„Gewinner“ der Krise

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Die Privatvermieter haben im Sommer kaum Gäste verloren – im Gegensatz zu Hotels und Campingplätzen. Hält der Trend an?
von Heinrich Schwarz
Die Corona-Krise setzt dem Südtiroler Tourismus stark zu. Nach dem Lockdown im Frühjahr konnte der Sektor nur vier Monate arbeiten, ehe Ende Oktober wieder die Reisewarnungen kamen und nachfolgend die Betriebe geschlossen wurden. Und die Wintersaison kann erst am 7. Januar losgehen, sofern es die Infektionszahlen im In- und Ausland überhaupt zulassen.
Die Daten des Sommers zeigen, dass es innerhalb der Beherbergungsbetriebs-Kategorien unterschiedliche Entwicklungen gab. So ist etwa das eingetreten, was Experten im Frühjahr vorhergesagt hatten: Privatquartiere werden von Gästen verstärkt nachgefragt, weil man dort den Kontakt zu anderen Menschen am besten einschränken kann – im Gegensatz zu Hotels.
Die Privatvermieter waren effektiv Profiteure der Corona-Krise – allerdings nur in der Zeit, in der Tourismus möglich war. Während der beiden Lockdowns konnten natürlich auch sie keine Gäste beherbergen, sodass 2020 unterm Strich kein gutes Jahr war. Nur konnten die Privatvermieter eben im Sommer den Schaden mehr als in Grenzen halten.
Eine Auswertung der offiziellen ASTAT-Daten zeigt, dass die Privatquartiere zwischen Juli und Oktober einen Rückgang der Nächtigungen um nur 3,0 Prozent gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres verzeichneten. Ohne die Reisewarnungen Ende Oktober wäre das Minus noch geringer gewesen.
Im August gab es für die Südtiroler Privatvermieter sogar einen neuen Rekord: Die Nächtigungen stiegen um 7,5 Prozent von 491.000 auf 528.000.
Zum Vergleich: Die gastgewerblichen Betriebe (jene mit 1 bis 5 Sternen, ausgenommen Residences) mussten zwischen Juli und Oktober ein Nächtigungs-Minus von 19,1 Prozent hinnehmen. Auch im allgemein starken August, als Südtirol voll von italienischen Gästen war, steht ein Minus von vier Prozent.
„Wobei die 4- und 5-Sterne-Hotels einen weniger starken Rückgang als andere hatten. Denn in den hochpreisigen Hotels haben die Gäste viel mehr Platz“, merkt Georg Lun, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstitutes der Handelskammer Bozen, an.
Wesentlich besser als bei den Hotels generell lief es für die Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Betriebe: Sie verzeichneten zwischen Juli und Oktober einen Rückgang der Nächtigungen um 9,9 Prozent. Auch sie konnten vom geringen Kontakt zu anderen Menschen profitieren.
Dass die UaB-Betriebe aber nicht mit den Privatquartieren mithalten konnten, erklärt sich vor allem durch die Herkunftsländer der Touristen: UaB-Betriebe sind stark von deutschen Gästen abhängig, die im vergangenen Sommer nur in vergleichsweise geringer Zahl nach Südtirol kamen. Privatquartiere hingegen wurden schon in den letzten Jahren stärker von italienischen als von deutschen Gästen frequentiert. Und so viele Italiener wie im abgelaufenen Sommer waren noch nie in Südtirol.
Ähnlich enttäuschend wie für viele Hotels verlief die Sommersaison für die Campingplätze: Im Zeitraum von Juli bis Oktober steht ein Nächtigungs-Minus von 21 Prozent. Auch die Campingplätz litten unter dem Ausbleiben der deutschen Gäste, von denen sie stark abhängig sind. An italienischen Gästen konnten die Campingplätze indes sogar stark zulegen. Nur machen Italiener für sie mengenmäßig nicht viel aus.
Wird der Trend zu Privatquartieren und Urlaub auf dem Bauernhof auf die Corona-Krise beschränkt bleiben oder längerfristig anhalten?
WIFO-Direktor Georg Lun meint: „Die aktuelle Verlagerung der Nachfrage ist der Corona-Krise geschuldet. Wenn sich die Situation wieder normalisiert, werden die Touristen auch gerne wieder ins Hotel gehen, wo sie volle Versorgung und Service erhalten.“
Es gebe aber durchaus auch einen langfristigen Trend, so Lun: „Die touristische Nachfrage wird immer heterogener, das Angebot vielfältiger.“ Der Wirtschaftsforscher nennt etwa hochpreisigen Wellness-Urlaub, Campingplätze in allen Preisklassen, verschiedene Angebote am Berg und spezielle Angebote für Familien mit Kindern. Jeder Gast habe andere Vorlieben.
Georg Lun geht davon aus, dass sich die Urlaubsnachfrage in Zukunft noch weiter differenzieren wird.
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