Tests nur freiwillig?
Aufgrund einiger Zweifel zur geplanten Testpflicht in den Betrieben werden die Nasenflügeltests wohl doch nur auf freiwilliger Basis eingesetzt.
von Heinrich Schwarz
Ab Mitte April soll sich jeder Beschäftigte in Südtirol zweimal pro Woche testen lassen müssen. Für diesen politischen Vorschlag hat sich die Landesregierung letzte Woche die grundsätzliche Zustimmung der Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften abgeholt. Die Sicherheitsprotokolle sollen entsprechend angepasst werden.
Durch diese massive Testoffensive, bei der vorwiegend die neuen Nasenflügeltests eingesetzt werden sollen, sollen weitere Öffnungen möglich und neuerliche Schließungen verhindert werden.
Zuletzt sind allerdings zunehmend Zweifel an der Testpflicht aufgekommen, hauptsächlich vonseiten der Gewerkschaften. Aus diesem Grund fand diese Woche erneut eine Videokonferenz der Sozialpartner statt. Dabei gab es zwar wiederum einen grundsätzlichen Konsens, gemeinsam an einer neuen Testoffensive zu arbeiten. Allerdings wurde deutlich, dass das Vorhaben wohl nicht so umgesetzt werden kann wie geplant.
„Zur Testverpflichtung und zur Umsetzung gibt es leider einige rechtliche Schwierigkeiten, die nicht so einfach aus dem Weg geräumt werden können“, bringt es Dieter Mayr, Vizegeneralsekretär der Gewerkschaft SGB-Cisl, auf den Punkt.
Die Details wird nun eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Land, Sanitätsbetrieb, Wirtschaft und Gewerkschaften klären und in ein gemeinsames Dokument einarbeiten.
Wo liegen die Probleme:
Zur Testpflicht an sich – sprich dass eine Testverweigerung Konsequenzen wie unbezahlten Urlaub hat – gibt es (arbeits)rechtliche Zweifel. „Obwohl sich alle relativ einig sind, dass eine Pflicht notwendig wäre, ist sie womöglich überhaupt nicht umsetzbar, weil die rechtlichen Grundlagen fehlen. Es kommen Persönlichkeitsrechte, das Arbeiterstatut und auch die Privacy ins Spiel, was es schwierig macht, in den Sicherheitsprotokollen eine Testpflicht schriftlich festzuhalten, die Anfechtungen standhält“, sagt Dieter Mayr.
ASGB-Chef Tony Tschenett bestätigt: „Es gibt arbeitsrechtliche Zweifel, ob man Mitarbeiter zum Test verpflichten kann.“ Er kommt zum Schluss: „Das Testen ist nur auf freiwilliger Basis möglich. Zwingen kann man sicher niemanden.“
Dieter Mayr glaubt ebenfalls, dass es auf freiwillige Tests in den Betrieben hinauslaufen wird: „Man wird versuchen, möglichst alle mit einzubinden, aber eine komplette Pflicht wird nicht machbar sein.“
Zu den größten Verfechtern einer ausnahmslosen Testpflicht in der Arbeitswelt gehören der Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) und der Handels- und Dienstleistungsverband (hds) – also die Sektoren, die von Schließungen zuerst betroffen sind und deshalb am meisten leiden.
So sagt etwa hds-Präsident Philipp Moser klar und deutlich: „Auf freiwilliger Basis funktioniert es nicht. Nur wenn alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer getestet werden, können wir weiter aufsperren, ohne dass die Infektionszahlen wieder nach oben gehen. Ansonsten sind wir in drei Wochen wieder geschlossen. Das können wir uns nicht leisten.“
Ein zweites großes Problem ist die praktische Umsetzung der Massentests in den Betrieben. „Im Gegensatz zu Österreich und Deutschland können die Nasenflügeltests in Italien nicht allein durchgeführt werden, sondern nur in Anwesenheit von geschultem Personal, damit die Tests eine Validität haben“, erklärt Gewerkschafter Dieter Mayr.
Sein Kollege Tony Tschenett fügt hinzu: „Die Nasenflügeltests können also aus rechtlicher Sicht nicht daheim durchgeführt werden. Es muss eine Aufsichtsperson dabei sein – etwa ein Krankenpfleger, ein Arzt oder ein Apotheker –, die die Tests vornimmt. Gerade für Südtirols kleinstrukturierte Betriebe ist das nicht so einfach wie einige meinen.“
Der ASGB-Vorsitzende schlägt als mögliche Alternative zu den Tests in den Betrieben vor, die Teststraßen im ganzen Land auszuweiten und dort die angekauften Nasenflügeltests einzusetzen.
Ein Thema war bei der Videokonferenz auch die Krankschreibung im Falle eines positiven Nasenflügeltests, nachdem es hierzu einige Bedenken gibt. Für die Gewerkschaften ist es unbedingt notwendig, dass die positiv Getesteten sofort bis zum bestätigenden Antigen- oder PCR-Test krankgeschrieben und nicht in Urlaub geschickt werden.
Seitens des Sanitätsbetriebes hieß es erneut, dass dieses Thema geklärt sei. Demnach könne der Arzt in Erwartung des Folgetests eine Krankschreibung vornehmen. Die Bedenken sind damit aber nicht ausgeräumt. „Es hängt vom Arzt ab, ob er krankschreibt oder nicht – und einige Ärzte halten vom Nasenflügeltest nicht allzu viel“, betont Tony Tschenett. In Vergangenheit habe es bereits Schwierigkeiten mit einigen Ärzten gegeben.
Nicht definitiv geklärt ist unter anderem auch die Frage, wer die Kosten für die Tests übernimmt.
Tschenetts Fazit von der Sitzung der Sozialpartner: „Aufgeworfene Fragen wurden teilweise beantwortet und sind teilweise noch offen. Die Arbeitsgruppe wird nun versuchen, ein Dokument zu erarbeiten.“
Auch Dieter Mayr sagt, man werde nach bestmöglichen Lösungen suchen. Denn es seien sich alle einig, dass die breite Testoffensive sinnvoll und wichtig ist, um in Sicherheit arbeiten zu können. „Sonst laufen wir wirklich Gefahr, in drei Wochen wieder zusperren zu müssen“, so der Vize-Chef des SGB-Cisl. Nur werde eben die Umsetzung schwierig.
Für die nun definitiv eingesetzte Arbeitsgruppe, die von Landes-Generaldirektor Alexander Steiner koordiniert wird, hat die Wirtschaft Andreas Mair (Wirtschaftsring) und Claudio Corrarati (Rete Economia) nominiert. Für die Gewerkschaften werden ASGB-Chef Tony Tschenett und der SGB-Cisl-Vorsitzende Michele Buonerba am (digitalen) Tisch sitzen.
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