Weiße Wochen
Auf den Bergen liegt immer noch sehr viel Schnee. Mancherorts so viel, dass die Hüttenwirte darüber nachdenken, den Start in die Sommersaison nach hinten zu verschieben.
von Silke Hinterwaldner
Much Weissteiner war nun schon beinahe jedes Wochenende oben auf der Edelrauthütte. Und dort war es nicht alleine: Sehr viele Skitourengeher suchen ein bisschen Entspannung in der Natur, die sportliche Herausforderung und das Abenteuer mit Freunden. Erfreulich aus ihrer Sicht ist dabei, dass es oben in den Bergen noch mehr als genügend Schnee gibt. Derzeit ist es auch noch kein Problem mit den Skiern bis zum Stausee abzufahren.
„Es liegt noch praktisch flächendeckend Schnee“, sagt Hüttenwirt Much Weissteiner, „man sieht kaum Felsen herausregen.“ Rund um die Hütte, sagt er, ist die Schneedecke drei, vier Meter hoch. Dort, wo Lawinen abgegangen sind, liegen auch schon bis zu zehn Meter. Hinzu kommt, dass es in diesem Frühjahr gar nicht aufhören will zu schneien. Immer wieder, sagt der Hüttenwirt, kommen einige Zentimeter Schnee hinzu. „Bis vor kurzem“, so Weissteiner, „haben wir das Wasserreservoir sehen können. Jetzt liegt wieder Schnee drauf.“ Das bedeutet auch, dass es auf der Edelrauthütte noch kein Trinkwasser gibt. Dieser Umstand ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass der Zugang zuerst freigeschaufelt werden muss. Voraussetzung für fließendes Wasser sind Temperaturen über null Grad Celsius auf einer Höhe von 3.000 Metern. Und davon ist man im Moment noch weit entfernt.
Much Weissteiner fühlt sich heuer sehr stark an den schwierigen Start in die Sommersaison vor zwei Jahren erinnert. Auch damals hat es im Frühjahr immer wieder viel geschneit, sodass stellenweise meterdick Schnee lag, auch noch zu einem Zeitpunkt, an dem die ersten Schutzhütten bereits eröffnen sollten. In der Edelrauthütte plant man momentan einen normalen Start in den Sommer. Das heißt: Sie sollte ab 12. Juni für Besucher geöffnet sein. Aber dieser Termin ist nicht in Stein gemeißelt, der Hüttenwirt zieht jetzt schon in Erwägung mit der Eröffnung eine weitere Woche zuzuwarten, eben weil derzeit so viel Schnee liegt.
Aber auch andere Hüttenwirte müssen sich mittlerweile mit dem Gedanken anfreunden, dass ihr Plan heuer nicht aufgehen könnte: Weil viel Schnee liegt, denkt man vor allem in Hütten, die normalerweise bereits Anfang Juni öffnen, laut über eine Verschiebung des Termins nach.
Roland Gruber ist ein erfahrener Hüttenwirt. Er sperrt normalerweise seine Chemnitzer Hütte für die Besucher Mitte Juni auf, aber ob es einige Wochen vor diesem Termin weniger oder mehr Schnee gibt, macht ihn schon lange nicht mehr nervös. Am Joch oben, wo die Chemnitzer Hütte steht, verwehrt der Wind schnell den Schnee, aber in den Mulden rundherum liegen noch drei, vier Meter Schnee. Das war im letzten Jahr anders, da war es warm, es lag zur selben Zeit fast gar kein Schnee mehr. „Aber sobald auch die Nächte im Juni wärmer werden“, sagt Roland Gruber, „verschwindet der viele Schnee ganz von alleine.“ Vor allem setzt er darauf, dass die Menschen nun wieder große Lust verspüren, die Berge zu erleben. Sie wollen hinaus in die Natur, si wollen Freiheit spüren. Das geht in den Bergen am besten. „Wir freuen uns schon auf den Sommer“, sagt Roland Gruber.
Auch Margit Ainhauser denkt in diesen Tagen an ihre Hütte. Sie bewirtschaftet nun im dritten Jahr die neue Schwarzensteinhütte. Dabei bedauert sie sehr bisher noch keine Wintersaison am Berg erlebt zu haben. Normalerweise macht die Schwarzensteinhütte im zeitigen Frühjahr für die Skitourengeher auf, aber sowohl 2020 als 2021 ist diese Wintersaison coronabedingt ausgefallen. So konzentriert sich Margit Ainhauser jetzt eben auf den Sommer. Sie möchte am 20. Juni aufmachen, „wenn es passt“. „Das Wetter ist, wie es ist“, sagt sie, „das kann man nicht ändern.“ Viel mehr beschäftigt sie jedes Jahr die Frage, ob das Trinkwasser fließt, aber letztendlich klappt es dann doch immer irgendwie. Sie blickt recht zuversichtlich dem Sommer entgegen – Corona hin oder her. „Unsere neue Hütte lockt immer noch sehr viele Besucher an“, sagt Margit Ainhauser, „es kommen auch Stammgäste und Familien mit Kindern, die ziemlich fit sind. Das ist schön.“
Auch wenn es im Sommer aufgrund der Pandemie noch Einschränkungen geben wird, so sind doch alle Hüttenwirte überzeugt, dass man die Situation wie im letzten Sommer gut meistern kann. Mit etwas gutem Willen. Und der Überzeugung, dass das Leben am Berg nach anderen Maßstäben funktioniert, dorthin kommen ohnehin nur Menschen, die gesund sind.
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