Puschtra Dolchstoß
Christian Tschurtschenthaler verkauft seine Anteile an der Pustertaler Medien GmbH und legt ein völlig überzogenes Angebot der Athesia auf den Tisch. Die Hintergründe.
von Silke Hinterwaldner
Christian Tschurtschenthaler möchte lieber nicht darüber reden. Noch nicht, sagt er. Denn das Thema ist delikat, vor allem für die Pusterer Befindlichkeit, das Selbstverständnis eines Tales und den hohen Anspruch an ein eigenes Medienprojekt.
Aber der Reihe nach: Vor 32 Jahren hat ein Dutzend Unternehmer aus Bruneck und dem gesamten Pustertal eine Zeitschrift aus der Taufe gehoben. Diese Zeitschrift gibt es bis heute, mit Höhen und Tiefen, aber mit einer großen Verbreitung, in stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen und mit einer zufriedenstellenden Auflagenzahl. Die Pustertaler Zeitung ist nach wie vor in der Hand von Unternehmern aus dem Pustertal – es sind allerdings nur mehr vier. Derzeit halten neben Christian Tschurtschenthaler auch SVP-Anwalt Dieter Schramm, der Brunecker Kaufmann Gerd Schönhuber und Michael Wachtler, Kaufmann in Innichen, beziehungsweise sein Sohn Nicolas, die Anteile an der Pustertaler Medien GmbH, zu der nicht nur die Zeitung, sondern seit rund 20 Jahren auch Radio Holiday zählt.
Erst vor vier Monaten hatte Franz Josef Moser vom gleichnamigen Autohaus seine Anteile an der Pustertaler Medien GmbH veräußert. Dieser Schritt dürfte die Miteigner zwar geschmerzt haben, aber man konnte sich gütlich einigen. Das heißt: Moser hat seine Anteile dem Kronplatz-Präsidenten Christian Gasser angeboten, aber schlussendlich machten doch Schramm, Schönhuber und Wachtler ihr Vorkaufsrecht geltend und kauften die Anteile gemeinsam. Der Gedanke hinter dieser Verkaufsaktion war allen gemeinsam: Die Pustertaler Zeitung soll in der Hand von Unternehmern aus dem Pustertal bleiben. Das war von Anfang an das Credo – so sollte es auch bleiben.
Das heißt: Derzeit halten Schramm und Schönhuber jeweils rund 30 Prozent, Wachtler und Tschurtschentaler halten je rund 20 Prozent, nachdem Christian Tschurtschenthaler bereits vor dem Ausstieg von Moser seinen Rückzug angekündigt hatte.
Jetzt verkauft auch Christian Tschurtschenthaler. Aber die Vorzeichen stehen auf Sturm. Das hat einen einfachen Grund: Er hat ein Angebot von der Athesia auf den Tisch gelegt, genauer gesagt sollte die Bezirksmedien Gmbh mit Sitz in Schlanders die Anteile von Tschurtschenthaler übernehmen, dahinter verbirgt sich der Vinschger, ein Produkt aus dem Hause Athesia.
Dieser Schachzug – insofern es denn einer ist – rüttelt an den Grundfesten der Pustertaler Zeitung. Sie wurde gegründet aus dem Anspruch heraus journalistische Vielfalt zu bieten und unabhängig zu bleiben, aber vor allem wollte man ein Medienprojekt aus dem Pustertal für das Pustertal.
Der Abschied von Christian Tschurtschenthaler von der Pustertaler Medien GmbH hatte sich in den Entwicklungen der vergangenen Jahre bereits angekündigt. Tschurtschenthaler, immerhin Vizepräsident der Gesellschaft, war zeitweilig mit der Berichterstattung in der Zeitung nicht einverstanden. Ganz besonders missfiel ihm ein Artikel über den Diebstahl im Büro des Stadtmarketing. In der Folge kam es zu einem Kampf um die Vormachtstellung bei der Pustertaler Zeitung, vor allem in den Haaren lagen sich Tschurtschenthaler und Chefredakteur Reinhard Weger. Letzterer aber blieb, da scheint es naheliegend, dass Christian Tschurtschenthaler jetzt gehen möchte.
