Feinkostladen Filmclub
Große Portale sind überfüllt und schränken ein, denn einmal Abo heißt meist, immer Abo. Kleinere Angebote sind feiner und flexibler.
von Renate Mumelter
Streamen ist wie einkaufen. Einkaufen lässt sich im kleinen Laden, im Supermarkt oder im Groß-Supermarkt. Wo die Ware dann wirklich günstiger ist, bleibt im realen Einkaufsalltag nie ganz klar. Kostenlos ist sie allerdings nie. Das ist beim Streamen anders. Da ist „kostenlos“ manchmal möglich. Damit soll hier keineswegs der Filmkultur zum Nulltarif das Wort geredet werden. Denn sie kostet und muss bezahlt werden. Aber jetzt hat der Filmclub mit der Filmschule ZeLIG und seinem Festival BFFB ausnahmsweise aus der Not eine Tugend gemacht und mit Freiwilligen das kostenlose online-Angebot „non molliamo – weiter geht’s“ auf die Beine gestellt. Die erste Woche war erfreulich gut besucht. Jetzt läuft die zweite.
Portal-Irrwege
Für einen realen Kinobesuch habe ich einen freien Abend, einen Termin mit der Freundin, ein Programm mit einer überschaubaren Zahl an Filmen. Auswählen kann ich auch erst an der Kinokasse.
Anders im Online. Da spielt die Uhrzeit keine Rolle, das Portal auch nicht, die Freundin ist eh allein bei sich daheim. Die Angebote sind so zahlreich, dass es schwer ist, sich etwas Passendes auszusuchen und dabei zu bleiben, nicht jeder Film entfaltet sich nämlich sofort. Die Portale sind national oder international aufgestellt. Es gibt solche, die mit einem Abo ihre Kunden binden. Serienangebote verstärken diese Bindung. Mehrere Abo-Portale zu nutzen kann teuer werden.
Andere Portale verzichten auf ein Abo. Sie wollen aber erst gefunden werden. Alles mühsam. Da kommt dann gern das Trägheitsprinzip ins Spiel und der Griff zur TV-Fernsteuerung liegt nahe. Dort gibt es ein überschaubares Programm.
Deshalb schätze ich klar definierte online-Reihen, die mir etwas Besonderes bieten, das ich so im Kino nie zu sehen bekäme und die als Mehrwert Talks liefern. Das ist derzeit bei bei der Filmclub-Initiative „non molliamo – weiter geht’s“ der Fall. Dieses Vermitteln von Filmkultur könnte eine gute Ergänzung zum Kinogeschehen bleiben auch in rosigeren Zeiten. Dann wäre das Virus sogar für etwas gut gewesen.
Diese Woche: La vita e altri cantieri
ZeLIG-Film Nummer 2 läuft noch bis kommenden Donnerstag. Giuseppe Schettinos „La vita e altri cantieri/Das Leben und andere Baustellen“ führt in das Jahr 2007 zurück und zeigt, wie die Gemeinschaft der Sinti in Bozen lebte, welche Schwierigkeiten es gab, wie das mit der Sesshaftigkeit und dem Generationenwechsel war. 2007 konnte noch niemand ahnen, dass es wenige Jahre später eine italienweite Initiative der Salvini-Lega geben sollte, die eine diskriminierende Zählung der Sinti und Roma forderte. Daraus wurde zwar nichts, und das sollte auch so bleiben.
Das Thema des Films ist nach wie vor aktuell, der Verein „Nevo Drom“ ist nach wie vor aktiv. Was sich möglicherweise bis heute geändert hat, erzählt Regisseur Guiseppe Schettino im Talk mit Brigitte Hofer. Er spricht von seinem persönlichen Bezug zum Thema, den Dreharbeiten damals, der Arbeit mit Radames Gabrielli und seiner Familie.
Nach wie vor interessant ist es auch zu erfahren, was aus ehemaligen ZeLIG-Studierenden geworden ist. Giuseppe Schettino erzählt von seinem Werdegang. Ab Donnerstag gibt es dann Greta Mentzels „Ape Maria“ (2004).
„La vita e altri cantieri“ (2007), 37 Min., Regie Giuseppe Schettino
Talk: Brigitte Hofer mit Giuseppe Schettino
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