„Es ist nicht nie zu spät“
Im Jubiläumsjahr zieht Kunst Meran Bilanz über die ersten 20 Jahre und fragt, welche Rolle Kunst für die Gesellschaft spielt.
(sh) Südtirol geht gerne Sonderwege, außer bei den Kultureinrichtungen. Da hält man sich brav an römische Vorgaben, als ob die Museen und Kunsthäuser sämtlich Superspreader wären. „Beim Weißwein darf man zusammensitzen, ins Kunsthaus gehen nicht“ , kommentiert Ursula Schnitzer von Kunst Meran trocken.
Das Jahr 2021 hat die neue Direktorin Martina Oberprantacher unter das Motto „Es ist nicht nie zu spät“ gestellt. Es stammt von dem Künstler Franz Pichler, der die Kämpfe um die Freiheit der Kultur seit seinen frühesten Aktionen kennt. Ein Jahr der „Selbstreflexion und Selbstverortung“ soll es für das vor 20 Jahren gegründete Kunsthaus werden und die Relevanz der Kunst in einer Gesellschaft erproben, die sie für nicht systemrelevant hält. Die von ehemaligen Kuratoren gemeinschaftlich betreute Jubiläumsausstellung unter dem Titel „Kunstwerke sind Vorschläge für zukünftiges Erleben“ (Vilèm Flusser) stellt Fragen nach dem Wo und Wohin der Kunst.
Den Auftakt bildet ab Februar die von Markus Neuwirth und Ursula Schnitzer betreute Ausstellung „Kultur in Bewegung“ über die Meraner Kunst- und Kulturszene von den 1960er bis zur Jahrtausendwende. Im Herbst stellt sich die neue Kuratorin Judith Waldmann mit einer Ausstellung unter dem Titel „The Poetry of Translation“ (siehe Interview) vor.
Das abgelaufene Jahr war für Kunst Meran wie für alle Kulturinstitutionen ein Annus horribilis, was sich allein an den Öffnungstagen ablesen lässt. 2019 war das Kunsthaus an 243 Tagen geöffnet, 2020 war es mit 229 Tagen fast genauso lange geschlossen. Das machte sich drastisch an den Besucherzahlen bemerkbar, die von 7517 im Jahr 2019 auf 1855 im abgelaufenen Jahr zurückgingen. Auch im Bereich Vermittlung verzeichnete das Kunsthaus von 855 auf 91 Teilnehmer einen empfindlichen Rückgang. Zu sehen war die Ausstellungen: Design from the Alps 1920 – 2020 (kuratiert von Ursula Schnitzer, Massimo Martignoni, Claudio Larcher), Ressentiment (kuratiert von Christiane Rekade), Studio Other Spaces – The Design of Collaboration Künstler: Olafur Eliasson und Sebastian Behmann, Studio Other Spaces (Kuratiert von Christiane Rekade) und Lisa Ponti … così il disegno sa dove atterrare (kuratiert von Christiane Rekade, Salvatore Licitra und Massimo Martignoni).
Untätig die Hände in den Schoß gelegt hat das Kunsthaus während des Lockdowns nicht. Im virtuellen Raum entstanden ein Künstler-Videospiel, 13 Videos, zwei Online-Familienmatinees, drei Workshops „Kids & Family“, eine Online-Buchvorstellung, eine Erzählung über eine Performance und 14 Online-Führungen wurden angeboten.
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.