Ja, aber …
Warum sich die Opposition in der Debatte um den Südtiroler Corona-Pass so schwer tut, eine klare Haltung einzunehmen.
von Matthias Kofler
De Opposition befindet sich in keiner leichten Situation: Bislang hat es die Landesregierung verabsäumt, ein fertiges Konzept zum Corona-Pass vorzulegen. Die Abgeordneten entnehmen ihre Infos fast ausschließlich aus den Medien. Eine parlamentarische Auseinandersetzung ist von Arno Kompatscher und Co. nicht gewünscht. Für die „Kleinen“ im Landtag ist es daher schwierig, sich eine klare Meinung zu bilden. Erschwerend kommt hinzu, dass der HGV das Projekt begrüßt hat. Die Opposition läuft Gefahr, von den Gastwirten als „Spielverderber“ wahrgenommen zu werden, wenn sie lautstark Kritik übt. Dabei hat der Pass unter den Gastwirten beileibe keinen so guten Ruf, wie es HGV-Chef Manfred Pinzger darzustellen versucht. Viele beanstanden den Mehraufwand, etwa durch die Kontrollen.
Der einzige Oppositionelle, der voll auf Angriff geschaltet hat, ist Andreas Leiter Reber. „Wir sind gelbe Zone und deshalb soll die Gastronomie auch wie bisher unter Einhaltung der AHA-Regeln wieder öffnen dürfen“, fordert der Freiheitlichen-Obmann und setzt einen Nadelstich in Richtung der Mehrheitspartei: „Während autonomiepolitisch in Bozen und Rom alles schläft und wichtige Entwürfe zum Autonomieausbau seit Jahren auf Eis liegen, werden Arno Kompatscher und Julia Unterberger plötzlich mutig, wenn‘s ums Schikanieren der eigenen Bevölkerung geht.“ Der Corona-Pass führe zu einer Ungleichbehandlung ganzer Kategorien: „Während einige große Südtiroler Hotels bereits samt Hotelbar offen haben, sich ausländische Gäste nur bei Einreise testen lassen müssen und Südtiroler Gäste überhaupt nicht, sollen Gäste der Gastronomie einen aktuellen Test vorzeigen müssen. Anstatt sich als Gastronomie und Gesellschaft gegen diese Schikane zu wehren, werden bereits Stimmen laut, die den Corona-Pass in Konsequenz auch für den Einkauf im Supermarkt oder der Dorfmetzgerei und für alle Tätigkeiten in Innenräumen verlangen“, weiß Leiter Reber.
Nicht so scharf, aber durchaus kritisch äußern sich die Grünen. Der Pass verspreche eine Rückkehr zur Normalität. „Das unterstützen wir“, heißt es. Er dürfe aber auf keinen Fall diskriminieren oder benachteiligen, weil Impfstoff oder digitaler Zugang fehle. Sprecher Felix von Wohlgemuth weist auf einen weiteren Aspekt hin: „Anstatt über Rom zu schimpfen, sollte man den Leuten erklären, dass Schnelltests kein Allheilmittel in der Pandemiebekämpfung sind und vorsichtig eingesetzt werden müssen. Fast die Hälfte der Infizierten wird mit diesen Tests nicht erkannt, deswegen sollten diese auch in kürzeren Abständen wiederholt werden. Eine 4-Tage-Gültigkeit eines negativen Antigen-Schnelltests ist viel zu lang und gibt den Menschen eine falsche Sicherheit.“ Der Grüne ist überzeugt: „Besser als jetzt auf Konfrontation zu gehen und auf Biegen und Brechen eine Provinzlösung durchzudrücken, die schon morgen wieder von einer gesamtstaatlichen bzw. europäischen Lösung geändert wird, wäre es, den Betrieben unbürokratisch und kostenlos öffentliche Flächen für mehr Tische zur Verfügung zu stellen. Damit wäre den Bars und Restaurants schnell und effektiv geholfen.“
Ein Pass-Befürworter ist der Grillino Diego Nicolini. Er meint: „Im Sinne des Pragmatismus würde ich sagen, dass der Südtiroler Pass Sinn macht.“ Viele Betriebe, die keinen Außenbereich haben, seien froh um diese Möglichkeit. Die bisherigen Sonderwege seien zwar nicht gerade von Erfolg gekrönt gewesen, aber dieses Mal würden die Vorteile eindeutig die Nachteile überwiegen. „Es wird aus epidemiologischer Sicht kein höheres Risiko eingegangen, im Gegenteil. Zudem ermöglicht die Öffnung im Innenbereich ein kostendeckendes Arbeiten für viele Betriebe“, so Nicolini.
Zuspruch kommt auch vom Team K. „Wir sind für den Grünen Pass, wie er in Europa geplant ist“, sagt Paul Köllensperger. Da er sowohl Genesene, als auch Geimpfte und Getestete vorsehe, sei er für jeden verfügbar. „Wir hatten vor einiger Zeit einen Pass vorgeschlagen, auf Gemeindeebene, so wie in Tübingen und anderen Städten“, erinnert Köllensperger. Die Kontrollpflicht sollte aber nicht den Restaurant-, Barbetreibern oder den Kulturstätten auferlegt werden, sondern von den Ordnungskräften erledigt werden. „Das alles sind Übergangslösungen, um schneller in relativer Sicherheit öffnen zu können. Sobald ein ausreichender Teil der Bevölkerung und die Risikogruppen geimpft sind, darf kein einziges Freiheitsrecht beschränkt bleiben“, so der Team-K-Chef.
Die FI-Kammerabgeordnete Michaela Biancofiore widerspricht indes ihrer Parteikollegin Mariastella Gelmini: Der Südtiroler Pass sei ein Modellprojekt, das auf ganz Italien ausgedehnt werden sollte.
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