Im Rentier-Galopp
Weihnachten ist in Italien auch Kinozeit. Der Weihnachtsmann kommt, heile Welt wird gefeiert, ganze Familien gehen ins Kino – normalerweise.
von Renate Mumelter
Auch in Südtirol hoppelt Rentier Rudolph, dessen „Tradition“ auf das Jahr 1939 zurückgeht. Ein Malbuch/Kinderlied haben sie ausgelöst. Auch Bambi geht auf ein Kinderbuch zurück, hat aber nichts mit einem Rentier zu tun. Aber das ist eine andere Geschichte.
Weihnachtsmann, Elfe, Albe
Den Weihnachtsmann gibt es hierzulande traditionell nicht. Er ist mit der Coca-Cola-Werbung eingezogen und hat die Rentiere aus dem hohen Norden gleich mitgebracht. Migranten.
Umsorgt wird der Weihnachtsmann von Wichteln, die Elfe heißen oder Alben. In der Welt der Elfe gibt es Lichtalben und Schwarzalben. Daraus leitet sich Begriff Albtraum genauso ab wie der Albenschuss (Hexenschuss) und der Albdruck (Atemnot). Letzterer wird von einem bösen Alb verursacht, der sich auf die Brust einer schlafenden Person setzt. In der skandinavischen „Snorra Edda“ (1220) sind die Alben vor allem an Fruchtbarkeit geknüpft.
Das Christkind könnte ein Lichtalb sein, vor allem aber ist es unsichtbar wie die Engel. Ob diese nun vom Himmel kommen wie die Bibel behauptet oder aus der „Snorra Edda“, ist eine ungeklärte Frage. Die Story von der Krippe ist jedenfalls etwas anderes. Da kommt das Christentum ins Spiel.
Klar ist, dass wir Menschen Angst vor der Finsternis hatten. Wir fürchten uns immer noch, obwohl es hell ist. Deshalb wollen ein paar von uns Blinkblink und Klingeling. Aber zurück ins Kino.
10 Giorni con Babbo Natale
Die italienischen Cinepanettoni sind heuer ins Netz gewandert und versuchen dort ihr Geschäft zu machen. In Italien ist Weihnachten nämlich auch Kinozeit. Da wird die ganze Familie bedient, irgendwie.
Heuer ist auch „10 Giorni con Babbo Natale“ von Alessandro Genovesi auf dem Markt. Der Film wurde teilweise in Südtirol gedreht (Pragser Wildsee u.a.) und von der IDM mitfinanziert. Zu sehen auf Amazon Prime.
Im Mittelpunkt steht ein Weihnachtsmann (Diego Abatantuono). Es gibt Schnee, Sterne und eine Familie mit Vater, Mutter, Tochter, Sohn, Nesthäkchen. Für jede/n ist eine Identifikationsfigur dabei. Subtil mitgeliefert wird ein Gesellschaftsmodell, das längst überholt sein sollte. Der Weihnachtsmann aber lässt es wieder auferstehen, und damit sind alle glücklich.
Weihnachtlicher Backlash
In der Familie Rovelli arbeitet die Mutter, der Vater ist arbeitslos und macht den Haushalt (mit Schürze). Das kann nicht lange gut gehen. Bei der Mutter läuft es gut. Sie ist zu einem wichtigen Vorstellungsgespräch nach Stockholm bestellt, muss am 24. dort sein. Nach einigem Hin und Her bricht die ganze Familie mit ihrem alten Camper Richtung Stockholm auf. Recht bald steht der Weihnachtsmann im Weg, wird umgestoßen, wird versorgt, fährt mit nach Stockholm. Auf der langen Fahrt kommen sich die Eltern näher, die Kinder werden erträglicher. Zum krönenden Abschluss verzichtet die Mutter auf ihre Karriere und kehrt dorthin zurück, wo sie „hingehört“, an den heimatlichen Herd samt Staubsauger. So will es der Weihnachtsmann, so will es der Sohn, alle sind glücklich, erzählt der Weihnachtsfilm aus Italien.
Ans Christkind
Ich hingegen habe dem Christkind geschrieben, es möge bewirken, dass das Kino – jenes mit der Leinwand, das etwas zu erzählen hat – weiterleben kann.
Außerdem habe ich dem Christkind geschrieben, es möge mit jenem devoten Kommerz abfahren, der vor nichts Halt macht und es möge ein Päckchen Geschmack, einen Tiegel Respekt und eine Tüte voll Menschenwürde vorbeibringen.
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