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„Wie Russisches Roulette“

Alessandro Urzì

Fieber, kein Geschmackssinn, schlaflose Nächte – und die ständige Ungewissheit: Der Landtagsabgeordnete Alessandro Urzì erzählt über seine Corona-Erkrankung.

Von Matthias Kofler

Alessandro Urzì vergleicht die Corona-Krankheit mit dem Russischen Roulette: „Es lohnt sich nicht, damit zu spielen.“

Der Landtagsabgeordnete von Fratelli d’Italia hat am Montag – nach knapp einem Monat – die häusliche Isolation beendet. Er hatte sich nach einem Infektionsverdacht zunächst in Selbstisolation begeben, Mitte Oktober waren er und seine Frau dann positiv auf das Virus getestet worden.

Im Gespräch mit der TAGESZEITUNG schildert Urzì seine Erfahrungen mit der Krankheit: „Wir waren beide symptomatisch – bei meiner Frau waren die Symptome viel schlimmer als bei mir.“ Zwar hatten sie keine Atembeschwerden oder Lungenschmerzen. Andere Symptome seien aber immer wieder blitzartig aufgetreten. „Meine Frau hatte so starke Schmerzen am ganzen Körper, dass sie nicht schlafen konnte. Bei mir waren es vermehrt Verdauungsprobleme. Es plagte mich eine schreckliche Müdigkeit, die man sich nicht vorstellen kann. Wenn du aufstehst, um dir einen Tee zu machen oder etwas zu kochen, musst du dich anschließend stundenlang im Bett ausruhen“, erzählt er.

Neben Müdigkeit und Lethargie („man will immer nur schlafen“) traten bei Urzì und seiner Frau auch Fieber (kein hohes), Husten und der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns auf. „Ob Nudeln oder Speck – alles schmeckte gleich“, erinnert sich der Politiker.

Für Urzì dauerte die akuteste Phase eine Woche, für seine Frau knappe drei Wochen. „Wir waren zusammen und so konnte ich ihr helfen“, erzählt der Bozner. Die mit der Infektion verbundenen psychologischen Probleme – die ständige Unsicherheit –waren für Urzì rückblickend das Schlimmste. „Von Anfang an sagen sie dir, dass du nichts tun kannst und abwarten musst. Und wenn du anrufst, weil das Fieber anhält, wirst du aufgefordert zu warten. Sie sagen höchstens, du sollst Tachipirina nehmen.“ Der Abgeordnete empfiehlt, sich ein Pulsoximeter zu besorgen. Dieses kostet etwa 30 Euro und dient dazu, den Sauerstoff im Blut zu überprüfen. „Es gibt dir Sicherheit, wenn du nachts das Gefühl bekommst, nicht gut zu atmen oder unter Husten leidest.“

Urzì richtet einen Appell an die Südtiroler: „Ich konnte nicht an der Beerdigung einer sehr lieben Person teilnehmen. Weil ich immer noch isoliert war. Die verweigerte Freiheit ist das größte unserer Opfer. Es kann jedem von uns passieren, im Krankenhaus zu landen, nach Sauerstoff zu hungern, stundenlang auf die Behandlung zu warten. Man muss nicht unbedingt den Tod erwähnen. Auch die Krankheit in all ihren Ausprägungen kann ein Drama sein. Wenn du zu Hause wartest und nicht weißt, ob du gleich den Krankenwagen rufen musst. Ich wünsche das niemandem. Wir müssen gemeinsam dazu beitragen, diese Krise zu überwinden. Dann können wir auch die wirtschaftlichen Aktivitäten wieder aufnehmen. In absoluter Sicherheit.“

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