Dieser Abschied ist natürlich nicht nur eine emotionale, sondern auch eine finanzielle Frage. Athesia hat Christian Tschurtschenthaler für seine Anteile stattliche 200.000 Euro geboten. Das scheint in den Augen der anderen Anteilseigner ein völlig überzogener Preis. Zum Vergleich: Moser hatte vor vier Monaten für ein vergleichbar großes Paket 120.000 Euro bekommen. „Er verlangt das Doppelte von dem, was wir vor vier Monaten bezahlt haben“, sagt Dieter Schramm rundheraus, „bei aller Wertschätzung für die Athesia, aber dieser Preis ist zu hoch.“ Nachdem das Angebot nun auf dem Tisch liegt, können die bestehenden Gesellschafter in den kommenden zwei Monaten ihr Vorkaufsrecht geltend machen. Das heißt: Sie können um diesen Preis die Anteile von Tschurtschenthaler übernehmen, darauf verzichten oder nach einer anderen Lösung suchen.
Dabei ist unschwer zu erkennen, dass Athesia einen guten Preis bietet, um möglichweise in einem zweiten Moment an den Druckauftrag zu kommen oder gar früher oder später die Mehrheit in der Pustertaler Medien GmbH zu übernehmen. Das ist genau das Szenario, das nicht nur Schramm, sondern auch Michael Wachtler abwenden will. „Wir sind vor 32 Jahren mit dem wirtschaftlichen und intellektuellen Anspruch gestartet, im Pustertal selbst eine Zeitung herauszugeben“, sagt Schramm, „das hat immer gut geklappt, dieser Anspruch besteht auch weiterhin.“ Kämpferisch gibt sich auch Wachtler. Er sagt: „Das ist eine gefährliche Entwicklung. Es besteht derzeit die begründete Angst, dass die Pustertaler Zeitung und Radio Holiday unterminiert werden.“ Er möchte auf jeden Fall darum kämpfen, dass die Pustertaler Zeitung in Pusterer Hand bleibt.
Aber nicht zuletzt kommt noch einmal die moralische Verantwortung zum Vorschein, schließlich hat Christian Tschurtschenthaler als Bürgermeister und auch noch als Landtagsabgeordneter stets die Eigenständigkeit des Pustertales verteidigt. Jetzt aber wäre er bereit, an das Athesia-Monopol zu verkaufen und wirft damit die Ansprüche der Gründerväter über Bord. Dass dies bei den Eigentümern nicht gut ankommt, liegt auf der Hand.
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Kommentare (10)
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andreas
Wo ist Willy Pöder?
Ein genialer Chefredakteur, welcher keinem Konflikt mit dem Weinbergweg aus dem Wege ging.
Eigentlich gilt ein Verkauf, wie beim „Der Vinschger“, als Hochverrat im Tal.
Bei der Übernahme von „der Vinschger“ durch die Athesia, haben damals glaub 33 von 35 Abgestellten gekündigt und am nächsten Tag den „Vinschger Wind“ gegründet.
Mal schauen, ob es auch im Pustertal ein paar Rebellen gibt.
hallihallo
als außenseiter würde mich interessieren , ob der kronplatz-präsident christian gasser kein pusterer ist. ansonsten könnte ich nicht verstehen, daß die anderen vom vorkaufsrecht gebrauch gemacht haben, damit die zeitung in pustertaler hand bleibt.
perikles
Ein Einstieg von Athesia wäre für mich als regelmässiger Anzeigenkunde ein wesentlicher Grund, um alternative Werbemöglichkeiten auszuloten.
sepp
perikles super lei in ebner schmarotzer nix
florianegger
Der gebotene Kaufpreis ist in wenigen Jahren wieder hereingespielt, zumal mal sich danach bei den Preisen für Werbeanzeigen nicht mehr unterbieten muss