Clown Time
Ab 24. April zeigt die Stiftung Haydn mit Clown Time von Abbondanza/Bertoni einen ersten Vorgeschmack auf das diesjährige Opernprogramm, deren eigentlicher Start wegen der Coronapandemie noch warten muss.
Clown Time ist das Siegerprojekt des Musiktheaterwettbewerbs Fringe und wurde von der Compagnia Abbondanza/Bertoni nun eigens für ein Videostreaming adaptiert. Das Musiktheaterstück bleibt bis Juni 2021 auf den Kanälen YouTube, Facebook und Vimeo der Stiftung Haydn zu sehen.
„Die Opernsaison 2020 wurde abrupt beendet, noch bevor sie eigentlich so richtig begonnen hatte und auch 2021 ist für die gesamte Kulturbranche ein schwieriges Jahr,“ sagt Matthias Lozek, der künstlerische Leiter der Opernsaison, „doch wir lassen uns nicht entmutigen. Dass wir mit Clown Time ausgerechnet mit einem Projekt aus dem Musiktheaterwettbewerb Fringe die neue Saison beginnen oder zumindest einen Vorgeschmack darauf bieten, ist kein Zufall, sondern Ausdruck unserer Zuversicht mit der wir in die Zukunft zu blicken. Natürlich hoffen wir, für unser Publikum schon bald auch im Theatersaal wieder spielen zu dürfen. Im Rahmen der Opernsaison haben wir in Bozen und Trient in den vergangenen Jahren viele Geschichten erzählt, Geschichten von der Liebe, vom Leben, von kleinen und großen Leidenschaften, und eines steht fest: Wir wollen das auch weiterhin tun.“
In Clown Time setzt sich die Compagnia Abbondanza/Bertoni aus Rovereto mit dem Tanz- und Musiktheater auseinander und arbeitet sich gemeinsam mit dem Musiker Marco Dalpane, den Solisten des Haydn-Orchesters und dem Elektronik-Duo OoopopoiooO (Vincenzo Vasi und Valeria Sturba) an einer Bearbeitung von Arnold Schönbergs „Kammersinfonie 1, Opus 9“ ab. Michele Abbondanza und Antonella Bertoni zeichnen für das Projekt, Dramaturgie, Choreografie und Bühnenbild verantwortlich, die Kostüme hat Nadezhda Simenova entworfen.
Der musikalische Gedanke Arnold Schönbergs trifft auf das visionäre Filmschaffen David Lynchs. Dieser imaginäre Dialog hat seine Wurzeln in einer ähnlichen Herangehensweise der beiden Künstler an Darstellungspraktiken und den Umgang mit dem Unbewussten. Die Compagnia Abbondanza/Bertoni lässt auf der Bühne die Klangwirkung von Orchester und Sängern mit dem Alltag von anthropomorphen Wesen in kommunikativer Leere verschmelzen. Die Entfremdung, das Unvollendete und Ungelöste, das durch diese nicht-sprachliche Sprache erschaffen wird, kann als halluzinierte Metapher über die Unruhe und Beziehungsunfähigkeit des modernen Menschen verstanden werden. Es geht um eine Transformation vom Klang in ein Bild.
„Drei anthropomorphe Wesen halten sich in einem engen Raum auf. Die Handlung ist begrenzt. Es finden surreale Dialoge statt, Applaus und falsches Gelächter sind zu hören, die stark an Lynchs Sitcom Rabbits angelehnt sind. Eine zeitlose Situation. Und auch Arnold Schönbergs stellte in seiner Musik nicht nur die Idee der Harmonie in Frage, sondern veränderte auch das Verständnis und die Wahrnehmung von Zeit, die in der Musik wie in der Welt des Theaters und des Films eine wichtige Grundlage bildet. Wie kein anderer Regisseur spielt David Lynch mit Temporalität: in seinen Filmen verlässt die Zeit ihren linearen Verlauf und verzweigt sich in labyrinthischen Erinnerungs- und Gedächtnisräumen; er löst sich damit vollkommen von einem linearen, sukzessiven Verständnis von Zeit“, erklärt Michele Abbondanza, „unter Wahrung dieser Aspekte ist im letzten Jahr das Musiktheaterstück Clown Time entstanden. Die Adaption für das Videostreaming bot uns die Gelegenheit, das Stück nochmals neu zu denken. Zur vierten Wand des Theaters gesellen sich die vielen Augen der Kameras und neue technisch-dramaturgische Möglichkeiten. Mit ein paar wenigen Eingriffen in die Dramaturgie und ohne dabei das Wesen des Stücks zu verändern, ist es Antonella und mir gelungen alles zu verändern, damit alles gleichbleibt.“
Clown Time online vom 24. April-30. Juni auf den Videoplattformen der Stiftung Haydn:
https://www.youtube.com/channel/UC8xun5tip3LqC8Hs-hnSi3w/videos
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