Sorgenfalten im Baugewerbe

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Das Baugewerbe arbeitet aktuell gut, „aber der Schein trügt“, heißt es von den Verbänden.
von Heinrich Schwarz
Anders als andere Sektoren hat Südtirols Baugewerbe derzeit viel zu tun. „Aber der Schein trügt“, sagt Hubert Gruber, Obmann der Berufsgruppe Baugewerbe im Handwerkerverband lvh. „Momentan wird zwar viel gearbeitet, aber es handelt sich um Arbeiten, die im Vorjahr aufgeschoben wurden. Das Loch wird noch kommen.“
Auch Michael Auer, Präsident des Kollegiums der Bauunternehmer, erklärt: „Die aktuelle Arbeit stammt vor allem von Baukonzessionen, die vor Inkrafttreten des neuen Raumordnungsgesetzes eingereicht wurden. Wir rechnen aufgrund des neuen Gesetzes mit einem Rückgang der Baukonzessionen.“
Gruber und Auer sind sich einig: Dem Südtirols Baugewerbe stehen nicht nur wegen Corona, sondern auch wegen des neuen Raumordnungsgesetzes unsichere Zeiten bevor. „Ein paar Monate lang wird es sicher noch passen. Aber ab Herbst und besonders im nächsten Jahr werden wir die Situation schon ziemlich spüren“, meint Hubert Gruber.
Corona-bedingt rechnet die Bauwirtschaft mit geringeren Investitionen seitens des Tourismus. „Es gibt durchaus einige große Hotelprojekte, aber gleichzeitig spürt man auch, dass einige Hotels nicht mehr bauen, abwarten oder auch keine Finanzierung erhalten, weil die Banken im Gastgewerbe vorsichtiger geworden sind“, berichtet Michael Auer.

Hubert Gruber
Hinsichtlich Raumordnungsgesetz spricht Hubert Gruber von verschiedenen Mängeln, die bei den Technikern und den ausschreibenden Stellen wie den Gemeinden für große Unsicherheit sorgen würden: „Private Bauvorhaben kommen wegen der Unklarheiten nicht voran. Das ist gerade jetzt in der Corona-Zeit eine zusätzliche Einschränkung.“
Erst vor wenigen Tagen hatte die Architektenkammer Bozen dahingehend Alarm geschlagen: Baugesuche für Sanierungsprojekte, um den 110-Prozent-Superbonus in Anspruch zu nehmen, würden von den Gemeinden abgelehnt, da die neue Fassadendämmung Abstand und urbanistische Kubatur generiert. Hierfür gebe es im neuen Landesgesetz keine Ausnahmeregelungen, beklagt die Architektenkammer.
Dazu Baukollegiums-Präsident Michael Auer: „Es scheitert hier an kleinen Details, weshalb es unbedingt eine Ausnahmeregelung für den 110-Prozent-Bonus braucht. Der Superbonus birgt ein großes Potenzial, weshalb man sich die Chance nicht entgehen lassen darf. Wenn wir das kurze Zeitfenster von eineinhalb Jahren nicht nutzen, kriegen wir da auch noch einen Dämpfer.“
Hubert Gruber hofft, dass der Superbonus verlängert wird. Es sei nicht möglich, die geplanten Bauvorhaben noch heuer zu realisieren, weil die Genehmigung zu lange dauere.
Auch ist es für den Baugewerbe-Obmann im lvh wichtig, den Kubaturbonus, der Ende 2021 ausläuft, weiterzuführen: „Er darf nicht gestoppt werden, weil er viele Aufträge hauptsächlich für kleine Betriebe bringt.“
Weiters hofft Gruber auf Aufträge seitens der öffentlichen Hand. Dabei sei großes Augenmerk darauf zu legen, dass nach Gewerken ausgeschrieben wird, damit das Handwerk gegenüber großen Generalunternehmen nicht durch die Finger schaue.

Michael Auer
Der Tiefbau setzt laut Baukollegium-Präsident Michael Auer große Hoffnungen in den Recovery Plan, der unter anderem große Investitionen in den Glasfaserausbau vorsieht. Das Potenzial sei riesengroß, allerdings sei der Recovery Plan aufgrund der Regierungskrise etwas ins Stocken geraten. Auch im Hinblick auf Olympia 2026 erhoffen sich die Bauunternehmen Investitionen in den Straßen- und Eisenbahnausbau.
Was den Preisdruck im Baugewerbe betrifft, spricht Hubert Gruber von einem Problem bei den Materialien: Als Betriebe könne man die Preise derzeit nicht erhöhen, allerdings würden die Kosten für Materialien wie Eisen und Holz derzeit kontinuierlich steigen.
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