Rückläufige Umsätze
Das Geschäftsklima im verarbeitenden Gewerbe bleibt sehr verhalten und ist in etwa auf demselben niedrigen Niveau, wie im vergangenen Jahrzehnt während der Eurokrise.
Dies geht aus dem Wirtschaftsbarometer des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hervor.
Der Umsatz, die Exporte und die Investitionen sind im Vergleich zum Vorjahr rückläufig, während die Lohnausgleichskasse stark in Anspruch genommen wird. Für 2021 wird eine teilweise Erholung erwartet.
Die Herbstausgabe des Wirtschaftsbarometers bestätigt die Schwierigkeiten des verarbeitenden Gewerbes: Fast drei von zehn Unternehmen melden eine schlechte Ertragslage im Jahr 2020. Ein derart schlechtes Geschäftsklima war erst auf dem Höhepunkt der Eurokrise in den Jahren 2012-13 zu beobachten.
Besonders schwierig erscheint die Situation in der Textil- und Bekleidungsbranche sowie in der Lebensmittelproduktion.
Trotz der leichten Verbesserung der Marktlage im Sommer berichten rund drei Viertel der Südtiroler Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe von geringeren Umsätzen als im Vorjahr, vor allem auf dem italienischen und dem Südtiroler Markt.
Auch die Exporte wurden durch die Epidemie stark beeinträchtigt, insbesondere in den Bereichen Automotive, Elektronik und Maschinenbau.
In der ersten Jahreshälfte 2020 betrug der Gesamtwert der Südtiroler Exporte rund 2,2 Milliarden Euro, das sind 8,4 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die schwächelnde Nachfrage spiegelt sich auch in der gesunkenen Kapazitätsauslastung der Betriebe wider, die derzeit bei weniger als 80 Prozent liegt, sowie im deutlichen Rückgang der Investitionen, die bei zwei Dritteln der Unternehmen rückläufig sind.
In den ersten drei Quartalen des Jahres blieb die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe in etwa auf dem Niveau von 2019 (-0,3 Prozent), aber dies ist auf das Entlassungsverbot und vor allem auf die starke Verwendung der Lohnausgleichskasse zurückzuführen: Zwischen Januar und September 2020 wurden in der Südtiroler Industrie über 10,4 Millionen Stunden Lohnausgleich genehmigt, gegenüber rund 500.000 im Vorjahreszeitraum. Außerdem erwarten die Unternehmen auch für 2021 keine Beschäftigungszunahme.
Für das Jahr 2021 gehen die Unternehmer/innen des verarbeitenden Gewerbes von einer Erholung des Umsatzes und in geringerem Ausmaß auch der Investitionen aus. Diese Besserung wird jedoch nur teilweise sein und 16 Prozent der Unternehmen rechnen weiterhin mit einer unzureichenden Rentabilität. Besonders bescheiden sind die Prognosen in der Metallverarbeitung, bei den Druckereien sowie in der Textil- und Bekleidungsbranche.
Nachfolgend die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände:
Claudio Corrarati, Präsident CNA-SHV
„Der Aufschwung wird, wenn überhaupt, nur langsam erfolgen und dafür brauchen unsere Unternehmen neue Rahmenbedingungen: bürokratische Vereinfachung, erleichterten Zugang zu Krediten und Anreize für die Digitalisierung. Wir müssen schnell und effizient sein, sonst wird der Neuanfang schwer. Im Mittelpunkt soll die berufliche Weiterbildung der Mitarbeiter stehen, denn diese sind das echte Kapital der Unternehmen.“
Federico Giudiceandrea, Präsident Unternehmerverband Südtirol
„Neben der gemeinsamen Verpflichtung, den Gesundheitsnotstand zu überwinden, müssen wir uns auch für die Zukunft vorbereiten und in strategische Bereiche investieren, damit unsere Unternehmen und unser Land international wettbewerbsfähig bleiben. Aus- und Weiterbildung, Innovation, Digitalisierung, Infrastrukturen und Exportförderung sind die Prioritäten, auf die wir setzen müssen, um bestehende qualifizierte Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen.“
Martin Haller, lvh-Präsident
„Derzeit ist es sehr schwierig, Erwartungen oder Prognosen auszusprechen. Fakt ist, dass es bereits durch die Corona-Krise im Frühjahr zu Liquiditätsschwierigkeiten vieler Unternehmen gekommen ist und dies die Investitionsbereitschaft eingebremst hat. Jetzt braucht es langfristige und nachhaltige Strategien, damit die lokale Wirtschaft wieder Aufschwung gewinnen kann.“
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