Die Akte LH
Die Transportgesellschaft SAD hat in der Bus-Affäre Einspruch gegen den Archivierungsantrag für die Position von Landeshauptmann Arno Kompatscher eingebracht, es kommt zu einer Verhandlung vor dem Voruntersuchungsrichter. Wie die Staatsanwaltschaft ihren Antrag begründet hat.
Von Thomas Vikoler
Was sich in einem Jahr alles tun kann: Am 14. Jänner 2019 erstellte die Bozner Quästur einen über tausendseitigen Abschlussbericht zu einer aufwändigen Ermittlung betreffend die Annullierung der Ausschreibung des Landes für die außerstädtischen Buslinien am 6. Juli 2018. Die Ermittler von der Polizei empfahlen dort eine Anklage gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher, den Verfahrens-Verantwortlichen Günther Burger und LiBus-Chef Markus Silbernagl wegen Amtsmissbrauchs und Wettbewerbsverzerrung.
Es folgte – in Gestalt von mehreren Schriftsätzen und anderen Formen der Intervention – eine knapp einjährige Abwehrschlacht von Kompatschers Verteidigern Alessandro Melchionda und Karl Zeller. Die schließlich von Erfolg gekrönt wurde: Am 4. Dezember 2019 stellte die Staatsanwaltschaft dem Landeshauptmann einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens gegen ihn zu. Burger und Silbernagl erhielten hingegen eine Mitteilung nach Artikel 415bis der Strafprozessordnung – Abschluss der Ermittlungen, die Vorankündigung einer Anklage.
Doch das Strafverfahren gegen Kompatscher ist damit nicht abgeschlossen. Die Transportgesellschaft SAD, die als geschädigte Partei geführt wird (die Eingaben zum Strafverfahren stammen von Josef Gatterer, SAD-CEO Ingemar Gatterer und dem damaligen Abgeordneten Andreas Pöder), hat vor Weihnachten Einspruch gegen den Archivierungsantrag der Staatsanwalt eingebracht.
Das bedeutet: In den nächsten Monaten kommt es zu einer Verhandlung vor einem Voruntersuchungsrichter.
„Wir sind der Ansicht, dass der Landeshauptmann in den Wettbewerb mit eingegriffen hat, sagt Ingemar Gatterer zur TAGESZEITUNG, „man kann nicht alles auf die Beamten schieben und die Landesregierung musste ja gewusst haben, was sie beschließt.“
Gemeint ist der Beschluss Nr. 660, zu dessen Inhalt es zwei Interpretationen gibt: Die Landesregierung begründete ihn mit dem Hinweis auf eine „Störung“ durch die Verbreitung einer geheimen Mail Burgers. Die Staatsanwaltschaft wirft nun Burger und Silbernagl vor, die Annullierung betrieben zu haben, weil die Mitbewerber LiBus und KSM nicht über die ominöse Eintragung ins REN-Register verfügten. Die „Störung“ war demnach ein Vorwand.
Doch welche Rolle genau spielte der Landeshauptmann in dieser Geschichte?
Laut dem Archivierungsantrag eine vorwiegend passive. Für die Staatsanwaltschaft ist eine strafrechtliche Verantwortlichkeit Kompatschers aus zwei Gründen auszuschließen: Weil die Landesregierung als „Kollegialorgan“ entscheiden habe und dabei „einfacherweise“ eine Vorlage der zuständigen Landesämter übernommen habe, die auf einer Sitzung am Nachmittag des 5. Juli 2018 ausgearbeitet worden sei. Den Text des Beschlusses habe der Verfahrensverantwortliche Günther Burger – nach mehreren Telefonaten mit Mitbewerber Silbernagl – formuliert. „Folglich waren es in erster Linie Burger, Stephan Beikircher vom Rechtsamt und Vize-Generalsekretär Thomas Mathá, die der Ansicht waren, dass der Wettbewerb durch die Verbreitung der Mail gestört war“, heißt es im Antrag der Staatsanwaltschaft.
Das ist genau die These, wie sie Kompatscher-Verteidiger Melchionda und Zeller in ihren Schriftsätzen formuliert hatten.
Was den LH ebenfalls „rettet“ ist, dass es zu einem mit LiBus-Chef Markus Silbernagl vereinbarten Treffen nie gekommen ist. Kompatscher telefoniert am Morgen des 5. Juli 2018 mit diesem zwischen 7.16 und 7.52 Uhr vier Mal (genau 153 Sekunden), es werden auch vier WhatsApp-Nachrichten ausgetauscht, in dem von einem gemeinsamen „Kaffee“ die Rede ist. Doch Kompatscher muss in eine Sitzung, wie er mitteilt. Worüber in den vier Telefonaten gesprochen wurde, sei nachträglich nicht rekonstruierbar, heißt es im Archivierungsantrag.
Eine gewisse Auswirkung auf den Sinneswandel der Ermittler in dieser Causa hat auch das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. Oktober vergangenen Jahres, mit dem Beschluss Nr. 660 nachträglich annulliert wurde. Laut diesem kann es bei Kompatscher fünf Jahre nach dem Ende des Mandats als Präsident der Umlaufbahn Seis-Seiser Alm AG (bei welcher die Familie Silbernagl größter Aktionär ist) keinen Interessenskonflikt geben.
Die Vorhaltung eines Amtsmissbrauchs durch den LH, von der Quästur noch erhoben, hält die Staatsanwaltschaft für unbegründet. Weil er zunächst zu diesem Tatbestand nicht unter Ermittlung gestellt worden sei und dieser, wennschon, vom Tatbestand der Wettbewerbsverzerrung absorbiert wurde.
Auch die SAD beharrt in ihrem Einspruch nicht auf Amtsmissbrauch, laut Gatterer wegen der jüngsten Gesetzesänderung, mit welcher der Tatbestand nicht (mehr) nachzuweisen sei.
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Kommentare (3)
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leser
Tja
Das sind halt eines der altlasten unseres altlandeshauptmannes
Mathà und co waren ja schon damals seine soldaten
Due wenigsten können sich nich an due grausamen taten am ESM erinnern und was dem steuerzahker das gekostet hat