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„Bringt nur Widerstand“

Foto: lpa

Nach dem Urteil von Belluno: Der Landesverband für Sozialberufe warnt vor Suspendierungen der Mitarbeiter ohne Corona-Impfung – sonst drohe eine Kündigungswelle.

von Markus Rufin

Spätestens seitdem der erste Corona-Impfstoff in Italien zugelassen wurde, wird über eine mögliche Impfpflicht gesprochen. Eine solche könnte nur vom Staat eingeführt werden, doch es gibt auch andere Möglichkeiten, um die Durchimpfungsrate zu steigern.

Jüngstes Beispiel ist ein Urteil aus Belluno. In Seniorenheimen wurden dort zwei Krankenpfleger und acht Mitarbeiter suspendiert, weil sie sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen wollten. Sie erhielten deshalb kein Gehalt mehr und ein Arzt hatte zudem noch erklärt, dass die nicht geimpften Mitarbeiter nicht mehr in den Seniorenwohnheimen arbeiten dürfen. Lassen sie sich innerhalb der nächsten Tage nicht impfen, werden sie ihre Arbeit verlieren.

Die Mitarbeiter haben daraufhin Rekurs eingereicht, der vom Arbeitsgericht Belluno abgelehnt wurde. Die Seniorenheime müssten die Sicherheit der Mitarbeiter und der Bewohner garantieren, dafür sei eine Impfung notwendig.

Es ist ein Urteil, das italienweit für Aufsehen sorgt, weil damit eine indirekte Impfpflicht oder besser gesagt ein Impfzwang durch Betriebe rechtlich möglich ist (siehe Interview mit Karl Zeller). Doch genauso hat dieses Urteil die Impfdebatte erneut angeheizt.

Auch in Südtirol wird nun darüber gesprochen, ob eine solche Maßnahme in den Seniorenwohnheimen sinnvoll ist und welche Auswirkungen diese haben könnte. In den Heimen ist die Impfrate bei den Mitarbeitern nämlich nach wie vor niedrig. Nur 52 Prozent der Mitarbeiter haben sich bisher impfen lassen, auch wenn viele der bereits infizierten Mitarbeiter sich ebenfalls impfen lassen wollen, aber noch warten müssen. Aber zum Vergleich: Bei den Bewohnern liegt die Durchimpfungsrate bei 90 Prozent. Ein deutlicher Unterschied also.

Mit einem Gesetz, das der Landtag beschließen könnte, würde diese Rate in kürzester Zeit nach oben geschraubt werden. Doch ist das der richtige Weg?

Zumindest der Landesverband der Sozialberufe spricht sich deutlich dagegen aus. Dieser hat gestern mit einer Pressemitteilung auf das Urteil reagiert, in der der Verband vor einer Kündigungswelle warnt, wenn ein Impfzwang kommt.

„Wir können nicht über einen Impfzwang sprechen und uns dabei nur auf die Mitarbeiter in den Seniorenwohnheimen konzentrieren“, meint die Geschäftsführerin des Landesverbandes, Marta von Wohlgemuth. Man spreche über den Impfzwang nur in Zusammenhang mit den Seniorenwohnheimen und den Mitarbeitern. Man dürfe einen Impfzwang aber nicht nur für eine Berufsgruppe anwenden.

Von Wohlgemuth stört es, dass man sich immer nur auf die Seniorenheime fokussiere. Das führe nämlich auch zu Ärger bei den Pflegerinnen und Pflegern. Von Wohlgemuth berichtet, dass der Landesverband in den letzten Tagen zahlreiche Mails von Mitgliedern erhielt, die damit gedroht haben, zu kündigen, wenn es so weiter geht.

Das gelte es unbedingt zu vermeiden, so die Geschäftsführerin „Es wird ohnehin immer schwieriger Pflegekräfte zu finden. Wenn man über diese nun auch noch das Damoklesschwert der Suspendierung hängt, wird es zu einer Kündigungswelle bei den Pflegekräften kommen. Wer wird dann das Wohl der Bewohner sicherstellen und garantieren?“

Außerdem verweist von Wohlgemuth darauf, dass nur ein Drittel der pflegebedürftigen Südtiroler in Heimen untergebracht ist. Die restlichen zwei Drittel werden zu Hause betreut. Es sei nicht tragbar, dass man diese Personen nun durch einen Zwang „verbrennt und verprellt“. Besonders nicht in dieser „schwierigen Situation“.

Dass es in den Seniorenwohnheimen viele militante Impfgegner gibt, glaubt von Wohlgemuth nicht: „Neben den Geimpften Mitarbeitern gibt es auch Personen, die bereits erkrankt waren und sich nicht impfen lassen müssen, es gibt Mitarbeiter die Sorgen haben und es gibt nur einige militante Verweigerer.“ Mit einem Impfzwang würden aber deutlich mehr Pflegekräfte ihre Arbeit niederlegen und dann komme es in Südtirol zu einem Pflegenotstand.

Der Landesverband sei der Impfung gegenüber keinesfalls negativ eingestellt, es sei aber eine Tatsache, dass viele Mitarbeiter aufgrund der Diskussion unter Druck gesetzt werden. Daher sei es wichtiger, auf den Dialog zu setzen, zu sensibilisieren und das Gespräch zu suchen. Ein Zwang würde dagegen nur mehr Widerstand erzeugen und vor allem den Impfgegnern in die Karten spielen.

Dabei seien sich die Mitarbeiter der Verantwortung bewusst, erklärt von Wohlgemuth: „Wenn ich im Pflegebereich tätig bin, muss ich die Sicherheit aller anderen garantieren, indem ich die Sorgfaltspflicht einhalte. Nicht geimpfte Mitarbeiter müssen das tun, indem sie weiterhin auf die Hygiene achten, die Abstände einhalten und Maske tragen. Die Impfung ist ein wichtiger Weg, aber nicht der einzige.“

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