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Der Ötzi-Poker

Ötzi Rekonstruktion (Foto: Südtiroler Archäologiemuseum)

Der Bozner Stadtrat wird sich am Donnerstag mit der Ötzi-Studie befassen. Das Ex-INA-Gebäude ist sein Favorit, doch es gibt auch andere Stimmen.

von Thomas Vikoler

„Wir wollten die Stadtverwaltung vor und nicht nach unserer Entscheidung um ihre Meinung fragen“. So begründete Landeshauptmann Arno Kompatscher am Dienstagnachmittag die Entscheidung der Landesregierung, den Tagesordnungspunkt zum Archäologiemuseum zu vertagen.

Ein nachvollziehbarer Schritt, nachdem es sich um ein vornehmlich Bozner Thema handelt. Wie umkämpft es ist, zeigte sich am Dienstagabend bei einer aktuellen Debatte im Gemeinderat. Dort wurde zuallererst beklagt, dass der Gemeinderat in den Entscheidungsprozess gar nicht eingebunden werde.

Und tatsächlich: Am Donnerstag wird der Stadtrat zu einer eigenen Sitzung zusammentreffen, um sich vom Paduaner Institut Sinloc die am 26. April vorgelegte Studie erklären zu lassen. Jene Studie, die das Ex-ENEL-Gebäude in der Dantestraße zum idealsten Standort für ein neues Archäologie-Museum auserkoren hatte.

„Jedes Mitglied des Stadtrates sollte das Ergebnis der Studie auf sein Gebiet umlegen“, sagt SVP-Vizebürgermeister Luis Walcher, „danach werden wir gemeinsam ein Gutachten erstellen.“

Im Stadtrat hat sich bereits jetzt die Meinung durchgesetzt, dass das Ex-ENEL-Gebäude nicht die Ideallösung ist. Wegen seiner etwas peripheren Lage zum Stadtzentrum und der ungünstigen Verkehrssituation halten es einige sogar für die schlechteste der fünf von Sinloc gereihten Optionen. Bürgermeister Renzo Caramaschi hat am Montag nach dem Stadtrat offen ausgesprochen, dass er das Ex-INA-Gebäude an der Talferbrücke für geeigneter hält. Auch weil die Stadt heuer mit dem Bau einer Tiefgarage am nahen Siegesplatz beginnen will – und das Publikumsmagnet Ötzi so auf die Neustadt ausstrahlen könnte.

Bei der SVP gibt man sich derzeit zurückhaltend. Für sie ist wichtig, dass Ötzi nicht auf den Virgl kommt. Das Projekt von René Benkos Signa Holding ist in der Wertung auf Platz vier gereiht. Hinter Ex-ENEL, dem Gefängnis und dem Ex-INA-Gebäude.

Innerhalb der Regierungsmehrheit gibt es aber durchaus abweichende Positionen: Gemeinderatsvizepräsident Stephan Konder (SVP) bekräftigte bei der Debatte seinen Vorschlag, das Archäologiemuseum im Museum für Moderne Kunst (Museion) in der Dantestraße unterzubringen: „Die schnellste und kostengünstigste Lösung“, so Konder.

PD-Fraktionssprecher Alessandro Huber äußerste jüngst die Ansicht, dass er lieber aufgrund von konkreten Projekten anstatt einer Studie entscheiden möchte.

Die Ötzi-Studie: Studien-Sieger in roter Farbe

Doch die Entscheidung, welche Position die Gemeinde Bozen in dieser Frage vertritt, trifft nach aktuellem Stand der Stadtrat in den nächsten Wochen.

Benkos Signa gibt sich derzeit abwartend. Auch nach der Veröffentlichung der kompletten Sinloc-Studie auf der Website des Landes. Man werde auf jedem Fall Akteneinsicht verlangen, heißt es. Denn es sei nicht klar, aufgrund welcher Kriterien die Gesprächspartner der Studienersteller ausgesucht worden sind. Und die Studie sei eindeutig zu altstadtfixiert.

Aus den Unterlagen ist jedenfalls ersichtlich, dass die Vertreter des Tourismus, des Handels, die Architekten, die lokalen Verbände und das Amt für Archäologie sich für eine Lage des neuen Archäologiemuseums im Zentrum ausgesprochen haben.

Also gegen Ötzi auf den Virgl. Der Benko-Vorschlag kassierte bei den Punkten Lage und Einbindung den entscheidenden Punkterückstand gegenüber den drei vor ihr klassierten Bewerbern.

Aus der Sinloc-Studie geht auch hervor, dass es die Sparkasse selbst war, die 2019 ihren Hauptsitz als Sitz für das Archäologiemuseum anbot. Die Sparkasse landete abgeschlagen auf Platz fünf der Wertung.

Vorgerechnet wird auch, wie nach einer Standort-Entscheidung der Landesregierung vorgegangen werden könnte: „Für die Grundstücke/Gebäude in Privatbesitz wird nach Rücksprache mit der Landesverwaltung davon ausgegangen, dass die Immobilien, nach entsprechender Anerkennung als Orte von öffentlichem, übergemeindlichem Interesse, durch einvernehmliche Enteignung oder Enteignung erworben werden. Insgesamt wird bei einvernehmlicher Enteignung eine Verfahrensdauer von einem Jahr und im Fall der Enteignung von 1,5 Jahren angenommen.“ Dies gelte nicht für das Gefängnis,  das „innerhalb von zwei Jahren verfügbar sein wird.“

Das Ex-ENEL-Gebäude und das Ex-INA-Gebäude gehören bekanntlich dem Unternehmer Pietro Tosolini, der als äußerst harter Verhandler bekannt ist.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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