Anruf nach dem Mord?
Den Carabinieri liegt nun umfangreiches digitales Material für die Rekonstruktion des Mordes an Laura Perselli und Peter Neumair vor. Hat Benno Neumair nach dem Mord an seinem Vater mit der Mutter telefoniert?
Von Thomas Vikoler
Es war keine große Sache, die Hinterlegung des Informatik-Gutachtens gestern am Bozner Landesgericht. Litiano Piccin, Informatik-Professor an der Universität Bologna, übergab Voruntersuchungsrichterin Carla Scheidle eine Harddisk und einen technischen Bericht.
Dazu gab er die Datenträger zurück, die er in den vergangenen sechs Wochen im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens ausgewertet hatte: Ein Notebook, ein Tablett, ein Navigationsgerät, USB-Sticks und zwei Smartphones der Marke IPhone.
Bis auf ein IPhone, das der Schwester Madè Neumair gehörte, wurden alle Datenträger bei der Beschlagnahme dem tatverdächtigen (und inzwischen geständigen) Benno Neumair zugerechnet.
Eine Diskussion mit Sachverständigen der Verteidigung zur von Piccin angerfertigen Kopie der digitalen Inhalte fand gestern nicht statt. Offenbar ist die Sicherung der Dateien technisch unbestritten.
Denn die eigentliche Arbeit – die Auswertung des kopierten Materials -, die folgt erst jetzt. Die Harddisk des Gutachters aus Bologna wird nun samt technischem Bericht den Carabinieri von Bozen übergeben, welche die Ermittlungen zum Mordfall Perselli/Neumair durchführen.
Sie erwarten sich davon eine genauere Rekonstruktion der Tatumstände, aber auch weitere Beweise zur Ermittlungshypothese, dass beide Morde geplant waren. Benno Neumair hatte im Verhör erklärt, er habe seine Eltern jeweils aus einem (kurzfristigen) Impuls mit einem Kletterseil erdrosselt.
Würde die Planung der Tat nachgewiesen, würde das bei einem Schuldspruch wohl automatisch lebenslängliche Haft bedeuten. Der Nachweis wäre bereits erbracht, wenn in den Such-Anfragen Neumairs im Internet Begriffe wie „Betäubung“ und „Strangulierung“ auftauchen würden. Laut derzeitigem Ermittlungsstand hat Neumair bei einem Zahnarztbesuch vor den Morden am 4. Jänner in einer Praxis ein Betäubungsmittel mitgehen lassen.
Eine andere Frage lässt sich möglicherweise über die genauere Auswertung des Handy-Verkehrs klären: Laut Telefondaten gab es am Nachmittag des 4. Jänner einen eineinhalbminütigen Anruf vom Telefon Laura Persellis auf das IPhone von Benno Neumair. Dieser hatte im Verhör mit der Staatsanwaltschaft vom 1. März erklärt, er habe sich nach dem Mord an seinem Vater im Gang der Wohnung in der Runkelsteienrstraße niedergelegt oder –gesessen. Da habe sein Handy geklingelt. „Möglicherweise habe ich geantwortet“, sagt Neumair im Verhör.
Hat also der 30-Jährige mit seiner Mutter telefoniert, nachdem er den ersten Mord begangenen hat und bevor sie in die Wohnung zurückkehrte? Was haben Sie sich gesagt? Neumair gab außerdem zu Protokoll, dass ihn das Klingeln des Handys sehr erschreckt habe.
Durch die Auswertung der digitalen Datenträger könnte es gelingen, Unstimmigkeiten zwischen den bisherigen Rekonstruktionen der Ermittler und den Aussagen der Geständigen auszuräumen.
Als nächstes wird am Landesgericht das Gutachten des Genetikers Emiliano Giardina zu den Beweisstücken aus der Wohnung, darunter das Kletterseil, und dem Volvo V40 erwartet. Termin ist der 8. April.
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