Die Gehsteig-Posse
Eine 16 Quadratmeter kleine Straßenböschung gerät in Olang zum Politikum: Seit acht Jahren sollte an der betreffenden Stelle in Niederolang ein Gehsteig gebaut werden. Aber das Grundstück gehört zumindest teilweise einer Gemeindereferentin. Und die legt sich quer. Jetzt haut der Gemeindesekretär auf den Tisch.
von Silke Hinterwaldner
Artur Aichner arbeitet schon lange als Gemeindesekretär, dabei erlebt man so einiges. „Aber so etwas“, sagt er rundheraus, „ist mir bisher noch nicht untergekommen.“ Immerhin, in 38 Jahren Berufserfahrung hat er noch nie gesehen, dass wegen einer Kleinigkeit solche Anstrengungen unternommen werden.
Es ist wirklich keine große Sache, aber die Begebenheit zeigt auf, wie öffentliche Verwaltung auf Gemeindeebene nicht funktionieren sollte. Denn, so ist der Gemeindesekretär überzeugt, ginge es nicht um das Grundstück einer Gemeindereferentin, hätte man kurzen Prozess gemacht.
Aber der Reihe nach: Bereits 2012 war ein erster Versuch unternommen worden, da war noch Reinhard Bachmann Bürgermeister in Olang. Man wollte damals einen Grundstückstausch vornehmen, es stellte sich aber bald heraus, dass dies nicht möglich ist. Das Bestreben der Gemeindeverwaltung war klar: An einem kleinen Teilstück in Niederolang braucht es einen Gehsteig, auch um eine Kurve entschärfen zu können und die Verkehrssituation für Fußgänger sicherer zu machen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Aber betroffen ist auch ein 16 Quadratmeter großes Grundstück, ein kleiner Flecken recht nutzlose Böschung am Straßenrand, das ist Besitz der Familie Jud ist. Genauer gesagt: Das Grundstück gehört Gemeindereferentin Barbara Jud gemeinsam mit ihrem Bruder als gesetzliche Erben.
Gemeindesekretär Aichner sagt: „Wir kommen seit Jahren nicht weiter. Im Ausschuss ist der Punkt immer wieder aus fadenscheinigen Gründen vertagt oder abgelehnt worden.“
Der Teilungsplan und die Schätzung verfallen im März. Das Bauamt hat den Beschluss bereits vorbereitet, die Gemeinde könnte auch ohne das Einvernehmen der Besitzer eine Enteignung vornehmen, aber dafür fehlt der politische Wille.
„Das wird dauernd verhindert“, sagt Aichner, „dabei wäre eine solche Maßnahme durchaus im öffentlichen Interesse. Aber man sucht ständig nach Gelegenheiten, um nichts tun zu müssen.“ Immer wieder wird Gemeindesekretär Aichner darauf angesprochen, wann endlich der Gehsteig errichtet werde und warum in dieser Sache nichts unternommen werde. In wenigen Monaten geht Artur Aichner in den Ruhestand, vorher möchte er das aber noch geklärt wissen.
Dabei geht es auch gar nicht um das große Geld. Die beeidigte Schätzung ergibt eine Summe von wenigen hundert Euro. Mehr kann die Gemeinde nicht zahlen. Aber sie könnte hart durchgreifen, was Verwaltungen in ähnlichen Fällen auch oft tun. Aber in diesem Fall scheint der Bürgermeister Milde walten zu lassen.
Auf Anfrage der TAGESZEITUNG zögert Georg Reden aber nicht.
Er sagt: „Der Gehsteig wird in naher Zukunft realisiert werden, in absehbarer Zeit werden die notwendigen Vorkehrungen getroffen.“ Immerhin: Der Gehsteig sei wichtig für das Dorf. „Einvernehmlich oder nicht“, erklärt der Bürgermeister, „es wird schon irgendwie gehen.“
Christian Töchterle hat sich jahrelang selbst um eine Lösung bemüht. Er war bis vor kurzem zuständiger Gemeindereferent, hat sich in dieser Causa aber die Zähne ausgebissen. Sechs Mal, sagt er, habe der Punkt im Frühjahr auf der Tagesordnung der Ausschusssitzung gestanden, sechs Mal sei er durchgesaust. „Eine verkorkste Situation“, erklärt Töchterle. Aber so schnell gibt er nicht auf. Um eine Klärung der Lage zu erzwingen, hat er einen Beschlussantrag vorbereitet, der bei der Sitzung Ende Dezember behandelt werden soll.
Darin heißt es: „Unsere Gemeindeverwaltung wurde bereits mehrmals mit dem Thema Enteignung einer kleinen Wiesenböschungsfläche in der Rienzstraße in Niederolang befasst und zwar in einer informellen Gemeinderatssitzung im Jahre 2019. Die einhellige Meinung damals war, dass dieses kleine Grundstück zum Wohle und zur Sicherheit der in dieser Straße lebenden Bürger zu enteignen sei. Der Bürgermeister wurde mit der Durchführung der Enteignung betraut.“
Da bisher trotzdem nichts weiter passiert sei, solle sich nun der neue Gemeinderat mit dem Thema befassen. Mit dem von ihm vorgelegten Beschlussantrag soll der Bürgermeister beauftragt werden, innerhalb von zehn Tagen die Angelegenheit im Gemeindeausschuss zur Abstimmung zu bringen. So könnte alles noch termingerecht innerhalb März abgewickelt werden. Denn dann verfallen Teilungsplan und Schätzung.
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Kommentare (8)
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brutus
Das übliche Geplänkel, wenn’s um Eigeninteressen geht!
tiroler
Wie halt meistens, muss leider zuerst ein Unfall passieren, bevor die Verantwortlichen ihr Hirn einschalten.
schwarzesschaf
Wär es ein normalsterblicher wäre eS schon längst enteignet
andreas
Diese SVPverfilzten Gemeinden gehören endlich aufgelöst und zu 10-15 Großgemeinden zusammengeschlossen.
Da ist doch jeder mit jedem irgendwie verbandelt, verwandt oder weiß etwas vom anderen, damit die banalsten Angelegenheiten zu einem Politikum werden.
Durchziehen müsste es ein Landeshauptmann, welcher nicht mehr antritt, denn jeden der eine Großgemeinde fordert, würden die Vertreter der kleineren Gemeinden am liebsten auf dem Kirchturm aufhängen, da sie um ihre gutdotierten Posten bangen, so passiert im Etschtal, als einer sich mal traute das Thema anzusprechen.
bettina75
Jo enteignen ha, wie tuats denn do in Oaling ?