Tagesstätte für Obdachlose
Temporäre Tagesstätte für obdachlose Menschen im Pfarrheim Bozen: Neues engagiertes Sozial-Projekt von Südtirols Zivilgesellschaft.
Dieser Winter hat es in sich: Schnee, Kälte, Pandemie und viele obdachlose Menschen auf der Straße. Es war ein langes Tauziehen zwischen öffentlicher Hand und engagierter Zivilgesellschaft, um wohnungslosen Menschen in der Landeshauptstadt nächtliche Schlafplätze und zusätzliche Tagesstätten zur Verfügung zu stellen.
Seit wenigen Tagen können in der Messe Bozen 95 Menschen schlafen, aber in der Früh müssen sie raus.
Nun haben Freiwillige eine temporäre Tagesstätte im Bozner Pfarrheim eröffnet.
Aufgrund der Corona-Bestimmungen dürfen sich dort zwar nur 14 Personen gleichzeitig aufhalten, aber die Stimmung ist gut und die Freiwilligen hoffen auf Verlängerung der Nutzung über den Jänner hinaus.
Caroline von Hohenbühel, Freiwillige im „Winterhaus“ und Vorsitzende des Vereins „Schutzhütte“, und der Fotograf Ludwig Thalheimer haben sich gemeinsam mit weiteren Freiwilligen engagiert dafür eingesetzt, für die obdachlosen Menschen in Bozen einen Saal ausfindig zu machen, in dem sie sich tagsüber aufhalten können.
Das Alimarket-Gebäude, das nach dem Umzug der obdachlosen Menschen in die Bozner Messe ebenfalls zu einer Tagesstätte hätte werden sollen, bleibt vorerst geschlossen.
Umso mehr haben sich die engagierten Freiwilligen gefreut, als die Leitung des Bozner Pfarrheims den großen Saal hinter dem Bozner Dom schnell und unbürokratisch als Tagesstätte für obdachlose Menschen zur Verfügung gestellt hat.
Seit Samstag, 16. Jänner ist der Saal vorerst für zwei Wochen täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Ein Dutzend Freiwillige wechselt sich bei den Halbtagesturnussen ab, kontrolliert die Einhaltung der Corona-Bestimmungen, misst die Temperatur, stellt Tee bereit und ist für Fragen da. 14 obdachlose Menschen plus die diensttuende Person können sich gleichzeitig im Saal aufhalten. Die Nutzer haben einen Ausweis bekommen. Die meisten kommen bereits am Morgen und halten sich mehrere Stunden im Pfarrheim auf. Sie lesen, diskutieren, recherchieren im Internet, trinken Tee und bringen ihre Essenssäckchen vom VinziBus mit.
Caroline von Hohenbühel freut sich sehr über das Entgegenkommen und das Vertrauen des Pfarrheims: „Für alle Obdachlosen gilt derzeit so gut wie überall, dass sie draußen bleiben müssen und nirgends rein dürfen“, sagt die engagierte Frau aus Eppan. Essensausgabe findet beispielswiese im Freien statt.
„Das heißt, dass sich die Menschen nicht ausruhen und nicht aufwärmen können.“ Das sei schlimm bei diesen Temperaturen.
Die Pandemie zeige die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten wie unter einem Brennglas auf.
Ludwig Thalheimer, der sich seit Jahren für obdachlose Menschen in Bozen engagiert, ergänzt: „Bei der ersten Welle im vergangenen Frühjahr ist überhaupt nicht an die wohnungslosen Menschen gedacht worden.“
Öffentliche Toiletten seien gesperrt gewesen, viele Beratungs- und Unterstützungsangebote zurückgefahren, Essensausgaben geschlossen und die Menschen verdrängt worden.
Kälte und Einsamkeit machen die Menschen mürbe und krank, erfahren die Freiwilligen ständig.
Viele Leute seien am Rand ihrer Kräfte. Das Leben für obdachlose Menschen hat sich enorm verschlechtert. Die Pandemie mache deutlich, sagen die Freiwilligen der Tagesstätte, dass die Politik an viele Menschen denke, aber auf die von stärkster Armut Betroffenen vergesse.
Umso mehr freuen sie sich, den Menschen einen warmen Platz zur Verfügung zu stellen, wo sie sich in ruhiger und angenehmer Atmosphäre tagsüber aufhalten, austauschen und ausruhen können.
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