„Es gibt noch kein Wundermittel“
Bernd Gänsbacher: Es ist überraschend wie wenig neue Medikamente gegen das SARS-Cov-2 Coronavirus sich in den letzten sechs Monaten als erfolgreich herausgestellt haben. Wenn man die Therapierichtlinien der CDC (Center for Disease Control), der Gruppe, nach der sich die meisten richten, anschaut gibt es erstaunlich wenig Medikamente, die man mit gesichertem Effekt einsetzen kann.
Welche Medikamente sind das?
Bei Patienten, die mit dem Virus infiziert sind und nicht ins Krankenhaus müssen, unterscheidet man zwischen jenen, die asymptomatisch sind und jenen, die Symptome wie Gelenkschmerzen, Fieber oder Atemnot entwickeln, die in absehbarer Zeit ins Krankenhaus kommen könnten. Bei Letzteren kann man als erstes Medikament monoklonale Antikörper einsetzen. Es gibt eindeutige Beweise, dass diese im Anfangsstadium Krankheitsverläufe mildern und abkürzen. Wenn jemand aufgenommen wird, aber keinen Sauerstoff braucht, kann man ihm Remdesivir geben. Sobald sich der Zustand verschlechtert und die Gefahr besteht, dass die Patienten auf die Intensivstation müssen, kann man dazu noch Dexamethason nehmen. Im schlimmsten Stadium kann man Tocilizumab dazugeben. Das ist alles, was wir im Medikamenten-Armamentarium haben, das über klinische Studien als effektive Medikamente von Experten anerkannt ist.
Was ist mit dem Asthma-Spray Budesonid? Dieses wurde sogar von Karl Lauterbach als wirksam eingestuft.
Dieses Spray wird meist im Anfangsstadium verwendet werden, sobald die ersten Symptome auftreten. Das führt aber auch nur dazu, dass der Patient einige Tage weniger Symptome hat. Budesonid gehört zu den Kortikosteroiden, wie Dexamethason, es ist also nicht überraschend, dass es die Symptome lindert.
Ein Wundermittel gibt es also noch nicht?
Wir sind von einem Wundermittel noch weit weg.
In Tirol wurde nun ein Mundspray entwickelt, von dem die Universität Innsbruck sagt, dass es 100 Prozent der Viren abtötet. Sind solche Mittel vielversprechend?
Bei solchen Meldungen gilt es aufzupassen. Sobald ein Krankenhaus publiziert, dass es ein Mittel gegen Corona gibt, muss man verstehen, dass Eigeninteressen bei der Publikation eine Rolle spielen. Akzeptiert werden die klinischen Studien erst dann, wenn sie in Vergleichsstudien angewandt werden und gezeigt wird, dass es der therapierten Gruppe besser geht. Wenn das Medikament wirklich wirkt, dann werden andere Universitäten diese Ergebnisse bestätigen. Im Fall des Mundsprays in Tirol handelt es sich nicht um eine Überraschung. Man weiß seit Jahren, dass auch andere Präparate wie Jod-haltige Mundspülungen oder Chlorhexidin Viren im Mund abtöten.
Sind solche Meldungen also unseriös?
Nein, aber meistens sind Eigeninteressen dahinter. Wenn bei einer kleinen Studie 30 Personen das Medikament einnehmen und sich bei allen die Virusmenge im Mund verringert hat, dann mag das zwar stimmen. Aber wenn nicht über schon vorhandene Mittel gesprochen wird, erscheint es wie eine Neuigkeit. In Wirklichkeit ist es eine Möglichkeit von vielen, Mundspülungen zu machen. Außerdem bedeutet es nicht viel, wenn im Mund Viren abgetötet werden, schließlich macht das Virus in den Organen die Probleme.
Handelt es sich hierbei um ein Mittel, das präventiv verwendet werden könnte?
Wenn man glaubt, dass man dem Virus ausgesetzt war, könnte man es verwenden, aber selbst dann ist es nicht sicher, dass es vor einer Infektion schützt. Nur wenn ich das Spray oder die Mundspülung genau in dem Moment verwende, in dem ich infiziert wurde, kann die Virusmenge so verringert werden, dass vielleicht keine erfolgreiche Infektion stattfindet. Ob das die Infektion verhindert, da habe ich aber meine Zweifel.
Warum hat sich in den letzten Monaten in diesem Bereich so wenig getan?
