The Good Intentions
Ihre Eltern hatten gute Absichten, sagen diese. In „The Good Intentions“ erzählt Beatrice Segolini davon. Zu sehen bei „non molliamo – weiter geht’s“.
von Renate Mumelter
Auch beim Wiedersehen nach ein paar Jahren lässt mich „The Good Intentions“ nicht mehr los. 2016 hatte sich Beatrice Segolini als sehr junge Frau einer großen Herausforderung gestellt. Mit kleinstem Team machte sich die Studentin der Filmschule ZeLIG damals auf, um mit ihrer Mutter, ihren zwei Brüdern und ihrem Vater ins Gespräch zu kommen. Das Gesprächsthema war äußerst delikat. Es ging um ihre Kindheit, die von einem gewalttätigen Vater geprägt war.
Gewalttätig
Der Begriff „gewalttätig“ allein bietet schon viel Spielraum zum Ausweichen, und dieser Spielraum wurde beim Dreh von allen Familienmitgliedern genutzt. Vaters Zornesausbrüche wurden gerechtfertigt. Die Gespräche verliefen emotional, auch wenn die Kamera dabei war. Diese Kamera führte Maximilian Schlehuber. Beatrice Segolini selbst stand als Fragende im Vordergrund, ihre Emotionen versteckte sie nicht.
In einem Interview mit der Zeitschrift „Elle“ erzählte Segolini im November 2019, dass die Dreharbeiten zum Film die schwierigsten und emotional herausforderndsten Erfahrungen ihres Lebens waren.
Der Sog
Beim Zusehen entsteht dieser Sog, weil der Film mitten in das emotionale Leben einer Familie führt. Daraus könnte sich eine voyeuristische Haltung ergeben, aber diese Sorge hält nicht lange an. Alle Beteiligten waren bereit, sich filmen zu lassen und sind trotz aller Vorbehalte dabei geblieben. Eine mutige Familie. „The Good Intentions“ erzählt viel über Familiendynamiken und das schwierige Durchbrechen solcher Mechanismen. Und er erzählt davon, wie unterschiedlich Gewalt je nach Perspektive gewertet wird, obwohl es immer Gewalt bleibt.
Beim SalinaDocFest 2017 wurde „The Good Intentions“ ausgezeichnet, beim BFFB 2017 bekam er eine besondere Erwähnung.
Zum SalinaDocFest: https://www.youtube.com/watch?v=SYzMcESlSkg
Beatrice Segolini
Beatrice Segolini hatte, bevor sie sich an der Filmschule ZeLIG bewarb, Soziologie studiert. Dort traf sie auf zwei Dokumentarfilmer aus dem Iran und begann mit ihnen Film-Workshops zu organisieren, wobei ihre Rolle die der Theoretikerin war. Als ihr dann eine Kamera in die Hand gedrückt wurde, begann ihr neuer Weg. Beatrice Segolini wurde aber nicht zur Kamerafrau. Sie arbeitet vor allem im Schnitt und an eigenen Projekten.
Im Talk mit Bobby Gualtirolo erzählt Beatrice Segolini von ihren Erfahrungen beim Drehen und von den Reaktionen der Familienmitglieder auf den Film. Dass der Versuch zu reden einiges bewirkt hat, macht das Ende des Films klar.
Beim bevorstehenden Bolzano Filmfestival Bozen wird „The Valley“ von Nuno Escudeiro im Wettbewerb laufen. Bei diesem Film war Segolini Editorin. Auch Nuno Escudeiro ist ZeLIG-Absolvent. Sein Abschluss-Film „Moon Europa“ wird übrigens ab 1. April bei „non molliamo – weiter geht’s“ zu sehen sein.
Das BFFB beginnt dann am 13. April. An den Tagen davor gibt es eine ganz besondere Fortsetzung der online-Reihe von Filmclub ZeLIG und BFFB. Im Mittelpunkt wird Valentina Pedicini, auch eine ZeLIG-Absolventin, stehen.
- Bis Mittwoch 24. März ist noch „Hotel Life“ von Martine De Biasi zu sehen, ab Donnerstag, den 25. März dann „The Good Intentions“ (2016), 85 Min, Regie: Beatrice Segolini, Kamera: Maximilian Schlehuber, Schnitt: Beatrice Segolini, Ton: Aaron Beitz
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