Austausch mit brillanten Köpfen steht, die immer wieder neu nachdenken, wie man jungen Talenten heutzutage eine künstlerisch interessante Laufbahn ermöglichen kann. Das Büro in Genf hat einen exzellenten Generalsekretär, der von dort aus ein weltweites Netzwerk bespielt. Als Präsident ist man für eine umsichtige Führung der Föderation und die Definition von strategischen Zielen zuständig.
Corona ist für die Kulturszene existenzbedrohend haben Sie in einem Interview mit der Tageszeitung gesagt. Wie ist die Stimmung bei den internationalen Konzertveranstaltern? Gibt es bereits Opfer zu beklagen?
Das Kulturleben beginnt nun international wieder langsam an Fahrt aufzunehmen. Es ist noch zu früh festzustellen, welche langfristigen Schäden sich aus der 15 monatigen Schockstarre ergeben haben, da viele noch mit nicht in Anspruch genommenen Finanzmitteln aus dem vergangenen Jahr arbeiten. Eines ist allen klar: ein Konzert von Angesicht zu Angesicht, also vom Interpreten zum Publikum und zurück, ist durch nichts zu ersetzen. Es ist dies der nicht reproduzierbare, magische Moment einer live interpretierten und gehörten Klanghervorbringung, frei nach Walter Benjamin.
Nicht wenige sehen in der Coronakrise eine Zeitenwende auf die Konzertveranstalter zukommen. Müssen wir uns auf weniger Konzerte und Musiker sich auf sinkende Honorare einstellen?
Das Vertrauen des Publikums muss hie und dort sicher zurückgewonnen werden. Die Veranstalter haben nun aber gelernt, dass sie über die hybride Formate, also das Live Konzert, welches auch in digitale Konzertsäle übertragen wird, ihren Wirkungskreis erhöhen können. Bei den Konzerthonoraren mag es vielleicht ein paar Korrekturen geben, aber eher da, wo diese in präpandemischen Zeiten bereits als unverhältnismäßig da standen; das sind und waren wohl eher die Ausnahmen.
Der neue künstlerische Leiter des Haydn Orchesters Giorgio Battistelli hat eine amerikanische Studie zitiert, wonach die Generation der 20 – 30jährigen klassische Musik als zu komplex und als untragbare Geduldprobe empfindet. Ist das die wahre Herausforderung und Bedrohung für die Konzertveranstalter?
Es braucht sicher neue Formate, die auch in der zeitlichen Ausdehnung sich neu setzen. Es gibt viele Studien. Eine andere besagt, dass die großen Streamingplattformen errechnet haben, dass man potentiell und weltweit von einer Größenordnung von ca. 400 Millionen Menschen sprechen könnte, die für klassische Musik offen sind. Sie muss man entsprechend ansprechen und abholen.
Busoni, Bolzano Festival, Transart, Klangforum Wien, Mediaart – haben Sie nicht schon genug zu tun?
Es geht um Perspektivenwechsel und ich schätze mich glücklich, von diesen unterschiedlichen Standpunkten immer wieder neu Kultur zu begreifen und im Idealfall zu gestalten. Alles ist im Fluss. Manifesta Foundation in Amsterdam habe ich nun definitiv verlassen, bei der Weltföderation war ich bereits die vergangenen 3 Jahre Vizepräsident. Es sind sehr spannende Zeiten und es gibt noch viel zu lernen.
Interview: Heinrich Schwazer
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