Teurer Widerspruch
Die Südtiroler Sparkasse muss laut einem Urteil des Landesgerichts einer Rentnerin, der sie 2008 eigene Aktien im Wert von 70.000 Euro verkauft hatte, 48.000 Euro Schadenersatz zahlen.
von Thomas Vikoler
Die Aktien-Ausgabe der Südtiroler Sparkasse in den späten 2010er Jahren war ein Flop. Insbesondere für die zahlreichen Kunden, welche sie auf Anraten der Bankberater gekauft hatten. Die Sparkasse-Aktien verloren im Laufe der Zeit 70 Prozent ihres Werts.
Eine Bozner Rentnerin wollte den Wertverlust nicht tatenlos hinnehmen und wandte sich 2017 an den römischen Anwalt und Rechtsprofessor Massimo Cerniglia.
Der brachte für die Frau beim Bozner Zivilgericht eine Klage wegen falscher bzw. nicht korrekter Beratung seitens der Bank beim Aktienkauf ein. Mit Erfolg.
An Heiligabend stellte die zuständige Richterin Silvia Rosà dem Anwalt ein Urteil zu, das für viele andere Sparkasse-Aktienkäufer von erheblichem Interesse sein dürfte. Die Bank wurde erstinstanzlich dazu verurteilt, der Rentnerin den erlittenen Wertverlust plus Zinsen und Anwaltsspesen zu ersetzen.
Die Frau hatte die Sparkasse-Aktien im fernen Jahr 2008 erworben. Sie investierte rund 70.000 Euro in die Bank ihres Vertrauens. Der Aktienkurs sank und sank im Laufe der Jahre. Richterin Rosà kommt in ihrer 30-seitigen Urteilsbegründung zum Schluss, dass sich die Bank bei der Beratung der Aktienkäuferin in einen Widerspruch verwickelt hatte. Der Verkauf der eigenen Aktien an sie wurde in den Unterlagen als „angemessen“ eingestuft: Weil die Kundin für die entsprechende finanzielle Ausstattung für die Operation von „mittlerem“ Risiko verfügte und außerdem ausreichend über das Produkt (die Aktie) Bescheid wusste.
Was offenbar nicht stimmte. Denn an anderer Stelle in den Unterlagen wurde der Aktiendeal als „unangemessen“ eingestuft, weil die Frau nicht über ausreichend Erfahrung im Finanzsektor verfügte.
„Entweder gilt das eine oder das andere: Oder ist die Investition angemessen oder unangemessen, beides zugleich kann ein Finanzprodukt nicht sein“, bemerkt Anwalt Cerniglia süffisant.
Der Widerspruch kostet die Südtiroler Sparkasse (die natürlich Berufung gegen das Urteil einlegen kann) 48.000 Euro an Schadensersatz für die Aktienkäuferin plus Zinsen, dazu 10.000 Euro an Verteidigungsspesen.
Anwalt spricht von „mangelnder Professionalität der Bank bei dieser Operation“.
Das Urteil ist auch deshalb bemerkenswert, weil Richterin Rosà den Einwand der Verjährung der Bank nicht gelten ließ. Die zehnjährige Verjährungsfrist für die 2008 gekauften Aktien beginnt nicht in jenem Jahr, sondern 2014, als die Bank die Risikobewertung der eigenen Aktien von „mittel“ auf „hoch“ festlegte. Damit sei die Kundin auf die Schwere des Werteverlustes der Sparkasse-Aktien aufmerksam gemacht worden.
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