Unzurechnungsfähiger Ehemann
Ein Gerichtsgutachten erklärt den Mann, der im Oktober in Bozen seine Ehefrau Silvana De Min tötete, für nicht schuldfähig. Kommt es nun überhaupt zum Prozess?
von Thomas Vikoler
Sergio Francesconi, 82, war nicht zurechnungsfähig, als er am 27. Oktober seine Ehefrau Silvana De Min in der gemeinsamen Bozner Wohnung mit zwei Messerstichen ins Herz tötete. Zu diesem Schluss ist nun der Trentiner Psychiater Eraldo Mancioppi, künftiger Gutachter von Benno Neumair, in seinem Gutachten zum laufenden Beweissicherungsverfahren gekommen. Übereinstimmend ist dieser Befund mit jenen der Sachverständigen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Offenbar wurde beim Täter eine schwere Depression diagnostiziert, wegen der er sich bereits vor der Bluttat in Behandlung befand.
Einig sind sich Gutachter und Sachverständige auch zu jenem Punkt, den Francesconis Verteidiger Nicola Nettis, als „großen Erfolg“ bezeichnet: Dem Bozner Rentner, der seine schwer behinderte Ehefrau über viele Jahre pflegte und der damit verbundenen Belastung offenbar überdrüssig war, wurde keinerlei Gemeingefährlichkeit attestiert. Das heißt, dass die Experten davon ausgehen, dass Francesconi nicht in der Lage wäre, andere Personen zu töten.
Mit dem Eintreffen des Ergebnisses des Amtsgutachtens, das im Beweissicherungsverfahren vorgestellt und diskutiert werden muss, hat die Staatsanwaltschaft beim Voruntersuchungsrichter die Aufhebung des Hausarrests für den Mann beantragt. Francesconi befindet sich nach einer längeren Zeit in der Psychiatrie des Bozner Spitals in einer Pflegeeinrichtung. Wird der Antrag angenommen, ist der Tatverdächtige ein freier Mann.
Offen ist allerdings, ob es angesichts der Einigkeit zur Unzurechnungsfähigkeit überhaupt zu einem Schwurgerichtsprozess zum Mordfall De Min kommt. „Das ist rechtlich ungeklärt, darüber muss die Staatsanwaltschaft entscheiden“, sagt Verteidiger Nettis. Einen Prozess zu führen, dessen Ausgang von vorne herein feststeht (Freispruch wegen Unzurechnungsfähigkeit), mache wenig Sinn. Ein verkürztes Verfahren ist für Mord seit zwei Jahren in der Strafprozessordnung nicht mehr vorgesehen.
Das Ergebnis des Gutachtens könnte dazu beitragen, so der Verteidiger, das die Kinder Francesconis dem Vater die Tat verzeihen.
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