Die Blitz-Schließung
Die Athesia-Tochter SIE schließt, entgegen früherer Ankündigungen, die Tageszeitung „Trentino“. Heute erscheint die letzte Ausgabe, 18 Journalisten müssen mit einer Entlassung rechnen.
Von Thomas Vikoler
„L‘Adige“ und „Trentino“ bleiben unabhängige Tageszeitungen und auf jeden Fall eigenständige Redaktionen“.
Das sagte Athesia-Direktor Michel Ebner anlässlich der Übernahme des Adige im Jahre 2018.
Damals war über eine Zusammenlegung der beiden einzigen Tageszeitungen des Trentino spekuliert worden, die beide von Athesia kontrolliert werden. Das Bozner Medienhaus hatte „Trentino“ zusammen mit dem Südtiroler Schwesterblatt „Alto Adige“ im Jahre 2016 übernommen.
Dennoch kam die Nachricht am Freitag keineswegs überraschend: „Trentino“, der zuletzt täglich um die 5.000 Stück verkaufte, erscheint bereits ab Samstag nicht mehr am Kiosk.
„Infolge der schweren Krise des Sektors, die durch das Anhalten der Covid-19-Pandemie nicht abschwächen wird, teilt SIE SpA mit, nach 75 Jahren die Publikation ,Trentino‘ aus wirtschaftlichen Gründen schließen zu müssen“, heißt es in einer Mitteilung, die nach einer Sitzung des Verwaltungsrates am Vormittag veröffentlicht wurde.
Die Rede ist von „großem Bedauern und dem Bewusstsein über die Auswirkungen einer Zeitungsschließung“.
Der erste Schritt dazu wurde im vergangenen November gesetzt, als die Gesellschaft SETA SpA, die vor Athesia dem Gruppo Espresso/La Repubblica gehörte, mit der SIE SpA(Eigentümerin des „Adige“) fusionierten. Zeitgleich wurden 280 Angestellte in den Lohnausgleich geschickt.
Von der kurzfristig angekündigten Schließung des „Trentino“, der bis einige Jahre vor der Athesia-Übernahme „Alto Adige“ hieß, sind 18 Journalisten betroffen.
Entlassungen seien derzeit keine geplant, es werde aber auf soziale Abfederungsmaßnahmen zurückgegriffen, heißt es in der SIE-Mittelung.
Das ist euphemistisch ausgedrückt, ein Großteil der Journalisten wird in die Ausgleichskasse überstellt. Wenn diese ausgelaufen ist, ist eine Entlassung das wahrscheinlichste Szenario für sie. Eine Übernahme durch den „Adige“ ist nicht geplant, dort wird bereits Personal abgebaut.
Die Schließung des „Trentino“ bringt dem Mutterhaus Athesia mehrfache Vorteile:
Ein Verlustbetrieb fällt weg, der Werbemarkt liegt nun allein beim „Adige“, der die Preise noch besser steuern kann. Und es gibt auch einen medienpolitischen Effekt: Der vielfach erhobene Vorwurf des Medienmonopols im Trentino kann nicht mehr so wie bisher aufrechterhalten werden: Jemand muss die einzige Tageszeitung der Provinz ja gehören.
Der Trienter Bürgermeister Franco Ianeselli zeigt sich „schockiert“ über die Blitz-Schließung des „Trentino“ – und stellt Athesia die Rute ins Fenster: Eine Medien-Gruppe, die erst kürzlich mit dem Staatspräsidenten ihr 130-Jahre Jubiläum gefeiert habe, könne sein Personal nicht im Stich lassen.
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Kommentare (5)
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pingoballino1955
Zuerst billig kaufen und dann schliessen nur um andere Konkurenzen auszuschalten,super, typisch Weinbergstrategie-zum Schämen.
robby
wetten die Ebners schlafen dennoch?