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„Ist eh wurscht“

Weil sich viele Wirte nicht darum geschert haben, ob ihre Gäste einen gültigen Corona-Pass haben, zieht die Landesregierung andere Saiten auf: Wer nicht kontrolliert, wird bestraft.

Von Matthias Kofler

Im Landtag wundert man sich über die neue, deutlich härtere Gangart der Landesregierung: „Die Corona-Kommunikation ist chaotisch und macht jede Planbarkeit für Wirtschaftstreibende zunichte. Die Landesregierung sollte sich langsam mal vorher überlegen, was sie will. Man kann sich auf nichts mehr verlassen, wird aber ständig mit Strafen bedroht“, kritisiert Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit. Freiheitlichen-Obmann Andreas Leiter Reber befindet: „Vom Wirt zum Polizisten per zwei Zeilen – das Dekret wird sich nicht spielen.“ Und der Grillino Diego Nicolini erklärt sich den Meinungswechsel des Landeshauptmanns damit, dass in vielen Lokalen schlichtweg nicht kontrolliert worden sei. „Die Erwartungshaltung war eine andere: Die Landesregierung dachte, dass sich die Lokale nach den langen Wochen der Schließungen auf Anhieb wieder füllen würden. In Wirklichkeit tun sich die Betriebe schwer, auch weil die Touristen fehlen. Es nützt nichts, wenn sich HGV-Präsident Manfred Pinzger täglich in den Medien über die Landesregierung und die Regierung in Rom aufregt. So lange Deutschland nicht aufsperrt, ist da wenig zu machen.“

Bei einem Treffen von LH Arno Kompatscher mit den Fraktionssprechern des Landtags vor anderthalb Wochen warf Leiter Reber die Frage auf, ob die Gastwirte für die Kontrollen des Grünen Passes zuständig seien. Kompatschers Antwort damals war Nein, die Kontrollen würden ausschließlich von den Ordnungskräften durchgeführt, die Wirte müssten die Gäste lediglich informieren. Zumal sie vom rechtlichen Standpunkt auch nicht befugt seien, Einsicht in das Impf- bzw. Genesungszertifikat der Gäste zu nehmen. Es gebe folglich eine Hinweis-, aber keine Kontrollpflicht für die Gastwirte. Kunden, die ohne Pass erwischt würden, müssten mit einer Geldstrafe von 400 Euro rechnen. Die Lokale hingegen müssten erst dann für zehn Tage schließen, wenn die Polizei dort wiederholt Gäste antreffen sollte, welche die Zutrittsvoraussetzungen nicht erfüllen. Das wurde allen Gastronomiebetrieben daraufhin so kommuniziert, wie auch ein Rundschreiben des HGV deutlich macht.

Doch nun hat die Landesregierung einen Kurwechsel eingelegt und bestimmt, dass auch die Wirte Kontrollen durchführen müssen und sogar bestraft werden können. In der neuen Verordnung heißt es: „Die Personen, die Aktivitäten ausüben, die dies vorsehen, müssen sich die besagte Bescheinigung vorzeigen lassen.“ In der Aussendung des Landespresseamts wird präzisiert, dass beide Seiten – sowohl die Betriebe selbst als auch deren Gäste – zur Einhaltung der Regeln verpflichtet sind und bei Nichteinhaltung auch gestraft werden können. Demnach müssen die Gäste den Nachweis mit sich führen. Die Betreiber der Betriebe sind verpflichtet, zu überprüfen, ob die Gäste einen gültigen Corona-Pass haben.

Auf Nachfrage der TAGESZEITUNG erklärt der LH, warum die Landesregierung nun andere Saiten aufziehen musste:

„Ich habe den Fraktionssprechern seinerzeit gesagt, dass die Gastwirte nicht Polizisten spielen werden müssen. Es obliegt den Polizeiorganen, Strafen zu verhängen und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Allerdings ist das dann so interpretiert worden, als ob der Gastwirt überhaupt keine Verantwortung hätte. Leider ist festgestellt worden, dass in vielen Lokalen sogar die Aussage gemacht wurde: ,Ist eh wurscht – tut, was ihr wollt!‘ Das geht natürlich gar nicht. Es sind die Regeln einzuhalten. Dafür hat der Wirt insofern zu sorgen, dass er ganz klar darauf hinweist und auch schaut, dass die Regeln eingehalten werden.“

Die neue Regelung ist für beide Seiten klarer, weil sowohl der Gast als auch der Wirt expressis verbis zur Einhaltung verpflichtet werden. Knoll und Co. fragen sich aber, ob der Wirt überhaupt dazu berechtigt ist, derartige Pass-Kontrollen durchzuführen.

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