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Der Milliarden-Streit

Der Südtiroler Landwirtschaft winken in den nächsten Jahren mehr EU-Fördergelder, aber die Verhandlungen sind geplatzt.

von Heinrich Schwarz

Die Zukunft der europäischen Agrarpolitik ist weiter offen. Zuletzt scheiterten die finalen Verhandlungen zwischen EU-Parlament, der EU-Kommission und den Agrarministern der Mitgliedsstaaten. Wann es einen erneuten Anlauf für die EU-Agrarreform gibt, ist derzeit ungewiss.

„Es geht darum, wie in den nächsten sieben Jahren über 300 Milliarden Euro in der EU verteilt werden. Seit drei Jahren arbeiten wir daran“, erklärt der Südtiroler EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann die Brisanz des Themas. Dorfmann hatte für die Europäische Volkspartei an den Verhandlungen mit den Agrarministern teilgenommen.

Er sagt zu den geplatzten Verhandlungen: „Wir mussten feststellen, dass für ein paar Mitgliedsstaaten die beste Reform jene wäre, nichts zu ändern. Alle wollten Ausnahmen, damit man weitermachen kann wie bisher. Das ist für das EU-Parlament, das eine klare Mehrheitsposition hat, inakzeptabel.“

Dorfmann nennt einige wichtige Punkte, bei denen man sich nicht einigen konnte: „Wir wollten etwa, dass 30 Prozent der sogenannten Direktförderungen für Umweltmaßnahmen ausgegeben werden. Die Mitgliedsstaaten sagten anfangs 20 Prozent und letzte Woche plötzlich 18 Prozent. Weiters wollten wir eine verpflichtende Umverteilung von großen zu kleinen Betrieben im Ausmaß von zehn Prozent. Das haben die Staaten akzeptiert, sie wollen aber ein Opt-out: Wer beweisen kann, dass die Umsetzung schwierig ist, müsste es demnach nicht tun. Aber dann macht es keinen Sinn, wenn am Ende jeder alles beibehält wie bisher.“

Ein weiteres brisantes Thema ist die Angleichung der sogenannten Zahlungsansprüche pro Hektar Fläche, die heute unterschiedlich hoch sind: „In Italien haben wir die absurde Situation, dass die Zahlungsansprüche pro Hektar zwischen 50 und 10.000 Euro wert sind. Das ist vollständig anzugleichen, aber die Mitgliedsstaaten wollen nur relativ geringfügige Anpassungen.“

Für Südtirol sind diese unterschiedlich hohen Zahlungsansprüche besonders relevant. In den letzten Jahren wurden immer wieder Almen an Großbauern aus der Poebene verpachtet, die dafür hohe EU-Zahlungen kassierten. „Es hat sich in den letzten Jahren zwar einiges verbessert und die Südtiroler Bauern sind bei den Zahlungsansprüchen nicht mehr so weit vom nationalen Durchschnitt entfernt, aber solange es in anderen Gebieten noch sehr wertvolle Zahlungsansprüche gibt, bleibt es für die Inhaber weiter interessant, Almen zu

pachten und die Ansprüche geltend zu machen. Das ist eine legale Sauerei“, sagt Herbert Dorfmann.

„Insgesamt hat es eine Reihe von Punkten gegeben, wo wir gesagt haben: So hat es keinen Sinn. Deshalb haben wir die Verhandlungen vorerst in die Luft gehen lassen“, fasst Dorfmann zusammen.

Der SVP-Politiker hofft, dass es in den nächsten Wochen und noch vor dem Ende der portugiesischen Ratspräsidentschaft zu einer Einigung über die Agrarreform kommt. Danach werde es aufgrund der politischen Kräfteverhältnisse immer schwieriger. Die Agrarminister und das EU-Parlament würden derzeit ihre Positionen neu abstimmen und auf einen Kompromiss hinarbeiten.

Wird Südtirol in den nächsten Jahren eher mehr oder weniger Agrar-Fördergelder erhalten?

„Diese Reform wäre für uns positiv – so wie jede Reform der letzten Jahre. Denn die Politik hat sich zunehmend hin zu Flächenprämien und der Unterstützung schwieriger Gebiete entwickelt. Das war gut für uns“, sagt Herbert Dorfmann.

Vorteilhaft sei auch die Ausrichtung hin zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit: „Wir haben diesbezüglich gute Karten, zusätzlich Geld auf unsere Seite zu holen. Denn wir sind in Sachen Nachhaltigkeit im Gegensatz zu anderen Gebieten schon auf einem guten Weg.“

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