76 Hausärzte fehlen
In Südtirol mehr Hausarztstellen unbesetzt als vor einem Jahr. Es gibt teils deutliche Unterschiede zwischen den Sprengeln.
von Heinrich Schwarz
Durch die Corona-Pandemie sind viele Südtiroler Hausärzte an den Rand der Erschöpfung geraten. Dass es hierzulande seit vielen Jahren einen Hausärztemangel gibt, macht sich besonders in dieser Zeit bemerkbar.
Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Hausärzte-Situation in Südtirol wieder etwas verschlechtert. Vor einem Jahr waren 68 Hausarztstellen unbesetzt, mittlerweile sind es 76, wie aus einer neuen Aufstellung des Sanitätsbetriebes hervorgeht.
Zum besseren Verständnis: Seit einigen Jahren beträgt die optimale Patientenanzahl für einen Hausarzt nur mehr 1.300. Diese Optimalzahl wird als Grundlage für die Berechnung offener Stellen herangezogen.
Als Höchstgrenze sind nun 1.575 Patienten vorgesehen. Früher waren auch mehr als 2.000 kein Problem. Ältere Hausärzte haben weiterhin noch über 2.000 Patienten und hinterlassen im Falle einer Pensionierung somit deutlich mehr Patienten als ein Jungarzt theoretisch aufnehmen darf. Damit allerdings niemand ohne Hausarzt bleibt, dürfen in unterversorgten Gebieten dank einer Vereinbarung bis zur Besetzung aller Stellen mehr Patienten betreut werden.
Aus der aktuellen Liste mit den Gebieten, in denen Allgemeinmediziner fehlen, geht hervor, dass derzeit 284 Hausärzte mit dem Sanitätsbetrieb konventioniert sind. Gemessen an der optimalen Patientenanzahl sind 76 Stellen unbesetzt, wobei die heuer schon fix freiwerdenden Stellen in dieser Zahl bereits berücksichtigt sind (siehe Grafik).
Weil Südtirol derzeit mitten in einer Pensionierungswelle ist, besteht Ungewissheit, ob die ärztliche Grundversorgung in Zukunft problemlos gewährleistet werden kann. Das hängt ganz davon ab, wie viele neue Hausärzte nachkommen.
Große Hoffnung wird in die dreijährige Sonderausbildung in Allgemeinmedizin an der Claudiana gesetzt. In den letzten Jahren war die Nachfrage nach den Ausbildungsplätzen glücklicherweise größer als in Vergangenheit. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die meisten Auszubildenden aus anderen Regionen Italiens kommen. Sie besitzen zwar den Zweisprachigkeitsnachweis (der Zugangsvoraussetzung ist) und müssen nach Erlangung des Diploms innerhalb von fünf Jahren für zwei Jahre in Südtirol arbeiten, sie könnten das Land danach aber wieder verlassen und an ihrem Herkunftsort tätig werden.
Hinzu kommt, dass sich immer mehr Hausärzte autolimitieren lassen, also eine geringere Anzahl an Patienten aufnehmen als maximal erlaubt. Das hängt auch damit zusammen, dass der Hausarztberuf immer weiblicher wird und dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu einem größeren Thema wird.
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Kommentare (4)
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kritiker
Hat sich schon lange abgezeichnet. Hier kommen die Versäumnisse der Sanitätspolitik zum Tragen