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„Sehr unrealistisch“

Bernd Gänsbacher

Bernd Gänsbacher widerspricht dem Sanitätsbetrieb indem er empfiehlt, die Zweitimpfung nicht mit AstraZeneca durchzuführen. Das Interview.

Tageszeitung: Herr Gänsbacher, der Sanitätsbetrieb und die italienische Arzneimittelagentur (AIFA) halten bei der Zweitimpfung an AstraZeneca fest. Sie empfehlen dagegen einen mRNA-Impfstoff. Warum?

Bernd Gänsbacher: Es geht hier um Interpretation von Zahlen. In Deutschland liegt die Inzidenz bei Hirnvenenthrombosen nach der Impfung bei einem in Hunderttausend Fällen, in Holland und Norwegen ist sie sogar höher. Bei gesunden Personen unter 30 ist die Wahrscheinlichkeit, einen schweren gesundheitlichen Schaden durch das Coronavirus davonzutragen, geringer. Das kommt nur in circa einem von 200.000 Fällen vor. Wenn man z.B. also eine Millionen Menschen unter 30 Jahren impft, gibt es zehn Hirnvenenthrombosen, oder fünf schwere Gesundheitsschäden aufgrund der Corona Virus Infektion. Man hat zehn Hirnvenenthrombosen in Kauf genommen, um fünf schwere Covid-Verläufe zu verhindern. Das heißt, fünf Personen haben eine Thrombose, obwohl sie höchstwahrscheinlich keine schweren Probleme mit der Infektion gehabt hätten. Die Nutzen-Risiko-Analyse fällt also eindeutig aus. Diese Risiko Nutzen Analyse ändert sich mit zunehmendem Alter, weil dort die Corona Virus Infektionen viel gefährlicher sind. Ab 60 Jahren fällt diese Analyse klar zugunsten der Impfung aus. Das sind die Berechnungen der Statistiker von der Stiko in Deutschland und der englischen MHRA. Ich trage diese Information nur weiter, diese Berechnungen sind für mich nachvollziehbar und überzeugend.

Viele Gremien haben sich dazu bereits geäußert. AIFA und der Südtiroler Sanitätsbetrieb setzen weiterhin auf AstraZeneca bei der Zweitimpfung, weil es keine Studien dazu gibt, was passiert, wenn man einen mRNA-Impfstoff nimmt…

Beweise dazu, dass sogenannte heterologe Impfansätze, also zuerst einen viralen Impfstoff und anschließend einen mRNA-Impfstoff nimmt, funktionieren, gibt es sehr wohl. Wenn man neue Impfansätze bei z.B. HIV, Ebola und anderen neuartigen Viruserkrankungen testet, werden im Tierexperiment fast immer auch die heterologen Ansätze mitgetestet. Der russische Corona Impfstoff Sputnik V verwendet ja auch zwei verschiedene Impfstoffe. Bei der Erstimpfung verwendet man Ad26, einen adenoviralen Impfstoff vom Serotyp 26 und bei der Zweitimpfung Ad5, den adenoviralen Impfstoff vom Serotyp 5. Das sind also auch zwei verschiedene Impfstoffe bei Erst- und Zweitimpfung. Den Sanitätsbetrieb gilt es aber zu verteidigen. Er muss das tun, was der Staat vorgibt. Leider gibt es in Italien keine Zahlen zu den aufgetretenen Hirnvenenthrombosen nach der Impfung. Selbst ich als Experte finde keine Daten dazu. Gleichzeitig hört man in den italienischen Nachrichten immer wieder von solchen Fällen. Dass die Hirnvenenthrombosen überall auftreten, nur in Italien nicht, ist unrealistisch.

Sie widersprechen aber offen dem Sanitätsbetrieb und der italienischen Arzneimittelagentur. Tragen Sie damit nicht zur Verunsicherung bei?

Ich bin mir dessen schon bewusst. Ich halte mich an das Prinzip von Ross und Reiter. Ich bin nur der Überbringer von wissenschaftlichen Daten. Außerdem haben die Menschen ein Recht auf Informationen. Es handelt sich also nie um meine Meinung, sondern um die Analyse von Zahlen und Daten aus den europäischen Ländern, die von Experten analysiert und ausgewertet wurden. Es handelt sich um Daten, auf die man sich verlassen kann und die ich deshalb nachvollziehen kann.

Lesen Sie das gesamte Interview in der Samstags-Ausgabe der TAGESZEITUNG.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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