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„Maßnahmen zeigen Wirkung“

Neue Intensivstation Bozen

Die Zahl der Intensivpatienten ist in den letzten Tagen kaum gestiegen beziehungsweise sogar gesunken. Ist die Situation auf den Intensivstationen also wieder im Griff?

Herr Kaufmann, seit rund einer Woche steigt die Zahl der Intensivpatienten nicht mehr an. Warum?

Marc Kaufmann: Die Zahl der Intensivpatienten steigt immer dann an, wenn es mehr Zugänge als Entlassungen gibt. Wenn sich die Geschwindigkeit von Zugängen und Entlassungen angleicht, dann bleiben die Zahlen konstant. Das ist uns vermutlich durch rigorose Maßnahmen beziehungsweise durch die Eigenverantwortung der Bürger gelungen. Die Südtiroler Bevölkerung hat einmal mehr gezeigt, dass sie dazu fähig ist, die vorgegebenen Maßnahmen akkurat umzusetzen, wenn es wirklich brennt. Das hat zu einer Reduktion der Zugänge in den Krankenhäusern geführt. Im Laufe der Pandemie ist es uns aber auch gelungen, klinisch-strategisches Know-How zu gewinnen. Das heißt, einige medizinische Maßnahmen können früher beziehungsweise effizienter eingesetzt werden. Was man ebenso nicht vergessen darf, ist, dass wir mit 40 Covid-Intensivpatienten eigentlich deutlich über der ursprünglichen Intensivbettenzahl in Südtirol liegen. Vor Covid gab es 35 Intensivbetten insgesamt in allen sieben Krankenhäusern. Derzeit versorgen wir zwischen 40 und 45 Covid-Intensivpatienten und haben daneben auch noch Intensivbetten, für Nicht-Covid-Patienten bereit.

Kann man von einer Entlastung sprechen, wenn es keine Zugänge mehr gibt?

Dass es keine Zugänge gibt, stimmt nicht. Wir haben zwar immer gleich viele Patienten, aber auch einen großen Turnover auf den Covid-Intensivstationen. Also das heißt, viele Patienten werden entlassen, aber es werden auch Patienten wieder auf den Intensivstationen aufgenommen. Noch vor einer Woche kamen bis zu fünf Intensivpatienten innerhalb von 24 Stunden dazu, mittlerweile sind es nur mehr ein bis zwei. Wenn die Belastung auf diesem Level bleibt, bin ich der Ansicht, dass wir auch die zweite Welle intensivmedizinisch gut handeln können. Das ist aber nur der Fall, solange es nicht nochmal zu einem erneuten Anstieg der Infektionen kommt.

In den letzten Tagen sind deutlich mehr Patienten mit oder an Covid gestorben. Hängt die Beständigkeit der Zahl der Intensivpatienten auch damit zusammen?

Es stimmt, in den letzten Tagen sind Patienten vor allem auf den Normalstationen, aber zu einem kleinen Teil auch auf den Intensivstationen an Covid gestorben. Das heißt, nicht alle Verstorbenen waren auch Intensivpatienten. Bezüglich der Todesrate auf Covid-Intensivstationen können wir noch nicht die aktuellen Zahlen bewerten, das ist zu früh. Wir müssen dafür erst die Datenbank-Einträge auswerten. Wir haben das bereits in der ersten Welle gemacht und gehen aber davon aus, dass die Sterblichkeitsrate etwa gleich hoch ist, wie bei der ersten Welle. Diese lag bei etwa 25 Prozent, also jeder vierte Patient auf der Intensivstation ist an Covid verstorben. Wir haben unsere Daten mit jenen aus Nordtirol und anderen Regionen verglichen und dabei festgestellt, dass wir ähnlich gut dastehen wie Österreich, aber deutlich besser als der nationale Durchschnitt. Die Sterblichkeitsrate hängt aber auch mit den Aufnahmekriterien zusammen. Je älter und kränker ein Patient ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit an Covid zu versterben. Vom Gefühl her haben wir die intensivmedizinische Betreuung in der zweiten Welle in vielen Punkten sogar optimieren können. Das sieht man beispielsweise daran, dass ein beträchtlicher Teil der Patienten vergleichsweise schneller durchgeschleust werden kann. Während der ersten Welle waren Patienten vielfach wochenlang auf den Intensivstationen. Aber es handelt sich hier nur um einen vorsichtigen ersten Eindruck unter Intensivmedizinern im Land.

Interview: Markus Rufin

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