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Ich will wieder Kino 

Michael Schmied & Lisa Heuschober bei der THW-Eröffnung im leeren Kinosaal (Foto: Lorenz Zenleser)

Andere wollen Ski fahren ich will Kino. Warum online-Kino anders ist. Am Beispiel eines Festivalbesuchs beim THW in Wien. 

von Renate Mumelter

Anfang Dezember war ich zehn Tage lang als Akkreditierte beim Wiener Filmfestival „This Human World“. Zum ersten Mal lief das THW online. Gegründet worden war es 2008 anlässlich des 60. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Im Live-Modus hatte ich das Festival schon erlebt. 

Online war alles anders

Online hatte Nachteile und ein paar Vorteile. Der größte Nachteil war, dass das Zusammentreffen mit Menschen wegfiel, auch das gemütliche Bier in der Kinobar. Der Wien-Aufenthalt fiel weg, das Wechseln von einem Kino ins andere, die Spaziergänge zwischendurch, der Kinogeruch fehlte. 

Ein großer Vorteil war die Planbarkeit. Ich musste nicht um 18h da sein und um 20h dort. Jeder ausgewählte Film stand 48 Stunden lang zur Verfügung. Es wäre bei guter Kondition möglich gewesen, einen Großteil der Filme anzuschauen. Das geht bei einem analogen Festivalbesuch nicht. Online sind auch 10 Festivaltage kein Problem, da brauche ich nur meinen PC und ein gutes Internet, keinen Urlaub und kein Hotel. Die online-Gespräche zu den Filmen waren kompakt, weil die Publikumsfragen fehlten. Eigentlich ganz angenehm.  

Online-Zerstreutheit

Der größte Nachteil beim Filme Schauen war meine Unaufmerksamkeit. Ich konnte bei Bedarf jeden Film vor- und zurückspulen, für Telefonate oder Klogänge unterbrechen undundund. Auch bei guter Abschottung und guten Filmen war es mir nicht möglich, mich auf die Filme so einzulassen wie im Kino. Ein Kinosaal ist etwas Anderes.

Sinnlicher Kinosaal 

Wie sinnlich Kino ist, konnte ich vor wenigen Tagen ausprobieren. Da hatte ich das Glück, endlich wieder einmal vor einer Leinwand zu sitzen. Aus Arbeitsgründen wohlgemerkt. Einen der gezeigten Filme hatte ich bereits online gescreent. Im Kino mit Dunkelheit und Stille tauchte ich wesentlich stärker in den Film ein, die Menschen kamen mir viel näher, ihre Geschichten auch, und ich sah Dinge, die ich am PC übersehen hatte. Kino im Saal ist ein Fest für die Sinne. Deshalb will ich wieder Kino. Denn Kino ist Kultur und weit weniger virusanfällig als die Gasthauskultur.

Aus Sicht des Festivalteams

Das THW-Team berichtet: Wir sind extrem zufrieden mit der Reichweite, die das Festival dieses Jahr erzielt hat. Wir konnten täglich durchschnittlich 300 individuelle Besucher_innen auf der online Plattform verzeichnen (statistic Austria rechnet das mal 2, um Publikumszahlen zu berechnen). Ansonsten waren wir extrem eingespannt. Im Arbeitsprozess war sehr vieles neu. Die Anstrengung hat sich also nicht verringert, sondern eher verschoben. Der Großteil des Inhalts musste schon vor dem Festivalstart fertig produziert sein. Die Kommunikation mit Filmverleihen und Produktionsfirmen war komplizierter, auch diese mussten erst Regularien für die neue Festivalsituationen aufstellen, schreibt Lisa Heuschober von der Festivalleitung. 

Ersatzweise: Online-Tipps 

www.artekinofestival.com ist nach wie vor empfehlenswert: 10 europäische Filme bis 31. Dezember

https://mubi.com/it ist eine sehr vielfältige Streaming-Plattform, die auch Geschenkabos anbietet

www.openddb.it ist eine Streaming-Plattform, die Filme gegen einen freiwilligen Beitrag anbietet

 

 

 

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