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Der infizierte Angeklagte

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Ein 24-Jähriger musste wegen eines Mordversuchs vor Gericht. Doch die Verhandlung wurde vertagt – er hat sich mit dem Coronavirus infiziert.  

Von Thomas Vikoler

Es war Streit wegen einer Frau, der einen Monat zuvor in einer Bozner Diskothek seinen Ausgang genommen hatte. Es folgten Drohungen und – am 5. Juli 2019 – eine ungeahnte Eskalation der Liebes-Rivalität: Am Bahnhof Kaiserau wurde ein 17-Jähriger brutal niedergestochen.

Der Täter versetzte dem Jugendlichen nicht weniger als zwölf Messerstiche. Zwei davon trafen ihn in der Herzgegend, sie hätten laut einem Gerichtsgutachten tödlich enden können.

Das Opfer wurde im Bozner Spital notoperiert und erfreut sich inzwischen wieder bester Gesundheit.

Der von der Polizei umgehend ausgeforschte Täter, der 24-jährige Maicol M. aus Bozen, hat inzwischen hingegen ein gesundheitliches Problem. Der hat sich im Bozner Gefängnis mit dem Coronavirus infiziert.

Dies teilte gestern sein Vertrauensanwalt Nicola Nettis der Bozner Vorverhandlungsrichterin Carla Scheidle im Gerichtssaal mit. Dort hätte die Vorverhandlung gegen MaicolM. stattfinden sollen, die Staatsanwaltschaft hat gegen ihn inzwischen Anklage wegen Mordversuchs, erschwert durch den Umstand der niedrigen Beweggründe, erhoben.

Obwohl Beschuldigte in Italien nicht zur Teilnahme an einer Vorverhandlung verpflichtet sind (und deshalb eher selten zu dieser erscheinen), bestand für Richterin Scheidle die Voraussetzung, die gestrige Verhandlung zu vertagen. Wegen der nachgewiesenen Corona-Infektion von Maicol M.

„Mein Mandant befindet sich in Isolation, innerhalb von zehn Tagen soll er noch einmal getestet werden“, sagte sein Anwalt am Rande der Verhandlung am Landesgericht.

Das verkürzte Verfahren – mit einem garantierten Drittel Strafnachlass – soll nun am 14. Dezember stattfinden.

Das Verfahren eilt, wie Giancarlo Massari, der Anwalt des Opfers, betont. Ende Dezember läuft die eineinhalbjährigeFrist für die U-Haft von Maicol M. aus. Er müsste nach diesem Termin entlassen werden. Bei einem Schuldspruch vor diesem Termin könnte Richterin Scheidle eine Verlängerung der Inhaftierung verfügen.

Maicol M. war einige Monate nach dem Mordversuch in Kaiserau in den Hausarrest überstellt worden. Wegen Verletzung der Haftauflagen musste er wieder zurück ins Gefängnis.

Laut seinem Verteidiger drohen ihm wegen des Mordversuchs – den Strafnachlass eingerechnet – bis zu zwölf Jahre Haft.

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