Weil die Natur unheimlich komplex ist. Alles was die Natur in Millionen Jahre geschaffen hat, hat eine unheimliche Komplexität erreicht: Wenn man gegen das Virus etwas tun will, muss man in seine Genfunktionen eingreifen und eine Funktion blockieren oder so verändern, dass es nicht mehr weiterleben kann. Es ist aber wahnsinnig schwierig herauszufinden, welche Funktion die Gene haben, ein Molekül zu finden, das ein Genprodukt bindet oder ein Präparat zu finden, dass nur das Virus und nicht die menschliche Zelle beeinflusst. Das Virus hat schließlich die gleiche Erbsubstanz wie der Mensch.
Es ist also schwierig, ein Medikament zu finden?
Schwierig, aber nicht unmöglich. Für das HIV gibt es bis heute keine Impfung, aber man hat eine Mischung aus drei Medikamente gefunden, die drei Genfunktionen blockieren. Diese erlauben dem HIV-Infizierten ein Leben mit normaler Lebenserwartung.
Wie wahrscheinlich ist es, dass für das Coronavirus eine ähnliche Lösung gefunden wird?
Beim Coronavirus legt man am meisten Gewicht auf Medikamente, die die RNA-Polymerase, die Kopiermaschine des Virus, blockieren. Wie wir wissen, gelangt das Virus über den ACE2-Rezeptor der Schleimhautzelle in den Körper des Menschen und beginnt mit einer unheimlichen Geschwindigkeit Kopien von sich selbst zu machen. Das Remdesivir ist ein Medikament, das ein falscher Baustein für das Adenin ist und nach dem Einbau die Polymerase blockiert. Medikamente, die ähnliches machen, werden derzeit untersucht. Bisher wurde aber nur Remdesivir als effektiv eingestuft, aber auch das nur mit mäßigem Erfolg.
Werden diese Medikamente auch in Südtirol verwendet?
Die meisten schon. Monoklonale Antikörper sind zwar recht teuer, aber zugelassen sind alle Medikamente, die eingangs genannt wurden.
Ist die Impfung also nach wie vor das einzige Mittel, das die Pandemie beenden kann?
Die Medikamentenentwicklung im letzten Jahr ist enttäuschend verlaufen. Es wurde nur wenig Neues gefunden und selbst zugelassene Medikamente haben nur eine mäßige Wirkung. Das zeigt, wie immens schwierig es ist, in die Natur einzugreifen, in der ein Virus über Millionen von Jahren gelernt hat, zu überleben. Die beste und einzige Waffe, um das Virus zu kontrollieren, ist zurzeit die Impfung.
Interview: Markus Rufin
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Kommentare (32)
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leser
Ooh gänsbacher ich bin so froh dass es dich gibt
Bitte bitte mach dass ich duch bei den nächsten wahlen ankreuzen kann
Wir brauchen einen gesundheitsminister wie dich , sonst geht die menschheit, was sag ich denn, sonst stirbt der tiroler aus
sigo70
Gibt es überhaupt ein Interesse an Medikamenten? Ich hör immer nur alle impfen beendet die Pandemie. Tägliches gurggeln wäre wohl zu einfach. Diesbezüglich gibt es viele Erfahrungen von Zahnärzten. Eigentlich komisch, dass diese Maßnahme keine Beachtung findet.
leser
Sigo70
Führe ein normales leben und du brauchst keine impfstoffe
olle3xgscheid
Ganz einfach, wirksames Medikament, Ende der Geldquelle, ob HIV oder sonst was….
george
Die meisten, die hier schreiben, sind auch nur Quassler, die nur negativ kritisieren können und deren Aussagen man gleich schon wieder streichen könnte.
prof
@leser
Die Betitelung Gänserich kann wohl nur von einer sehr intelligenten Person kommen.
@alsobi auch eine sehr intelligente Person.
leser
Prof
Über intelligenz kann man streiten
Mir geht es eigentluch darum , dass solche leute wie du verstehen , dass gänsbacher meint, nur weil er die medikamente beim namen kennt und meint er müsse das volk darum belehren
Viren wird es geben, die hat es seid milliarden von jahren gegeben und die gibts weitere milliarden jahre
Nur weil gänsbacher jetzt in pension geschickt wurde, muss er sich nicht berufen fûhlen die menschen durch seine fantasien zu retten
Wenn er in seiner arbeitsepoche dazu zu wenig beigetragen oder nicht geschafft hat sollte er es auch jetzt nicht tun
Und ich bin beileibe kein impfgegner
andreas
Gänsbacher wird nicht mal mehr lokal großartig gehört, national oder international sowieso nicht.
Ich denke mal in 2 Wochen steht er auf dem Dorfplatz von Sarnthein vor seinen letzten Anhängern und verkündet seine Botschaft.
prof
@andreas
Normalerweise sind deine Kommentare gut, aber mit deinem Kommentar über Gänsbacher ( Prof. lasse ich absichtlich weg) hast du doch ziemlich über das Ziel hinaus geschossen.