„Lasse mich nicht einschüchtern“
Die SVP-Jungpolitikerin Jasmin Ladurner legt einen Scheit nach: LR Thomas Widmann habe die Corona-Lage in Südtirol zu lange schöngeredet, die Kommunikation sei „katastrophal“ gewesen.
Von Matthias Kofler
Ein einfaches „Gefällt mir“ auf Facebook lässt in der SVP zurzeit die Wogen hochgehen. Wie berichtet, likte die Jungpolitikerin Jasmin Ladurner am Mittwoch einen Facebook-Kommentar der Bloggerin Alexandra Kienzl, in dem explizit der Rücktritt von Thomas Widmann als Gesundheitslandesrat gefordert wird: „Ich weiß nicht, wer den Job machen könnte oder wollte, aber ich hätte dann gern eine*n neue*n Gesundheitslandesrat*rätin. Und ich glaub, ich bin nicht allein mit meinem Wunsch.“ Bereits am Montag hatte Ladurner in der Parteileitungssitzung harsche Kritik an Widmanns Corona-Krisenmanagement geübt: Dieser habe die „Infektionszahlen getürkt“ und „gelogen“.
Dass eine Abgeordnete der Mehrheit (die sich sonst eher zurückhaltend gibt) ein Regierungsmitglied derart offen angreift, ist für die meisten in der Fraktion und in der Partei ein absolutes No Go. Ladurners Verhalten werde parteiintern sicher noch besprochen, heißt es aus der Brennerstraße. Einige vermuten, dass der LH die Neo-Abgeordnete zum Angriff auf den Sanitätslandesrat ermutigt haben könnte, um sich selbst ein wenig aus dem Schussfeld zu nehmen.
Widmann selbst will sich zu den Vorfällen nicht äußern. Aus der Fraktion ist zu vernehmen, dass ein etwaiger Rauswurf des Sanitätslandesrats kein Thema sei. Zwar gebe es zwischen Widmann und dem LH hin und wieder Meinungsverschiedenheiten. Insgesamt würden die beiden aber gut zusammenarbeiten, man könne sich auf den jeweils anderen verlassen. Zudem komme es Kompatscher durchaus gelegen, dass er nicht alleine für den Corona-Schlingerkurs der Landesregierung verantwortlich gemacht werde. Mit einem Rauswurf Widmanns würde er, Kompatscher, sich selbst mehr Probleme schaffen, als er damit Probleme lösen könnte, heißt es aus der SVP-Fraktion.
Brisant: Im Gruppenchat der SVP-Abgeordneten hatte sich Ladurner noch am Mittwoch für ihr Verhalten entschuldigt: „Ich kenne die Alexandra Kienzl und mir gefällt ihr schwarzer Humor – der Like unter dem Post war ein Fehler.“ Im Interview mit der TAGESZEITUNG schlägt die Jungpolitikerin ganz andere Töne an: Man habe die Lage zu lange „beschönigt“, die Kommunikation sei „katastrophal“ gewesen.
Tageszeitung: Frau Ladurner, stimmt es, dass Sie am Stuhl des Landesrats sägen und Teil einer Anti-Widmann-Front sind?
Jasmin Ladurner: Ich wünsche mir vor allen Dingen eines: Dass wir uns über die wirklich wichtigen Dinge unterhalten. Denn es gibt Menschen im Land, die Existenzängste und psychische Sorgen haben, die Krankenhäuser sind am Anschlag, die Lage ist insgesamt kritisch. Insofern finde ich eine Diskussion um ein „Like” völlig Fehl am Platz. Dazu kommt, dass eine freie Meinungsäußerung und kritische Diskussionen in einer Demokratie Platz haben müssen, auch wenn sie nicht immer jedem gefallen.
Was hat Sie dazu bewogen, auf Facebook einen Kommentar zu liken, in dem explizit der Rücktritt von Thomas Widmann als Gesundheitslandesrat gefordert wird?
Ich teile einige Punkte, die Alexandra Kienzl (die Autorin des Kommentars, A.d.R.) in ihrem Fritto-Misto-Satire-Artikel pointiert beschreibt.
Parteiintern stößt ihr Verhalten auf viel Kritik. Widmann hat sogar damit gedroht, das Schiedsgericht anzurufen. Können Sie den Ärger nachvollziehen?
Nein. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, als wäre eine gewisse Nervosität im Spiel. Solche Einschüchterungsversuche lasse ich aber nicht gelten. Denn ich arbeite im Rahmen meines Mandates, vor allem intern, genauso für die Anliegen der Südtirolerinnen und Südtiroler. Und dabei muss es doch zulässig sein, auch kritische Fragen zu stellen und Informationen einzufordern. Besonders in Krisenzeiten. Dann aber anstelle von zufriedenstellenden Antworten auf meine gestellten Fragen als – Zitat – „junges, unerfahrenes Madl” degradiert zu werden, spricht für sich. Ich kann nicht nachvollziehen, dass freie Meinungsäußerung offensichtlich von manchen nicht akzeptiert wird bzw. nicht für alle im selben Maße zu gelten scheint. Und dass dieses „Like” fraktionsintern größere Empörung hervorruft, als es öffentliche Diskreditierungsversuche unserem Landeshauptmann gegenüber tun – und das in Zeiten wie diesen, in denen wir alle an einem Strang ziehen und bestmöglich für die Bewältigung dieser Krise arbeiten sollten.
Wie bewerten Sie das bisherige Krisenmanagement des Gesundheitslandesrates und der gesamten Landesregierung?
Im Nachhinein sind alle immer schlauer. Insofern wäre es unseriös, jetzt über Vergangenes „gscheid” zu sein. Was ich allerdings stark anprangere und kritisiere – wie bereits am Montag intern in der Parteileitung – ist das lange Beschönigen der Situation, wie es von einigen praktiziert wurde, und die teils katastrophale Kommunikation. Wir befinden uns in einer enormen Krise, nicht im Wahlkampf. Die Menschen sind stark verunsichert. Dementsprechend braucht es höchste Transparenz und nachvollziehbare, klare Botschaften.
Kommentare (64)
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