Die letzte Abfahrt
Die Skipisten wurden zwar präpariert, durften aber den gesamten Winter über nicht befahren werden. Eine allerletzte Hoffnung gibt es noch: Am Kronplatz liebäugelt man mit einer Öffnung nach Ostern. Insofern die Coronalage es zulässt.
von Silke Hinterwaldner
Je näher die warmen Frühlingstemperaturen rücken, desto weniger ist vom Winter übrig. Damit verschwindet langsam auch das, was die Pistenarbeiter geschaffen haben – ungenutzt. In den Skigebieten wurde aufwändig Schnee erzeugt, die Pisten wurden präpariert. Den gesamten Winter über war man startklar.
Nur: Es konnte nie gestartet werden. Die Coronalage ließ die gesamte Wintersaison ausfallen. Sehr zum Bedauern nicht nur der Pistenbetreiber, sondern auch der Skifahrer. Denn: Die Schneeverhältnisse waren gut wie selten, die Pisten waren vorbildlich hergerichtet, der große Ansturm an Touristen stand nicht zu erwarten, schlussendlich aber wurde die Wintersaison für alle zum Totalausfall. So etwas ist mit sehr hohen Kosten verbunden. Andrea Del Frari, Direktor im Liftverbund Skirama am Kronplatz rechnet vor: In einem durchschnittlichen Winter werden aus zwei Millionen Kubikmeter Wasser, rund vier Millionen Kubikmeter technischer Schnee erzeugt. Auch heuer im Spätherbst, schließlich rechnete man mit einem Saisonstart Ende November. Dieser wurde dann verschoben auf Mitte Dezember. Dann auf nach Weihnachten. Dann wieder auf Mitte Februar. Irgendwann war klar, dass es nichts mehr wird mit dieser Wintersaison.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Pistenbetreiber aber einen Großteil der Kosten bereits getätigt. Am Beispiel Kronplatz lässt sich zeigen, um wie viel Geld es dabei geht: Ein Kubikmeter technischer Schnee kostet rund drei Euro, insgesamt kommt ein Skigebiet wie der Kronplatz in einem Winter auf zwölf Millionen Euro, die für Schneeerzeugung ausgegeben werden müssen (in dieser Rechnung werden Investitionen für Schneekanonen, Leitungen, Wasserspeicher und ähnliches eingerechnet). Knapp 70 Prozent davon wurden auch in diesem Winter dafür ausgegeben – obwohl dann keine Skipässe verkauft werden konnten.
TAGESZEITUNG: Warum machen Sie technischen Schnee, auch sobald es im Winter viel Naturschnee gibt?
Andrea Del Frari: Wir müssen eine Schneegarantie bis in die zweite Aprilhälfte geben. Wenn im Herbst viel Naturschnee kommt, produzieren wir trotzdem technischen Schnee, den wir untermischen, auch weil die Pistenverhältnisse besser sind. In diesem Winter waren wir bereits am 28. November gerüstet, um das Skigebiet zu öffnen.
Einerseits konnten einige Angestellte arbeiten, andererseits entstanden dadurch Mehrkosten: Was überwiegt in einer so schwierigen Situation?
Die Schneemacher und die Katzenfahrer waren im Einsatz. Die Südtiroler Skigebiete spüren und leben die soziale Verantwortung, dessen ist man sich bewusst. Auch wenn wir im Februar darüber gesprochen haben die Skigebiete zu öffnen, dann vor allem, um die Menschen arbeiten zu lassen, unter anderem im Tourismus. Auch wenn man damit nicht unbedingt Geld verdient. Wenn wir nur an das Geldverdienen denken würden, wäre einiges wahrscheinlich anders gelaufen: Mitten in einer Pandemie hätte man bereits im Herbst die Maschinen stillstehen lassen können. Heutzutage könnte man kurzfristig Schnee machen. Aber: Man muss auch den Betrieben eine Perspektive geben, viele können nur aufmachen, sobald es einen Termin für die Öffnung der Skigebiete gibt. Wenn wir keinen Schnee machen, stirbt das Produkt. Sobald man am Kronplatz die Schneekanonen und die Lichter sieht, startet die Euphorie für den Winter und das Skifahren. Das spüren auch die Sportgeschäfte.
Hat der Kronplatz große Investitionen pandemiebedingt gestrichen oder aufgeschoben?
Interessanterweise tätigt der Kronplatz auch im Sommer Investitionen, wir arbeiten an einem Projekt Litte Kronplatz für die Kinder und einer Gipfelverschönerung. Das sind visionäre Entscheidungen der Gesellschaften, die den Kopf nicht in den Schnee stecken wollen (schmunzelt). Grundsätzlich gilt es zu sagen: Die Olanger Seilbahn hat in diesem schwierigen Jahr rund 35 Millionen Euro in die neue Bahn investiert. Das ist die größte Investition, die der Kronplatz jemals getätigt hat. Wir glauben an die Zukunft.
Im Kopf hat man wahrscheinlich die Skisaison längst abgehakt, aber die Pisten dürften noch in gutem Zustand sein. Nicht?
Auf jeden Fall kann man noch fahren. Ich muss ehrlich sagen: Sollte sich die Coronalage wirklich verbessern, der Druck auf die Krankenhäuser zurückgehen und die Politik die Freigabe erteilen, dann könnte es sein, dass wir nach Ostern für die Einheimischen ein paar Lifte und Pisten öffnen. Wir haben darüber intern beraten, können eine Entscheidung aber selbstverständlich nur kurzfristig treffen. Ich denke, darüber würden sich einige Skifahrer freuen und wir könnten die neuen Anlagen herzeigen, die wir gebaut haben. Das wäre ein Zeichen der Hoffnung für die Menschen, ein kleiner Schritt zurück in die Normalität. Schließlich ist alles hergerichtet: Man könnte die Anlagen von Olang, Reischach und Furkelpass aufmachen, vielleicht dazu die Herzlalm und fertig. Ein minimales Angebot. Das wäre schon toll.
Denken Sie heute mehr an Ostern oder schon an den nächsten Winter?
Wir denken an den Sommer! Bereits im Sommer vergangenen Jahres haben wir gesehen, dass sich mit milderen Temperaturen die Corona-Zahlen beruhigen und der Aufenthalt in der Natur möglich sein wird. Die Leute haben Lust, in die Berge zu gehen.
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Kommentare (14)
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leser
Die jahrelang subventionierten liftbetreiber werden die krise wohl überstehen, dank der 300 millionen hilfe
tirolersepp
400 Mio Euro bei 163 Skigebieten in Italien – 2,5 Mio im Durchschnitt – Kronplatz etwas mehr !